Dienstagmorgen, 6.38 Uhr. Um diese Zeit trudelte eine Pressemitteilung des Landkreises Rhön-Grabfeld in dieser Redaktion ein. Betreff: "Schulausfall im Landkreis Rhön-Grabfeld". Wörtlich hieß es: "Aufgrund der Unwetterlage (vgl. Deutscher Wetterdienst) vor allem durch extreme Glätte entfällt heute aus Sicherheitsgründen der Unterricht an sämtlichen Schulen im Landkreis Rhön-Grabfeld. Distanzunterricht findet statt."
Vier Minuten später, um 6.42 Uhr, stellte der Landkreis die Meldung auf seiner Facebook-Seite ein. Schnell, aber für viele dennoch zu spät, wie einige Kommentare unter dem Post zeigen. "Kurz vor Knapp. Unmöglich! Erste Wegeunfälle meiner Schülerinnen und Schüler sind bereits passiert", schreibt offenbar eine Lehrerin.
Wie lauteten Reaktionen auf die Absage des Präsenzunterrichts in Rhön-Grabfeld?
"Ok, dann fahren wir jetzt bei Glatteis zur Oma", kommentiert ein Vater oder "Kann man das nicht gestern schon entscheiden? Das Wetter war doch angekündigt", hieß es in einer anderen Reaktion. Am Vortag war Rhön-Grabfeld glimpflich davon gekommen: Trotz Blitzeises hatte es kaum Unfälle und keine Schulausfälle gegeben.
Die Informationskette für die Öffentlichkeit in Gang brachte am Dienstag Pressesprecherin Melanie Hofmann. Gegen 6 Uhr meldeten demnach einige Busunternehmer, dass sie aufgrund der Glätte die Touren nicht anfahren können. Auch seien Fußwege teilweise unpassierbar.
Die Koordinierungsstelle am Landratsamt mit Vertretern des ÖPNV, Schulamt und Katastrophenschutz entschied kurz darauf, den Präsenzunterricht aus Sicherheitsgründen ausfallen zu lassen. Eine Notbetreuung an den Schulen wurde eingerichtet, die Meldung ging heraus. Warum die Entscheidung nicht schon frühzeitiger von den Verantwortlichen gefällt wurde, wie einige im Nachhinein fordern, konnte auch Melanie Hofmann nicht sagen.
Geübt im Distanzunterricht: Viele Schulen in Rhön-Grabfeld waren gewappnet
Die Umsetzung an den Schulen ging anschließend in großen Teilen unaufgeregt vonstatten, wie eine kleine Umfrage dieser Redaktion zeigt. Denn viele Schulen greifen in Sachen Distanzunterricht inzwischen auf ein bewährtes System zurück.
Im Bad Neustädter Rhön-Gymnasium beispielsweise ging die Nachricht vom Ausfall des Präsenzunterrichts über das interne Kommunikationssystem an die Schulgemeinschaft, wie stellvertretender Schulleiter Oliver Süssner erläutert. Die Schüler seien anschließend über die Schulcloud mit Arbeitsaufträgen versorgt worden. Süssner bezeichnet die "digitalen Möglichkeiten" als großen "Mehrwert" im Vergleich zu früheren witterungsbedingten Schulausfällen.
Einige wenige Schüler aus dem Stadtgebiet Bad Neustadt seien dennoch im Rhön-Gymnasium eingetrudelt. Sie hatten die Nachricht am frühen Morgen nicht mitbekommen. "Da haben wir dann mit den Eltern telefoniert", so Süssner. "Für den Fall der Fälle hatten wir auch Lehrkräfte im Hause."
Gymnasium in Bad Königshofen: "Die Befehlskette hat funktioniert."
Um 6.30 Uhr konnte Wolfgang Klose, Schulleiter des Bad Königshöfer Gymnasiums, seine Schulgemeinschaft informieren. "Die Befehlskette hat funktioniert", schmunzelt er. Kein Schüler sei in die Schule gekommen. "Die Lehrkräfte, die es trotz Glatteis geschafft haben, sind aber vor Ort", so Klose. Auch in Bad Königshofen wurden die Schüler mit Arbeitsaufträgen versorgt.
