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Zellingen
Zank am Runden Tisch zur Benediktushöhe
Zellingens Bürgermeister Stefan Wohlfart kritisierte die Kommunikationspolitik von Diözese und Regierung. Er selbst bekam auch Kritik ab.
Runder Tisch zur Benediktushöhe im Pfarrheim Zellingen.
Foto: Markus Hauck | Runder Tisch zur Benediktushöhe im Pfarrheim Zellingen.
Markus Rill
Markus Rill
 |  aktualisiert: 19.02.2024 02:32 Uhr

Kommunikation ist wichtig, aber nicht immer ganz einfach. Zur Retzbacher Benediktushöhe fand am Mittwochabend eine Aussprache statt mit Vertretern der Diözese Würzburg, der Regierung von Unterfranken, mit Landrätin, Bürgermeister und Pfarrgemeinderatsmitgliedern. Angekündigt war ein Gespräch am Runden Tisch, tatsächlich aber saßen die Beteiligten im Zellinger Pfarrheim an einer ganzen Reihe von Tischen, die zum Viereck aufgebaut waren. Eine derartige Diskrepanz zwischen Kommunikation und Wahrnehmung offenbarte sich auch in der Diskussion der Beteiligten.

Zunächst berichtete Moderatorin Christine Schrappe, Leiterin der Hauptabteilung Bildung und Kultur in der Diözese, dass die bisher in der Benediktushöhe verankerte Arbeit des Forums soziale Bildung nun an anderen Orten stattfinde. "Das wird sehr gut angenommen", habe ihr Forumsleiterin Johanne Hecke mitgeteilt. "Da kommen sogar neue Gäste hinzu." Die Bildungsstätte gegen Ende 2021 zu schließen sei der Diözese schwergefallen, aber "andere Bistümer und die evangelische Kirche überlegen ebenfalls, wie und ob derartige Bildungshäuser zu erhalten sind".

Alles paletti – oder doch nicht?

Diözesan-Finanzdirektor Sven Kunkel berichtete, dass es konkrete Absichtserklärungen von Kaufinteressenten gebe. Und die Gespräche mit der Regierung von Unterfranken zur Anmietung des Hauses, um es als Übergangswohnheim für Geflüchtete zu nutzen, seien "vertraulich und gut" verlaufen. Die Botschaft also: Alles paletti.

So positiv urteilten nicht alle Anwesenden. Peter Keller, Mitinitiator und erster Leiter der Bildungsstätte und mittlerweile 84 Jahre alt, wiederholte seine Kritik: "Ich bin erstaunt über den Ablauf des Verfahrens." Er habe mehrfach versucht, sich einzubringen, Vorschläge gemacht und Briefe geschrieben, sei aber nie zu einem Gespräch eingeladen worden.

Nun seien, so Keller, zwei Schritte sinnvoll: Das Haus solle zur Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine genutzt werden. Später solle es wieder eine Bildungsstätte werden nach Vorbild des Recollectio-Hauses in Münsterschwarzach. Dass das Hauptgebäude den Brandschutzbestimmungen nicht entspricht und vor einer weiteren Nutzung erhebliche Umbauten nötig sind, ficht ihn nicht an. "Das Thema lässt sich politisch lösen", sagte er lapidar. Landrätin Sabine Sitter widersprach ihm scharf: "Die Themen Fluchtwege, Brandschutz, Trinkwasser lassen sich nicht politisch lösen. Da geht es um Menschenleben."

Wie sinnvoll ist Information über Zwischenstände?

Zellingens Bürgermeister Stefan Wohlfart sagte: "Ich warte schon lange auf die Möglichkeit, sich persönlich auszutauschen." Nach einer ersten Information von der Diözese über den beabsichtigten Verkauf des Hauses "war lange Funkstille". Gerüchte über eine mögliche Flüchtlingsunterkunft habe es in der Gemeinde schon Ende Oktober gegeben. Offiziell sei er darüber erst Mitte November informiert worden, "da pfiffen es schon die Spatzen von den Dächern". Das Thema habe "in Retzbach zu enormer Aufregung geführt", da sei viel "Porzellan zerschlagen" worden. Die Bevölkerung erwarte "Informationen von der Diözese".

Sven Kunkel erwiderte: "Da muss ich deutlich widersprechen." Weder von der Regierung noch von der Diözese seien Infos nach außen gedrungen. "Es war mir ein Anliegen, mit Ihnen persönlich zu kommunizieren", das Gespräch sei aber nicht zustande gekommen. Er sei enttäuscht von Wohlfart. "Was sie im Januar im Mitteilungsblatt geschrieben haben, war falsch", so Kunkel. Der Bürgermeister verteidigte sich: "Unwissen beunruhigt. Die Gerüchte potenzieren sich." Er habe die Bürgerinnen und Bürger informieren wollen und müssen.

Die Landrätin warf ihrem Parteifreund vor, dass er das Thema Brandschutz in die Öffentlichkeit gebracht habe. Sie habe dann der Presse Auskunft geben müssen über die Mängel des Gebäudes – was Einfluss auf den Verkaufspreis haben wird.

Landrätin Sitter betont Professionalität

Die Pfarrgemeinderatsvorsitzende Elisabeth Stölting pflichtete dem Bürgermeister bei. Die Gerüchte, da sollen "60, 70 Flüchtlinge in die Benediktushöhe kommen und wir Ehrenamtliche sollen uns um die kümmern", hätten starke Emotionen ausgelöst. Sitter erwiderte: "Wir wissen doch um diese Emotionalität. Die Unterstellung, dass wir das nicht mitdenken, ist falsch." Ihre Devise sei aber, "professionell" zu verfahren und die "Emotionen nicht zu befeuern".

Lothar Menzel von der Regierung von Unterfranken erklärte, dass ein Runder Tisch ohnehin geplant gewesen sei, "aber erst, wenn wir sicher sind, dass ein Gebäude als Unterkunft geeignet ist", nicht vorher. Es sei auch schon vorgekommen, dass die Regierung im Anschluss an eine solche Gesprächsrunde die Pläne verworfen habe.

Wohlfart zeigte sich über diese Aussage überrascht. Es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass eine derartige Aussprache zum Prozedere gehöre. Die Landrätin sagte, sie habe dies schon einmal mit dem Retzbacher Bundestagsabgeordneten Alexander Hoffmann (CSU) besprochen. Sie habe angenommen, er werde die Information an die Bürgerinnen und Bürger weitergeben.

Der Bürgermeister insistierte: Es sei Aufgabe der Diözese, die Zellinger und Retzbacher zu informieren. Moderatorin Christine Schrappe fasste zusammen: "Es ist ein sehr schmaler Grat zwischen zu früher und zu später Kommunikation." Zur Zufriedenheit aller lasse sich das wohl nur schwer lösen.

 
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