Große Veranstaltungen in der Region wie das Kirchweih- und Heimatfest in Gemünden, die Lohrer Spessartfestwoche oder die Laurenzi-Messe in Marktheidenfeld werden in diesem Sommer nicht stattfinden, Gaststätten sind seit Wochen zu. Kein Wunder, dass lokale Brauereien in Coronazeiten unter Absatzproblemen leiden, weil ihr Bier bei öffentlichen Veranstaltungen und in Gaststätten nicht konsumiert werden kann. Die Situation bringt die Betriebe vielfach in erhebliche Schwierigkeiten.
Aber es gibt Ideen, wie die Betreiber der Brauereien ihre Unternehmen durch die schwierigen Zeiten bringen wollen. Ein Beispiel ist die Martinsbräu, ein Familienbetrieb, den Maria Martin in vierter Generation führt. Der Marktheidenfelder Brauerei tut besonders die Absage der für August geplanten Laurenzi-Messe weh, auf der sie erhebliche Umsätze zu machen pflegt. Zwar soll es im Juni Gespräche darüber geben, ob das Volksfest nachgeholt werden kann, doch eine mögliche Neuauflage in näherer Zukunft ist derzeit eine eher vage Hoffnung.
So entschloss sich Maria Martin dazu, ein Crowdfunding-Projekt zur finanziellen Unterstützung ihres Unternehmens auf den Weg zu bringen, das die Raiffeisenbank Main-Spessart auf ihrer Facebookseite und auf ihrer Homepage präsentiert. "Das war kein einfacher Schritt, mit so einer Aktion an die Öffentlichkeit zu gehen. Dazu bewogen hat uns die Absage der gesamten Festsaison", erklärt Maria Martin. Mit der Aktion sollen die vor allem die Verluste, die durch den Wegfall der Laurenzi-Messe und anderer Feste entstehen, gemildert werden und damit der Betrieb und die dazugehörigen Arbeitsplätze erhalten werden.
"Ich bin Berufsoptimistin"
Die seit 7. Mai laufenden Aktion scheint sich erfolgreich zu entwickeln. Bereits in den ersten Woche sei beim Crowdfunding die Marke von 30 000 Euro überboten worden, berichtet Maria Martin. "Da war ich sprachlos", kommentiert dies die Marktheidenfelder Brauereichefin. Maria Martin betont, dass es nicht allein um ihren Betrieb gehe: "Es trifft ja nicht nur uns, sondern auch viele Gastronomen und Einzelhändler." Doch sie ergänzt: "Wir werden die Krise durchstehen. Ich bin Berufsoptimistin. Gut ist, dass wir alle unseren Humor nicht verloren haben."
Die Plattform für das Projekt stellt die Raiffeisenbank: "Das Angebot, bei uns ein Projekt einzubringen, gilt für alle. Bisher haben das vor allem Vereine genutzt. Das erste gewerbliche Projekt betraf das Soccercenter in Sackenbach", berichtet Raiba-Sprecher Hilmar Ullrich.
Die Auswirkungen der Krise spüren sie auch bei der Arnsteiner Brauerei Max Bender, zu der die Burgbrauerei "Herzog von Franken" in Thüngen und die Michelsbräu im hessischen Babenhausen gehören. "Natürlich haben wir erhebliche Umsatzeinbußen, vor allem durch den Wegfall von Veranstaltungen und die Schließung der Gastronomie. Wir mussten reagieren und seit Mitte März Kurzarbeit einführen, um unsere Kosten zu senken", sagt Geschäftsführerin Susan Schubert. "Als Familienunternehmen stellen wir uns gemeinsam mit einem starken Team der Herausforderung optimistisch und mit allen Kräften entgegen. Trotzdem ist die Lage ernst, auch weil Großveranstaltungen wie das Heimatfest in Gemünden oder die Scherenburgfestspiele in diesem Jahr nicht stattfinden."
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Zwar steht beim Kirchweih- und Heimatfest noch die Option im Raum, die Veranstaltung im Herbst nachzuholen. Doch Susan Schubert hält dies derzeit ebenso für unwahrscheinlich wie Gemündens Bürgermeister Jürgen Lippert. "Wir hoffen, dass unsere langjährigen Freunde und Kunden der Gastronomie die Krise unversehrt überstehen. Dafür werden wir in Kürze eine Spendenmöglichkeit einrichten, bei der Gäste für ihre Gaststätte Bier spenden können", sagt die Bender-Chefin. Ein Hoffnungsschimmer stelle für Bender der Verkauf von Flaschenbier dar: "Ein Vorteil ist, dass der Handel derzeit stabil läuft."
Auch den ganz Kleinen der Branche bläst derzeit der Wind ins Gesicht: "Wir haben viele Feste, die jetzt nicht stattfinden. Das ist natürlich ein großer Einbruch", erklärt Chef Manuel Müller von der Goikelbräu in Halsbach, der mit einem Auszubildenden rund 550 Hektoliter pro Jahr braut. Doch gerade in schwierigen Zeiten sei es nicht unbedingt ein Nachteil, wenn das Unternehmen klein sei: "Deshalb sind unsere Fixkosten auch nicht so hoch", so der Goikelbräu-Chef.
Müller wirkt keineswegs resigniert. Wie andere Brauereien in der Region auch setzt er nun verstärkt darauf, den Gerstensaft direkt zum Konsumenten zu liefern: "Mit unserer Bierpost fahren wir drei Routen. Die Leute können per E-Mail bestellen, dann bringen wir ihnen das Bier vorbei."
Festwoche im Privaten und interaktiv
Für die Zeit des verschobenen Lohrer Volksfests Ende Juli hat sich Müller eine besondere Aktion einfallen lassen: "Während der Zeit der Spessartfestwoche wollen wir die erste Lohrer Grillfestwoche abhalten, die die Leute in ihren Gärten feiern können. Wir brauen ein Festbier, ein Lohrer Metzger macht spezielle Bratwürste. Ich will auch einen Musiker engagieren, der im Livestream spielt", so Müller. Also Festwoche im Privaten und interaktiv. Das zeigt: In schwierigen Zeiten gibt es nicht nur Probleme, sondern oft auch neue Ideen, die vielleicht helfen können, Unternehmen in der Region durch die schwere Zeit zu bringen.