"Einwandfrei" habe die Kommunikation zwischen Eltern, Lehrern und Schulleitung funktioniert, erklärt Stefan Lochner, stellvertretender Schulleiter der Ignaz-Reder-Realschule Mellrichstadt. Schon zeitig am Morgen hatte die Schule selbst den Ausfall des Präsenzunterrichts auf der eigenen Internet-Seite vermeldet. Via eines Online-Portals sei die Schulfamilie vernetzt. Da hätten Nachfragen schnell beantwortet werden können. Letztlich sei die Meldung so zeitig erfolgt, dass kein Schüler auftauchte.
Glatteis erprobt? Das Lehrerteam in Fladungen trat in voller Besetzung an
"Wir können mit Glatteis umgehen", schmunzelt die Leiterin der Fladunger Grundschule, Sabine Thanisch. Trotz sehr glatter Straßen seien alle Lehrer in Präsenz an ihrer Schule eingetroffen. Dabei wohne keiner direkt vor Ort. Die Entscheidung, den Präsenzunterricht ausfallen zu lassen, fand sie dennoch absolut richtig. "Es war wirklich tierisch glatt, auch die Gehwege." Da wäre es vor allem für die Kinder aus den Außenorten schwierig geworden, die Schule zu erreichen. "Das dient ja im Grunde der Sicherheit des Kindes." Vereinzelt seien gegen 8 Uhr Schüler in der Schule angekommen. In diesem Falle habe man mit den Eltern Kontakt aufgenommen.
Komplizierter war die Situation für die Kindergärten des Landkreises, wie Laura Angermüller, Leiterin des St. Vinzenz Kindergartens in Burglauer, auf Anfrage bestätigt. Während der Ausfall des Präsenzunterrichts zentral entschieden wird, musste jeder Kindergarten im Landkreis selbst entscheiden, wie mit dem Glatteis umzugehen ist.
Die schwere Entscheidung der Kindergarten-Leiterin von Burglauer
Sie habe sich ab 6 Uhr per Whatsapp mit ihren Kollegen zusammengeschaltet. Schnell war klar, der Frühdienst um 7 Uhr ist kaum zu packen. Keiner der Mitarbeiter konnte gewährleisten, den Weg sicher zu bewältigen. Für Angermüller eine Zwickmühle: "Ich bin für die Sicherheit meiner Mitarbeiter und für die der Kinder verantwortlich."
Käme von ihr keine klare Ansage, brächten manche Eltern die Kinder auf Biegen und Brechen. "Kommt lieber später, wenn es sicher ist", war deshalb ihre klare Botschaft. Um 6.30 Uhr habe sie sich über die App an die Eltern gewandt: Aufgrund des Wetters könne man die Einrichtung nicht sicher öffnen. "Bitte bleiben Sie mit Ihrem Kind zu Hause, wenn es möglich ist. Wir können die Betreuung nicht sicher gewährleisten, da das Personal nicht zur Einrichtung kommt."
Am Ende konnte in Burglauer doch um 7 Uhr aufgeschlossen werden. Doch auch kurz nach 10 Uhr am Morgen waren noch immer nicht alle Kindergartenmitarbeiter eingetroffen. "Vier bis fünf fehlen noch", berichtet Angermüller. Zwar seien die Hauptstraßen mittlerweile befahrbar. Wer aber über Nebenstraßen müsse, habe nach wie vor ein Problem. Ihr großer Dank galt den vielen Eltern, die kooperativ waren und mit den Kindern zu Hause blieben. Geöffnet waren von den drei Kindergartengruppen letztlich nur eine, auch die Krippengruppe lief am Dienstag nur im Notbetrieb.
Kindergartenleiterin von Burglauer: "Wenn die Schule zu ist, ist das so."
Als Kindergartenleiterin müsse sie sich aber immer auch rechtfertigen. "Wenn die Schule zu ist, ist das so", spricht Angermüller über die Akzeptanz in den Familien. Beim Kindergarten pochten einzelne Eltern durchaus auf eine Notbetreuung. Zeitgleich hat sie für Eltern-Nöte durchaus Verständnis: "Eltern können das Wort Notbetreuung ja schon nicht mehr hören." Sicherheit gehe letztlich aber vor. Deshalb steht sie zu ihrer Morgen-Ansage an ihre Mitarbeiter: "Bevor Ihr kein Streufahrzeug gesehen habt, verlasst Ihr nicht das Haus!"