zurück
Marktheidenfeld
Weggefährten erinnern sich: "Wenn Armin Grein nicht aus Altersgründen hätte abtreten müssen, wäre er sicher noch Landrat"
Das Urgestein der Freien Wähler ist im Alter von 84 Jahren gestorben. Politiker, Mitarbeiter und Freunde beschreiben ihn als jemanden, der gerne auf Menschen zugegangen ist und mit ihnen umgehen konnte.
Landrat Armin Grein mischte sich gerne unter seine Bürgerinnen und Bürger. Mit Freude dirigierte er die Musikkapelle im Festzelt bei der Eröffnung der Laurenzi-Messe, so wie auf diesem Foto, das 2006 entstand.
Foto:  Marion Wiesmann | Landrat Armin Grein mischte sich gerne unter seine Bürgerinnen und Bürger. Mit Freude dirigierte er die Musikkapelle im Festzelt bei der Eröffnung der Laurenzi-Messe, so wie auf diesem Foto, das 2006 entstand.
Carolin Schulte
,  Dorothea Fischer
 und  Katrin Amling
 |  aktualisiert: 19.02.2024 02:50 Uhr

Er hat immer einen Kompromiss gefunden, wurde nie laut und hatte immer ein offenes Ohr für seine Mitarbeiter – so sprechen langjährige Weggefährten über Armin Grein, der am Wochenende gestorben ist. Grein war Bürgermeister von Marktheidenfeld, Landrat von Main-Spessart, Gründervater der Freien Wähler und Bezirksrat. Auch für die, die eher nach seiner Zeit im Amt mit ihm zu tun hatten, war er eine Identifikationsfigur. Kultusministerin Anna Stolz etwa sagt über Grein: "Schon als Kommunalpolitikerin war er ein großes Vorbild für mich und wird es immer bleiben. Er wird mir als politischer Ratgeber und persönlicher Freund sehr fehlen." Vier weitere Weggefährten und Freunde Greins erinnern sich an besondere Momente.

Thomas Schiebel, Greins Nachfolger als Landrat

Thomas Schiebel folgte Armin Grein als Landrat. 
Foto: Roland Pleier | Thomas Schiebel folgte Armin Grein als Landrat. 

"Ich habe Armin Grein 2001 kennengelernt, als ich Bürgermeisterkandidat in Gemünden war", erinnert sich Thomas Schiebel. "Er war die Identifikationsfigur der Freien Wähler und musste seinen Segen geben." Von da an begleitete Grein Schiebel in seiner Zeit als Bürgermeister eng. "Wir hatten oft unterschiedliche Ansichten, ich vertrat die Stadt und er den Landkreis", sagt Schiebel. "Aber es gab immer ein sehr gutes persönliches Miteinander. Er hat es mir auch nicht übel genommen, als die Stadt Gemünden den Landkreis verklagt hat."

An einen Moment mit Armin Grein erinnert sich Schiebel besonders: Sie saßen im Auto auf dem Weg nach Rieneck, als auf Höhe des Zollbergs Grein zu Schiebel sagte: "Wenn ich dich als Landrat brauche, stehst du zur Verfügung?" Schiebel erinnert sich, damals in seinem Bürgermeisteramt sehr zufrieden gewesen zu sein. "Also habe ich gesagt: Im Notfall würde ich es machen. Etwa ein Jahr später hat er mich dann an diese Zusage erinnert." Für ihn sei aber klar gewesen, dass er als Landrat eigene Wege gehen und sich vom Stil des Armin Grein würde lösen müssen. "Wir waren völlig unterschiedliche Charaktere."

Heinz Nätscher, politischer Weggefährte und enger Freund Armin Greins

Heinz Nätscher (links) und Armin Grein waren politische Weggefährten der Freien Wähler und enge Freunde, die gerne zusammen einen Schoppen Wein tranken. 
Foto: Bürgerbüro Felbinger | Heinz Nätscher (links) und Armin Grein waren politische Weggefährten der Freien Wähler und enge Freunde, die gerne zusammen einen Schoppen Wein tranken. 

"Wir hatten eine gute Vereinbarung: Er kümmerte sich um die Landespolitik, ich halte ihm den Rücken hier frei", erzählt Heinz Nätscher, von 1990 bis 2008 stellvertretender Landrat in Main-Spessart. Der frühere Bürgermeister von Urspringen ist 1984 zusammen mit Armin Grein in den Kreistag gewählt worden und hat den Fraktionsvorsitz der Freien Wähler übernommen.

"Heiße Diskussionen" und "echte" Differenzen habe es nicht gegeben. "Wir konnten über alles vernünftig reden und haben immer einen Kompromiss gefunden", sagt der 80-Jährige. Solche Menschen gebe es wenige. Scherzhaft sagt Nätscher: "Wenn der Armin damals nicht aus Altersgründen hätte abtreten müssen, wäre er sicherlich immer noch Landrat."

