Die in politischen Kreisen bekannten ersten 100 Tage im Amt sind für die Arnsteinerin Anna Stolz als Kultusministerin von Bayern noch lange nicht verstrichen. Es soll hier auch nicht in erster Linie um ihre politischen Vorstellungen und Pläne gehen. In einem knapp einstündigen Gespräch in einem Arnsteiner Café standen eher folgende Fragen im Mittelpunkt: Wie geht es Anna Stolz, was ist für sie neu und wie hat sich ihr Leben im vergangenen Monat verändert?
"Auch wenn ich jetzt ein neues Amt habe, ich bleibe eure Anna!" Diesen Satz, den die frischgebackene Kultusministerin beim Empfang ihrer Partei auf der Arnsteiner Burg gesagt hat, sieht Stolz als einen Schlüsselsatz, den sie weiterhin mit Leben füllen möchte. Im Verlauf des Gesprächs zeigten sich gleich mehrere Situationen, die dies verdeutlichten.
Begegnung mit Menschen gibt Stolz sehr viel
Menschen aus der Stadt, aus ihrem bisherigen Lebenskreis und Umfeld, kommen auf sie zu. Das führt zu persönlichen Unterhaltungen, die durchaus mal etwas Schulisches aber natürlich auch private Probleme betreffen. "Es ist schön, wenn ich angesprochen werde und ich höre mir das gerne an, schließlich bin ich ja auch Landtagsabgeordnete und damit für die Menschen hier vor Ort mitverantwortlich", sagt die 41-Jährige.
Die neue Kultusministerin ist jetzt Chefin von 600 Mitarbeitern in ihrem Ministerium sowie 127.000 Lehrkräften in Bayern und eine der wenigen, die in ihrer neuen Aufgabe schon zuvor in fünf Jahren als Staatssekretärin konkrete Erfahrungen gesammelt haben. Sie weiß also, was sie erwartet und sie weiß auch, was sie erreichen will: "Meine Jahre als Juristin, die vier Jahre als Bürgermeisterin in Arnstein und die Zeit im Ministerium waren eine gute Vorbereitung für meine künftige Arbeit. Ich hatte Gelegenheit, in meine Aufgaben hineinzuwachsen", so Stolz.
Arbeitstage von 14 bis 16 Stunden keine Seltenheit
Aber wie lebt eine Ministerin im Münchner Zweitwohnsitz, fernab von der Heimat und vom Ehemann? Nein, eine Dienstwohnung stellt ihr der Freistaat nicht, dafür muss sie selbst sorgen und tatsächlich erledigt sie auch die anfallende Hausarbeit weitgehend selbstständig. "Sie glauben nicht, wie entspannend putzen und Staub wischen sein kann", witzelt die Ministerin. Wenn ihr Mann Mario zu Besuch ist, packt der natürlich kräftig mit an. Die Wohnung liegt in der Nähe der Isar – laut Stolz ein guter Ort, um beim Joggen oder Spazierengehen den Kopf frei zu bekommen.
Selbstversorgung ist auch beim Essen angesagt. Snacks und Fast-Food gibt es nur in absoluten Notfällen. In der Regel isst sie in der Kantine des Ministeriums gemeinsam mit ihren Mitarbeitern. Eine spezielle "Ministerlounge" gibt es nicht, die Chefin speist im Mitarbeiterkreis. Am Abend gibt es dann daheim noch eine Brotzeit. Der Abend kann sich durchaus lange hinausziehen. Arbeitstage von 14 bis 16 Stunden sind keine Seltenheit und auch für die "Oberlehrerin" gibt es abends meist noch Hausaufgaben.
Spuren vom Zähneputzen auf dem Kleid kein Problem
Gearbeitet wird aber auch während der Fahrt von Arnstein nach München. Laptop, Smartphone und Aktenordner sind im Dienstwagen oder im ICE immer mit dabei. Umweltfreundliches Reisen liegt Stolz sehr am Herzen, deshalb ist die Bahn meist die erste Wahl. Doch oft sind die Fahrten so getaktet, dass sich vor allem Zwischenziele nicht so einfach erreichen lassen.
