Nicht als reine Einkaufsinnenstadt, sondern als multifunktionalen Lebensmittelpunkt, der Sport, Kultur und Spielen verbindet, so muss man Innenstadt künftig denken, ist Jens Nußbaum vom Gutachterbüro Stadt und Handel überzeugt. Sein Büro begleitet die Modellkommune Bad Neustadt sechs Monate lang bei der Entwicklung eines kommunalen Entwicklungskonzepts im Rahmen des vom Bayerischen Wirtschaftsministerium aufgesetzten Innovationsprogramms Kreative Zentren.
Die Hälfte des Projektzeitrums ist inzwischen verstrichen. Jens Nußbaum präsentierte dem Bad Neustädter Stadtrat einen Zwischenbericht. Selbigen Bericht werde man als Modellkommune am Dienstag, 18. April, dem Ministerium in München vorstellen, informierte Bad Neustadts Bürgermeister Michael Werner.
Wünsche für die Innenstadt: Eine Karaoke-Bar, Spielgeräte, eine mobile Bühne
In der ersten Projekthälfte blickte das Büro Stadt und Handel zunächst auf den Status Quo in Bad Neustadts Zentrum, erläuterte Nußbaum das Prozedere. Zur Bestandsanalyse zählten zwei Online-Speed-Dating-Termine mit rund 20 Akteurinnen und Akteuren sowie ein Innenstadtspaziergang mit 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der Bürgerschaft.
Dabei sei der klare Wunsch geäußert worden, Akteure, Events und das entsprechende Marketing künftig stärker miteinander zu vernetzen. Auch "konsumfreie Aufenthaltsräumen" in der Innenstadt seien gefordert worden, ebenso Spielgeräte, eine Karaoke-Bar, eine mobile Veranstaltungsbühne sowie Pflanzkübel zur Verschönerung.
Wo Bad Neustadts Schwächen liegen: Leerstand und weite Streuung des Kulturangebots
Schwächen sind in den Augen des Projektbüros: Das Fehlen von expliziten Treffpunkten in der Innenstadt, die geringe Aufenthaltsqualität in der Hohnstraße durch fehlendes Grün, eine hohe Anzahl an Leerständen und die teils weite Streuung der Kulturangebote über die Innenstadt.
Gerade sei man dabei, aus den Erkenntnissen Leitgedanken und ein Zielbild für die Innenstadt zu formulieren, so Nußbaum. "Wir werden in Zukunft deutlich umsetzungsorientierter werden." Angedacht sind lang-, aber vor allem auch kurzfristige Maßnahmen, die ohne große Förderanträge angegangen werden können. Ansätze dazu sollen in einem "Atelier-Format", das auf den 24. April terminiert ist, entwickelt werden.
Im Haushalt vorgesehen: Bad Neustadt bekommt eine Kulturamts-Leitung
Die bis dato sehr gute Zusammenarbeit mit dem Projektbüro lobte Bürgermeister Werner. Auf das, was der Stadtrat am Ende konkret tun könne, freue er sich, erklärte Stadtrat Bastian Steinbach in der anschließenden Diskussion. "Im ersten Schritt ist das eine gute Sache", so sein Eindruck.
Der Wunsch nach Vernetzung kultureller Events sei Balsam für die Seele der CSU-Fraktion, die sich schon seit längerem eine Zentralisierung im Bereich Kultur wünsche, so Steinbach weiter. Eine Kulturamts-Leitung sei im Stellenplan und Haushalt vorgesehen und werde im kommenden Jahr umgesetzt, versicherte Bürgermeister Michael Werner.
Widersprüchliche Einschätzungen: So treffend ist der Ist-Zustand der Innenstadt abgebildet
Anne Zeisners Ansicht nach fehlten entscheidende Gewerbetreibende und prägende Nutzungen in der vorgestellten Bestandsanalyse. "Wir versuchen, die Innenstadt zu verstehen", antwortete Nußbaum. Die Analyse erhebe aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. "Die Verwaltung müsse da mehr zuarbeiten", sprang Steinbach Zeisner bei. Konkret fehlten beiden beispielsweise das Café Avanti und die Eisdiele als Frequenzbringer in der Übersicht, dabei seien diese marktplatzprägend.
"Dieses Programm ist nur ein Kickoff. Das ist ein Start, wir müssen dann weitermachen", antwortete Bürgermeister Werner. "Man kann einen Start mittelgut oder sehr gut machen", so die Entgegnung aus den CSU-Reihen. Sollten prägende Nutzungen fehlen, nehme er diese gerne noch auf, erklärte der Projektbüro-Verantwortliche Nußbaum. Prinzipiell müsse man aber durch das Korsett des Programms in einem bestimmten Zeit- und Kostenrahmen bleiben.
Wie Akteuere, die bislang keine sind, in Aktion bringen?
"Ich seh das Ganze als Kickoff-Veranstaltung", bekräftigte Gudrun Hellmuth (Freie Wähler). Am Ende brauche es Bürger, die sich aktiv beteiligen. Ihr lägen vor allem "konsumfreie Räume für Kinder und Familien" am Herzen. Mehr Kooperation und Aktion der Akteure wäre möglich, könnten sie sich unkompliziert untereinander austauschen, so Bettina Wagner (Grüne) und gab das als Auftrag an das Projektbüro.
"Sie haben das Potenzial der Stadt genannt", erklärte Johannes Benkert (Neuschter Liste). "Jetzt hoffen wir, dass die Ideen, die am Ende des Prozesses stehen, die Unattraktivität der Stadt in Attraktivität umwandeln." Er erhoffe sich außerdem einen Tipp, wie man Akteure, die bislang keine seien, mit an den Tisch bekomme.
Das Thema Stadtgrün beschäftigte Rita Rösch (SPD). Sie stieß an, den Klimawandel und mögliche kommende Hitzetage auf dem Marktplatz mitzudenken. Rösch gab außerdem zu bedenken, dass der Stadtrat im Haushalt letztlich die finanziellen Mittel einstellen müsse, um das ein oder andere auf den Weg zu bringen.
Alexander Barthelmes (CSU) warnte abschließend davor, sich in Details zu verlieren: "Alles aufnehmen und ganz am Schluss bewerten. Dann haben wir den meisten Gewinn."