Die Stadt Karlstadt will auf ihren landwirtschaftlichen Flächen mehr für die Biodiversität tun. Gerade hier hätten Kommunen die Möglichkeit, sich für mehr Naturschutz einzusetzen und im Dialog mit den Pächterinnen und Pächtern naturschonende Bewirtschaftungsformen umzusetzen, trug Bürgermeister Michael Hombach (CSU) in der jüngsten Bauausschusssitzung vor. Denn um die Artenvielfalt zu erhalten, seien flächendeckende Schutz- und Optimierungsmaßnahmen nötig.
Im Mai hatte der Bauausschuss deshalb die Verwaltung damit beauftragt, gemeinsam mit dem Landschaftspflegeverband Main-Spessart eine Biodiversitätsstrategie für Karlstadt zu entwickeln. Stefan Reuter vom Landratsamt stellte dem Gremium nun den Entwurf vor. Ziele der Strategie seien unter anderem, Streuobst, Hecken oder Altgrasstreifen zu anzupflanzen und zu erhalten, eine Heckenpflege nach naturschutzfachlichen Empfehlungen sicherzustellen, extensive Wiesen- und Weidenutzung auf geeigneten Standorten zu fördern oder den Wasserrückhalt in der Fläche zu verbessern.
Was es mit dem Drei-Stufen-Modell auf sich hat
"Man kann vieles unternehmen, um die Biodiversität zu stärken, Verwaltung und Partner müssen das allerdings auch leisten können", so Reuter. Dinge, die es dabei zu beachten gelte, seien unter anderem die Zersplitterung der Flächen durch die Realteilung, die Kontrolle und Pflege und die unterschiedlichen Betriebsstrukturen. "Deshalb ist eine individuelle Beratung wichtig." Der Verband kümmere sich unter anderem um die Biotopkartierung und Bodenschätzung, begutachte die räumliche Lage sowie das Vorkommen besonderer Arten.
Maßgeblich für eine Verpachtung soll in Karlstadt künftig ein "Drei-Stufen-Modell" sein, nach dem die landwirtschaftlichen Flächen der Stadt geprüft und in drei Kategorien eingeteilt werden. Dies übernehme der Landschaftspflegeverband. Reuter verdeutlichte das Modell anhand der sechs Flächen in Gambach, Karlburg, Karlstadt, Laudenbach und Stetten, die in diesem Jahr verpachtet werden.
- Kategorie 1: Diese Flächen werden ohne konkrete Empfehlung zur Bewirtschaftung weiter landwirtschaftlich genutzt. Dazu zählen etwa sehr kleine Flurstücke, die Teil eines größeren Feldstücks sind, oder Flächen, die aufgrund ihrer Lage "über wenig naturschutzfachliches Aufwertungspotenzial" verfügen.
- Kategorie 2: Hierunter fallen Flächen, für die sich die Pächterinnen und Pächter verpflichtend über Fördermöglichkeiten beraten lassen sollen. Dazu zählt zum Beispiel das Bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP). Denn unter Umständen wachsen auf den betroffenen Feldern nur bestimmte Pflanzen.
- Kategorie 3: Für diese Flächen werden konkrete Maßnahmen zur Biodiversität mit den Pächtern vereinbart und im Pachtvertrag festgehalten. Beispielsweise sind dies Felder mit einer schlechten Bodenqualität.
Gremium äußerte Kritik an der Vorgehensweise – es gab aber auch Lob
"Ich finde das zu defensiv, mir bleibt das zu allgemein", wandte Stadtrat Armin Beck (Grüne) ein. Er wünsche sich konkrete Maßnahmen-Vorschläge für die sechs Flächen – nicht nur die Einteilung in das Modell. "Ich finde es auch nicht gut, dass der Bauausschuss hier wichtige Entscheidungen abgibt. Wollen wir Biodiversität nicht zu unserer eigenen Sache machen?"
Stadtrat Eugen Köhler (CSU) forderte eine vernünftige Abwägung zwischen Landwirtschaft und Naturschutz. "Wir brauchen klare Vorgaben." Sein Vorschlag: Mit den Pächterinnen und Pächtern sprechen, was auf der gesamten Ackerfläche – nicht nur der städtischen – an Maßnahmen möglich ist. Und: "Zumindest über Flächen, die unter Kategorie drei fallen, sollte das Gremium entscheiden", so Köhler. Dem stimmte Beck zu. Stefan Rümmer (SPD) zeigte sich mit der Strategie zufrieden: "Das ist sehr gut gelungen, ich kann damit gut leben – die Maßnahmen sollten wir den Fachleuten und Pächtern überlassen."
Letztendlich stimmte das Gremium der Strategie zu. Allerdings wird der Bauausschuss künftig über Maßnahmen für Grundstücke entscheiden, die in Kategorie drei eingruppiert wurden.