Nätscher beschreibt seinen Weggefährten als bürgernah: "Wenn jemand mit einem Anliegen zu ihm kam, hat er sich immer darum gekümmert." Auch abseits der politischen Bühne waren die beiden enge Freunde. Nätscher berichtet, dass die Familien eng verbunden seien, zwei der Kinder zusammen zur Schule gingen und sie sich bis heute häufig getroffen hatten, am liebsten auf einen Schoppen Wein.

Erst Anfang Februar, als Armin Grein schon im Klinikum in Lohr stationär behandelt wurde, habe er noch mit ihm telefoniert, erzählt er. Der Tod Greins gehe ihm sehr nahe, sagt Nätscher. Im Gespräch ist ihm das anzuhören: Immer wieder stockt seine Stimme, während er von der gemeinsamen Zeit erzählt. Grein sei zuversichtlich gewesen, dass er das Krankenhaus in Kürze wieder verlassen könne. "Wir haben uns schon für den nächsten Schoppen verabredet", sagt er.

Günter Reinwarth, Greins Pressesprecher am Landratsamt

Ein Chef und ein Freund war Armin Grein (rechts) für Günter Reinwarth, der als Greins Pressereferent arbeitete.
Foto: Landratsamt | Ein Chef und ein Freund war Armin Grein (rechts) für Günter Reinwarth, der als Greins Pressereferent arbeitete.

"Ich kannte Armin Grein als Mann des Ausgleichs", sagt Günter Reinwarth, der den Landrat Grein als Pressesprecher eng begleitete. "Für mich war er nicht nur mein Chef, sondern auch ein Freund." Grein und Reinwarth kannten sich seit den Zeiten, als Grein Bürgermeister von Marktheidenfeld und Vorsitzender des Bayerischen Lehrerverbands im Altlandkreis war. Noch im vergangenen Jahr saßen Grein und Reinwarth zusammen in Greins Haus in Marktheidenfeld und plauderten über Gott und die Welt, über Greins neues Buch über die Freien Wähler, als er noch auf ein Grußwort von Hubert Aiwanger wartete.

"Bei den Mitarbeitern im Landratsamt war er ein guter Chef und geschätzter Vorgesetzter, der immer ein offenes Ohr hatte", erinnert sich Reinwarth. Er habe vor allem Greins ruhige Art geschätzt, ein lautes Wort habe er nicht gekannt. Auch mal ein privates Gespräch während der Arbeitszeit gab es, wenn Reinwarth Grein zu einem seiner vielen Termine im Auto begleitete. Oder wenn Grein bei der Winzergemeinschaft in Repperndorf den neuen Landratsschoppen aussuchen musste – dann fragte er Reinwarth um Rat, der lange in der Weinprüfungskommission war. 

Peter Utsch, Vorsitzender der Freie Wähler Kreisvereinigung

2018 verabschiedete Armin Grein sich von der politischen Bühne. Zum Abschiedsbesuch in der Main-Post-Redaktion brachte er den damaligen Bezirkstagslistenkandidaten Peter Utsch mit.
Foto: Patty Varasano | 2018 verabschiedete Armin Grein sich von der politischen Bühne. Zum Abschiedsbesuch in der Main-Post-Redaktion brachte er den damaligen Bezirkstagslistenkandidaten Peter Utsch mit.

Mehr als 20 Jahre hat Peter Utsch mit Armin Grein zusammengearbeitet. "Er war ein Mann mit Charisma, er hat die Menschen in seinen Bann gezogen, ohne dass sie ihm blind hinterhergelaufen wären." Grein sei auch von seinen Kritikern parteiübergreifend stets geschätzt worden. Für Mehrheiten habe er kämpfen müssen, denn die Freien Wähler waren im Kreistag immer in der Unterzahl. "Ihm war aber wichtig, die anderen auch von seiner Meinung zu überzeugen – er wollte nie mit dem Kopf durch die Wand", erinnert sich Utsch.

Bevor er in die Politik ging, war Grein Lehrer – und die Verhaltensweise eines Lehrers hat er nie abgelegt, so Utsch. "Belehren, kritisieren und korrigieren, das konnte er so, dass der Kritisierte auch immer gut damit leben konnte." Diese Fähigkeit habe Grein ausgezeichnet. "Oft haben wir hinterher zu ihm gesagt 'Da kam der Herr Lehrer durch'. Das hat er nur mit einem Schmunzeln quittiert."

Fotoserie

Auch nach seiner aktiven Zeit im Amt habe Grein nicht aufgehört, sich bei den Freien Wählern vor Ort zu engagieren. "Er hat Wert darauf gelegt, dass er gefragt und eingebunden wird", so Utsch. So sei es auch Grein gewesen, der bei der Suche nach Kandidaten für die Landtagswahl 2018 Anna Stolz ins Spiel brachte.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Marktheidenfeld
Carolin Schulte
Dorothea Fischer
Katrin Amling
Anna Stolz
Armin Grein
Bürgermeister und Oberbürgermeister
Fasching
Freie Wähler
Hubert Aiwanger
Kultus- und Bildungsminister
Lehrerverbände
Stadt Marktheidenfeld
Thomas Schiebel
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top