Eine Frage, die sich für männliche Kollegen weniger stellt: Wie hält es Frau Ministerin mit der Garderobe? Während die Herren zur Not mit drei Anzügen, fünf Krawatten und zwei Paar Schuhen hinkommen, stehen Damen vor anderen Herausforderungen. Anna Stolz nickt: "Ja, man muss schon planen und ich habe tatsächlich Extrakoffer dabei, wenn ich nach München fahre. Aber ansonsten nehme ich das locker, wenn beispielsweise Spuren vom morgendlichen Zähneputzen oder vom Mittagessen auf der Kleidung sichtbar bleiben. Das gehört dazu, da stehe ich drüber!"
Stolz macht Angelschein mit ihrem Mann
Wie sieht es mit der Freizeit aus? Wie viel davon hat sie und was macht sie damit? "In meiner wenigen Freizeit ist es mir sehr wichtig, möglichst viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Ferner treibe ich gerne Sport. Ich gehe Joggen und habe seit einiger Zeit auch Yoga für mich entdeckt. Aktuell mache ich zusammen mit meinem Mann den Fischereischein und werde in Zukunft hoffentlich dann auch immer mal wieder zum Angeln gehen", teilt sie mit. Wer weiß, womöglich sieht man sie im nächsten Frühjahr in Arnstein an der Wern mit der Angelrute zwischen den Weiden sitzen.
Im Urlaub geht es gerne in die bayerischen, österreichischen und Südtiroler Berge. Daneben ist Barcelona ein regelmäßiges Reiseziel, weil sie dort eine Zeit lang studieren durfte. Pläne für das nächste Jahr hat sie aber noch nicht gemacht.
Anna Stolz: "Das Ministerium darf kein Elfenbeinturm sein."
Ganz ohne Schulpolitik geht das Gespräch dann doch nicht zu Ende: Da sind beispielsweise die Schulbesuche. Was sich früher noch "Visitation" nannte, sieht die Ministerin als notwendige Begegnung mit der Lebenswirklichkeit und sie betont: "Das Ministerium darf kein Elfenbeinturm sein, ohne den regelmäßigen Austausch mit den Menschen vor Ort, mit den Lehrkräften, den Kindern und deren Eltern, mit den Mitarbeitern sowie dem gesamten Schulumfeld geht da nichts voran!"
Deshalb gibt es grundsätzlich nach dem offiziellen Besuchsteil Zeit für freie Gespräche, für einen offenen Dialog. Während sie aber als Staatssekretärin fünf Jahre lang ihrem Minister zuarbeiten konnte, muss sie jetzt auf eine solche Hilfe verzichten.
Kommunen soll mehr Flexibilität ermöglicht werden
Ein "Lieblingskind" der Ministerin ist das Arnsteiner Projekt BIG (Bildung im Generationenverbund), das sie gemeinsam mit örtlichen Lehrkräften und dem jetzigen Bürgermeister Franz-Josef Sauer initiiert und jetzt zu einem bayerischen Pilotprojekt gemacht hat.
Ein weiteres Thema liegt Anna Stolz am Herzen. Vor ihrer Zeit im Kultusministerium war sie vier Jahre lang Bürgermeisterin ihrer Heimatstadt Arnstein und weiß von den Problemen der Kommunen als Sachaufwandsträger für ihre Schulen. Auch ist ihr bewusst, dass die an sich gut gemeinte Ankündigung der Staatsregierung, eine Nachmittagsbetreuung für alle Grundschulkinder ab 2026 verpflichtend einzuführen, längst nicht optimal vorbereitet ist und sich sowohl bei den Finanzen, aber noch viel mehr beim wahrscheinlich fehlenden Personal große Fragen auftun. Hier will sie helfen, den Kommunen mehr Flexibilität zu ermöglichen.