Johannes Hofer ist freiberuflicher Drehbuchschreiber, stammt aus dem Karlstadter Stadtteil Stetten (Lkr. Main-Spessart) und lebt und arbeitet mittlerweile in Berlin. Unter dem Namen Joe Hofer ist jetzt ab kommenden Montag, 16. Oktober, seine erste Serie im ZDF zu sehen: "Füxe", ein vierteiliges Charakterdrama über einen jungen Studenten mit kosovarischen Wurzeln, der auf Zimmersuche unter falschem Namen in eine schlagende Verbindung eintritt.
Im Interview schildert der 35-Jährige, was ihn an der Geschichte reizte - und was er mit seiner Serie zeigen will.
Joe Hofer: Es ist sehr aufregend, dass jetzt endlich, nach so einem langen Weg, bald alle die Serie sehen können. Gerade wenn ich daran denke, dass ich der ursprünglichen Ausschreibung des ZDF für eine Serie zum Thema sozialen Aufstieg eigentlich schon abgesagt hatte. Als ich den Aufruf dazu über meine Agentur bekommen habe, war die Deadline schon drei Tage später!
Hofer: Ja, mir ist das einfach nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Auch weil ich das mit dem sozialen Aufstieg kenne. Ich bin der erste in meiner Familie, der studiert hat. Und dann hat's bei der Hausarbeit plötzlich klick gemacht und die Idee war da: In Studentenverbindungen geht es eben auch um dieses Thema sozialer Aufstieg.
Hofer: Am Karlstadter Johann-Schöner-Gymnasium hatte ich einen Mitschüler, der nach dem Abi in einer Studentenverbindung in Würzburg gelandet ist. Den hab' ich da einmal besucht und fand's total skurril. Damals hatte ich mich nicht groß weiter damit beschäftigt und das war ja schon Jahre her, aber irgendwie war dieses Erlebnis wohl ausschlaggebend für diesen Geistesblitz. Eine spannende Welt, die in Deutschland in Filmen oder Serien praktisch noch gar nicht erzählt wurde.
Hofer (lächelt): Es gab mit der Razzia bei Teutonia Prag ja jetzt grade erst wieder einen Fall in Würzburg, der zeigt, dass es eine Relevanz hat. Aber ja, ich hab' mich selber gefragt, was so dahinter steckt und wie groß der Einfluss von Studentenverbindungen überhaupt noch ist. Und dann haben ich und mein Co-Autor David Clay Diaz sehr intensiv recherchiert und auch mit Experten geredet. Sie haben unseren Eindruck bestätigt, dass das Thema eher größer und relevanter wird.
Hofer: Von Expertenseite heißt es, dass man in den letzten Jahren eine Radikalisierung beobachten kann in diesen Kreisen. Was vielleicht in den 90ern oder 2000ern alles ein bisschen lockerer war, wird dort jetzt wieder traditioneller, strenger, teilweise auch extremer oder radikaler. Unser Eindruck ist, dass die Verbindungen immer mehr zu einer Gegenbewegung zu der immer offener werdenden Gesellschaft werden.
Hofer: Ja, denn das System, das diese Studentenverbindungen so stark macht, ist diese Mitgliedschaft auf Lebenszeit. Wenn man mit dem Studium fertig ist, dann ist man "Alter Herr" und diese Kontinuität führt dazu, dass sich ein Netzwerk aus ehemaligen Mitgliedern bildet, das in der Gesellschaft an wichtigen Positionen verteilt ist. Vor allem in der Wirtschaft, teilweise auch in der Politik. Die Konsequenzen sind oft nicht so offensichtlich, aber ich glaube, es ist wichtig, dass man darüber spricht und das nicht unterschätzt. Weil eben dieses problematische Menschenbild und dieses Weltbild, was gerade in den schlagenden Verbindungen gelebt wird, sich weiterträgt in Unternehmen, in die Gesellschaft und das kann man durchaus kritisch sehen.
Hofer: Uns ging es darum, dieses Weltbild, das in Verbindungen herrscht, reduziert auf unsere Verbindung, unsere eine Hauptfigur zu zeigen. Ein Weltbild, das wir als eine Mischung aus Autorität, Elitismus, Hierarchien und einem Habitus ohne Mitleid darstellen. Der Umgang miteinander läuft sehr von oben nach unten – die, die länger in der Verbindung sind, knechten die neuen. Anhand der Hauptfigur, mit der man als Zuschauer in diese Welt eintritt und das Verbindungsleben erst positiv erlebt, soll man merken, wie unangenehm dieses Umfeld sein kann und was für ein veraltetes Weltbild da herrscht. Und natürlich machen wir Andeutungen, dass es dahinter dieses Netzwerk gibt und wenn man Teil dieses Netzwerks Teil sein will, dann ist man irgendwann selbst derjenige, der nach unten tritt.
Hofer: Ich kann da nur spekulieren. Inzwischen wissen die Mitglieder von solchen Studentenverbindungen natürlich auch, was die Vorurteile sind und die Kritik ist. Sie werden dadurch, glaube ich, noch mehr zu so einem abgeschlossenen Zirkel. Vielleicht hat da einfach der Einblick in diese Welt gefehlt. Umso spannender war es für mich als Drehbuchautor, mit so einer Figur, mit der ich mich gut identifizieren kann, diese fremde Welt zu erforschen.
Hofer: Zum Beispiel, was für eine homogene Gruppe das eigentlich ist. Als wir in Marburg im Zuge der Recherche zwei Corps besucht haben, haben deren Mitglieder natürlich versucht, sich so positiv wie möglich darzustellen. Da wurde mehrfach gesagt, ja, es ist so toll hier, hier lernt man so unterschiedliche Leute kennen. Und dann siehst du sie vor dir (lacht) und einfach alle haben das gleiche Outfit an. Alle trage ihr Polo oder ihr Hemd und ihre Segelhose und Segelschuhe und alle studieren VWL, BWL oder Jura und du musst dir das Lachen verkneifen.
Hofer: Nein und es war uns auch sehr wichtig, dass wir nicht einfach von außen mit der Moralkeule draufhauen. Unser Ansatz ist, aus so einer Studentenverbindung heraus zu erzählen. Unsere Hauptperson ist da drin, sie ist nicht Opfer, sondern lässt sich darauf ein. Wir waren der Meinung, man kann die Probleme, die Gefahr, das, was kritisch daran ist, viel besser verstehen, wenn man versteht, was der Reiz daran ist.
Hofer: Die Sogkraft einer solchen Gemeinschaft, der propagierte und durchaus gelebte Zusammenhalt, aber auch Verbindungen der einzelnen Mitglieder untereinander, die sich durch dieses intensive Zusammenleben entwickeln. Da war's uns schon wichtig, verschiedene Aspekte zu zeigen und gerade am Anfang der Serie kann man da auch denken, ist doch super, aber dann schwenkt's halt irgendwann um.