Es ist eine Begrifflichkeit, die im Frühjahr 2022 für Aufregung im kriminalistisch gesehen beschaulichen Bad Neustadt sorgte. Die Polizei hatte den Bereich rund um das Kaufland in der Meininger Straße als "gefährlichen Ort" im Sinne des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes eingestuft.
Der etwas martialische Begriff bedeutet, dass die Polizei mehr Befugnisse hat und beispielsweise Personen kontrollieren darf, auch wenn kein Anfangsverdacht einer Straftat oder einer konkreten Gefahrenlage vorliegt. Die Stadt Bad Neustadt ergänzte die Einstufung ihrerseits mit einem Alkoholverbot in einem festgelegten Gebiet (siehe Grafik). Die Verordnung trat am 1. Juni 2022 in Kraft.
Warum ist das hier nötig? "Wir haben eine räumlich, abgrenzbare Gegend erkannt, die aus unserer Sicht aufgrund der vorliegenden Gegebenheiten bestimmte niederschwellige Maßnahmen einfordert", sagt Jan Schubert, Dienststellenleiter der Polizei Bad Neustadt.
Warum das Gebiet rund um das Kaufland in Bad Neustadt ein attraktiver Treffpunkt ist
Was Schubert und seinen Kolleginnen und Kollegen auffiel: Das Gebiet rund um das publikumsträchtige Kaufland bietet unter anderem einer gewissen, Alkohol zugeneigten Szene ein attraktives Milieu, um sich zu treffen. Das liegt auch an den baulichen Gegebenheiten mit der vorhandenen Parkgarage des Supermarkts, vergleichbar mit dem früheren Parkdeck am Busbahnhof. Eine sensible Situation auch deshalb, weil in unmittelbarer Nähe Schülergruppen unterwegs sind und Busse halten und abfahren.
War es früher unter anderem die Brendanlage, begannen sich ab 2019 und 2020 Fälle von Ordnungsstörungen rund um das Areal in der Meininger Straße zu häufen. Die Corona-Jahre mit den beschlossenen Lockdowns froren das Problem in der Folge nach Ansicht von Jan Schubert lediglich ein und legten eine Art Schleier darüber.
"Im Schnitt gibt es jeden zweiten Tag eine Ordnungsstörung", weiß der Dienststellenleiter anhand von Statistiken. Diese Statistik umfasst jedoch lediglich Fälle, die der Polizei auch gemeldet werden.
Welche Ordnungsstörungen die Polizei dort registriert
Aber: Die Art der Ordnungsstörungen sind vielfältig, das könne beispielsweise auch ein Ladendieb sein, relativiert Schubert. Quantitativ höre sich das viel an, was die Qualität der Delikte angeht, müsse man unterscheiden. Registriert werden immer wieder Pöbeleien, Wildpinkler, Rauschgiftaufgriffe oder Ruhestörungen, die von Anwohnern gemeldet wurden. Oder eben Verstöße gegen das Alkoholverbot.
Der negative Ausreißer nach oben ereignete sich erst jüngst Anfang Januar, als die Polizei eine Gruppe von sieben Jugendlichen kontrollierte. Neben beschlagnahmten Tabakprodukten hatte ein 15-Jähriger einen griffbereiten Schlagring dabei, einen verbotenen Gegenstand nach dem Waffengesetz. "Das ist keine Lappalie mehr", versteht Jan Schubert keinen Spaß.
Dem Chef der Bad Neustädter Wache ist bewusst, dass die Polizei ohne die verstärkten Kontrollen von einer solchen Straftat womöglich nichts mitbekommen hätte und so auch mehr Fälle in der Statistik auftauchen können, als an anderen Orten in der Stadt.
Maßnahmen von Stadt und Polizei Bad Neustadt haben gefruchtet
Aber: Die Maßnahmen, im Bündel mit dem städtischen Alkoholverbot, sieht er als geeignetes Mittel. Und sie scheinen zu fruchten. "Wir haben eine Wellenbewegung festgestellt, die deutlich niedriger ist, als vor den Maßnahmen", so Jan Schubert über die verzeichneten Erfolge.
Da die Polizei ihre Aktionen hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit stetig überprüfen muss, habe man zuletzt überlegt, den Status "gefährlicher Ort" auslaufen zu lassen. "Das hohe Level an Ordnungsstörungen hat zwar abgenommen. Dennoch ist es aus polizeilicher Sicht noch zu viel für Bad Neustadt", so der Polizist über das Aufrechterhalten des Status. Gleichwohl sagt er: "Wir sind eine sichere Stadt, mit einzelnen Ausreißern, die es überall gibt."
Jan Schubert von der Polizei Bad Neustadt will "vor die Lage kommen"
Was Jan Schubert auch wichtig ist: Keiner müsse Angst haben, wenn er dort unterwegs ist. "Die Bevölkerung hat aber ein Anrecht, dass Stadt und Polizei erkannte Probleme angehen. Wir wollen dem Herr werden, zeigen Präsenz und reden mit den Personen." Er spricht in diesem Zusammenhang von "vor die Lage kommen". Sprich, weiter präventiv agieren, ehe sich womöglich bereits eine Szene etabliert hat und ein (großes) Problem erst entsteht.
Eine Vorgehensweise, die auch Oliver Seufert begrüßt. Wie Schubert geht es dem Leiter des Ordnungsamtes von Bad Neustadt darum, mit Maß und Ziel vorzugehen. Bis zu 1000 Euro Geldstrafe könnte die Stadt laut Verordnung gegen Menschen verhängen, die gegen das Alkoholverbot verstoßen.
Verdrängungseffekt aufgrund des Alkoholverbots?
Sollte man von dem Verbot womöglich gar nichts wissen – auf Hinweisschilder verzichtet die Stadt aufgrund des weiträumigen Gebiets – oder sich einsichtig zeigen, bleibe es bei einer Ansprache beziehungsweise Belehrung, so Seufert. Die Tatsache, dass das Alkoholverbot bislang keinen befürchteten Verdrängungseffekt ausgelöst hat, unterstreicht für ihn die Richtig- und Wichtigkeit der Maßnahme. Diese ist zunächst befristet bis Juni 2024.
Mindestens bis dahin werden sich Polizei und Stadt weiter austauschen, um vor der Lage zu bleiben.