
Es ist eine bayerische Sonderregelung, die Gas sparen und verhindern soll, dass Menschen in ihren Häusern frieren müssen: Wegen der angespannten Lage auf dem Gasmarkt dürfen Holzöfen reaktiviert werden, die in den vergangenen Jahren aus Umweltschutzgründen stillgelegt werden mussten. Doch dabei müssen einige Regeln beachtet werden, wie Schornsteinfegermeister und Energieberater Benjamin Schultheis aus Mellrichstadt im Gespräch mit dieser Redaktion erklärt.
Viele Kachel- oder Kaminöfen, die zwischen 1985 und 1994 eingebaut worden waren, mussten Ende 2020 stillgelegt werden, weil sie die strengeren Emissionsvorgaben nicht mehr erfüllt haben. "Wenn solch ein Ofen aber noch an einen Schornstein angeschlossen ist, darf er nun den Winter über wieder in Betrieb genommen werden", informiert Schultheis. Diese Sonderregelung gelte aber nur, wenn mit dem Holzofen eine Gasheizung ganz oder teilweise ersetzt wird. "Wer mit Öl, Pellets oder Flüssiggas heizt, ist davon ausgenommen. Es geht bei dieser Maßnahme ausschließlich um die Einsparung von Erdgas", so der Energieexperte.
Welche Öfen dürfen wieder in Betrieb genommen werden?
Die Sonderregelung zur befristeten Wiederinbetriebnahme von stillgelegten Öfen ist am 1. Oktober 2022 in Kraft getreten und gilt bis 31. Mai 2023. Das Landratsamt Rhön-Grabfeld hat dazu eine Allgemeinverfügung erlassen. Wer diese in Anspruch nehmen will, muss sich mit der Behörde abstimmen, die dann auch Bezirksschornsteinfegermeister Benjamin Schultheis informiert. Bei einer Feuerstättenschau überprüft er zunächst, ob der Ofen technisch in Ordnung ist, bevor er angefeuert werden darf.

Wer noch einen alten Ofen im Haus stehen hat, der aber nicht mehr an den Schornstein angeschlossen ist, kann diesen nicht wieder reaktivieren. "Das würde als Neuanschluss zählen, und dann muss der Ofen die entsprechenden Abgaswerte einhalten, um betrieben werden zu dürfen", erklärt Schultheis.
Woran übt der Energieberater Kritik?
Der Tatsache, dass die Sonderregelung ausschließlich für Heizungen mit Erdgas gilt, steht er skeptisch gegenüber. "Vom finanziellen Aspekt betrachtet, sollte die Ausnahme für alle Heizformen gelten, denn mit Beginn des Kriegs in der Ukraine sind auch die Einkaufspreise für Öl und Pellets explodiert", sagt der Fachmann.
Und hält weiter mit Kritik nicht zurück: "Der Staat setzt nicht auf die Entlastung der Bürger, sondern zielt ausschließlich auf die Einsparung von Erdgas ab." Dasselbe gelte für die Gaspreisbremse. Auch hier würde sich Schultheis eine breiter angelegte Maßnahme wünschen, die allen Bürgern, egal, welche Heizanlage sie betreiben, zugute kommt.
Welche neue Pflichtaufgabe wartet auf Hausbesitzer mit Erdgasheizung?
Für Hausbesitzer mit Erdgasheizungen eröffnet sich durch die Sonderregelung zwar die Möglichkeit, wieder mit Holz zu heizen, jedoch kommt auch eine neue Pflichtaufgabe auf sie zu, wie der Energieberater anführt. Nämlich ein Heizungscheck, der Gebäudeeigentümer in den nächsten beiden Jahren verpflichtet, Maßnahmen zur Verbesserung erdgasbetriebener Heizungsanlagen zu treffen. Die sogenannte Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV) gilt seit 1. Oktober 2022 und wird Ende September 2024 wieder außer Kraft gesetzt.

"Wer mit Erdgas heizt, muss innerhalb von zwei Jahren diesen Heizungscheck machen lassen", informiert Benjamin Schultheis. Dabei werde etwa geprüft, wie die Heizung eingestellt ist und ob sie vielleicht zu stark aufheizt, ob die Rohrleitung gedämmt ist und die Pumpen energieeffizient laufen. Bei einem hydraulischen Abgleich kann ermittelt werden, wie schnell das Wasser durch die Heizkörper läuft, und auch das Zeitsteuerungsprogramm wird unter die Lupe genommen. "Dann wird der Kunde beraten, wie er die Heizung am effizientesten einstellen kann", so der Energieexperte. Der Zweck hinter der Verordnung: Auch damit solle eine Gaseinsparung erreicht werden.
Wer kommt um den neuen Heizungscheck herum?
Vornehmen dürfen diesen Heizungscheck Schornsteinfeger, Heizungsbauer, Kachel- und Lüftungsbauer sowie Energieberater. Benjamin Schultheis sieht die Verordnung allerdings auch kritisch: "Zum einen können auf Hausbesitzer durchaus Kosten im dreistelligen Bereich für den Heizungscheck zukommen, nach der Beratung ist der Kunde aber zu keinen weiteren Maßnahmen verpflichtet." Wer sich dennoch entschließt, in die Optimierung seiner Heizung zu investieren, muss für sich abwägen, ob diese Kosten durch die Einsparung von Gas aufgefangen werden.
Ausgenommen von der Verordnung sind Hausbesitzer, die in den letzten 24 Monaten bereits einen großen Heizungscheck an ihren Anlagen vorgenommen haben. "Diesen Check gibt es schon lange, allerdings wird er kaum in Anspruch genommen", weiß der Fachmann. Was vermutlich in den Kosten begründet sei, die hierfür anfallen.
Warum viele Leute derzeit ihr Geld in ihr Haus investieren wollen
Ein weiteres Problem, das die neue Verordnung aufwirft, ist für Benjamin Schultheis ein grundlegendes: "Wer soll das alles machen? Im Handwerk fehlt es an Manpower, viele Betriebe sind jetzt schon überlastet", wie er weiß. Wie also soll diese zusätzliche Aufgabe gestemmt werden?

Fragen, auf die der Experte derzeit keine Antwort hat. Er selbst ist als Schornsteinfegermeister stark ausgelastet und auch als Energieberater sehr gefragt. In seinem Büro in der Bauerngasse 62 in Mellrichstadt häufen sich die Anfragen. "Man merkt, die Leute wollen im Zuge der Inflation ihr Geld in ihr Haus investieren", sagt er. Entsprechend informieren sich viele über neue Heizanlagen und wollen wissen, welche Förderungen es derzeit gibt. Die teuren Preise für fossile Energie sorgen insgesamt für ein Umdenken, sagt Benjamin Schultheis: "Leute, die 50 Jahre nicht mehr mit Holz geheizt haben, wollen sich jetzt wieder einen Ofen anschaffen."