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Marktheidenfeld
Trauer um Armin Grein: Gründer der Freien Wähler und Alt-Landrat von Main-Spessart gestorben
Armin Grein war Bürgermeister von Marktheidenfeld und 24 Jahre lang Landrat in Main-Spessart. Die Gebietsreform hatte ihn politisch motiviert. Er starb im Alter von 84 Jahren.
Armin Grein erhielt im Sommer 2023 eine Stele als 'Urvater der Freien Wähler', die er mitbegründete. Ortsvorsitzender Holger Seidel und die heutige Kultusministerin Anna Stolz überreichten die Ehrung. 
Foto: Roland Pleier | Armin Grein erhielt im Sommer 2023 eine Stele als "Urvater der Freien Wähler", die er mitbegründete. Ortsvorsitzender Holger Seidel und die heutige Kultusministerin Anna Stolz überreichten die Ehrung. 
Carolin Schulte
,  Felix Hüsch
 und  Klaus Gimmler
 |  aktualisiert: 15.07.2024 14:12 Uhr

Der Landkreis Main-Spessart trauert um seinen Alt-Landrat Armin Grein. Er starb am Sonntag im Alter von 84 Jahren.

Der gelernte Lehrer war bereits 1972 im Alter von 33 Jahren zum Bürgermeister von Marktheidenfeld gewählt worden. 1984 bewarb er sich um den Posten als Landrat von Main-Spessart – er gewann und blieb 24 Jahre lang im Amt. Als Landrat war es sein Anliegen, die vier Altlandkreise zu einem Main-Spessart-Kreis zusammenzuführen. Im Bezirkstag war Grein von 2003 bis 2018, sechs Jahre davon als Bezirkstagsvizepräsident. Er galt als guter Kommunikator und trug den Spitznamen "Charming Armin". In einem Interview zu seinem 80. Geburtstag sagte Grein: "Landrat in Bayern ist der schönste politische Beruf, den man haben kann."

Geboren wurde Grein 1939 in Aschaffenburg, er wuchs in Faulbach auf und lebte bis zu seinem Tod in Marktheidenfeld. Er hat zwei Töchter und einen Sohn. Er war unter anderem Ehrenbürger der Stadt Marktheidenfeld und Träger des Bayerischen Verdienstordens, der Kommunalen Verdienstmedaille in Gold und der Bayerischen Verfassungsmedaille in Silber.

Am 14. Mai 1984 wurde Grein als Landrat vereidigt. (Archivbild)
Foto: Karl Anderlohr | Am 14. Mai 1984 wurde Grein als Landrat vereidigt. (Archivbild)

Aiwanger: Grein hat die Wurzeln für die Freien Wähler gelegt

Die Gebietsreform und der Unmut darüber, dass sich die Zahl der Landkreise in Bayern halbieren sollte, hatten Grein motiviert, sich in der Kommunalpolitik zu engagieren. 1978 gründete er den bayerischen Landesverband der Freien Wähler und war von 1978 bis 2006 Landesvorsitzender in Bayern. Die Freien Wähler entwickelten sich aus Wählergemeinschaften auf kommunaler Ebene. Grein trat an, um zu zeigen, dass eine erfolgreiche Kommunalpolitik möglich ist, ohne Mitglied einer Partei zu sein – er war der erste parteilose Landrat in Bayern. Mit den Jahren wurde er zum Gesicht der Freien Wähler in ganz Deutschland.

Hubert Aiwanger ist Greins direkter Nachfolger auf dem Posten des Vorsitzenden. "Ohne Dich wäre ich nie Minister geworden und ohne Dich wären die Freien niemals so weit nach vorne gekommen", sagte Aiwanger 2019 zur Feier von Greins 80. Geburtstag. Grein scheute sich nicht, an seinem Nachfolger auch Kritik zu üben, etwa als dieser auf einer Demo in Erding 2023 Ausdrücke wählte, die eher von der AfD genutzt werden.

Kein Gefängnis in Marktheidenfeld: Grein folgte dem Willen der Bürger

Anekdoten aus Jahrzehnten in der Politik und der Geschichte der Freien Wähler fasste Grein 2023 in einem Buch zusammen: So handelt ein Kapitel von einer Radtour mit Dieter Thomas Heck, der seine Wette bei "Wetten, dass..." verloren hatte und vom Saarland durch die damalige DDR nach Berlin fahren musste. Grein wollte ihn auf dem Weg durch Main-Spessart begleiten und erlitt dabei einen Schwächeanfall. "Tour de Heck fordert ihr erstes Opfer", war in der Bildzeitung zu lesen.

Auch blickt er zurück auf einen Vorfall aus seiner Zeit als Bürgermeister: Grein hatte 1976 ein Gefängnis nach Marktheidenfeld holen wollen, um der Stadt Einnahmen und Arbeitsplätze zu verschaffen. Es gründete sich eine Bürgerinitiative gegen das Projekt. Grein ließ abstimmen und die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger lehnte das Vorhaben ab. Die Abstimmung war nicht bindend, aber Grein folgte dem Votum. Heute sei er froh, sagte er bei der Buchvorstellung im Mai 2023, dass es nicht zur Ansiedlung eines Gefängnisses gekommen ist, denn das vorgesehene Areal habe sich zu einem prächtigen Gewerbegebiet entwickelt.

Mit der 'Landra(d)ts-Tour', einer Fahrrad-Rundfahrt durch den Landkreis, gründete Grein eine Tradition, die seine Nachfolger und Nachfolgerin bis heute aufrechterhalten. Unser Bild zeigt Grein im Jahr 2006.
Foto: Nils Graefe | Mit der "Landra(d)ts-Tour", einer Fahrrad-Rundfahrt durch den Landkreis, gründete Grein eine Tradition, die seine Nachfolger und Nachfolgerin bis heute aufrechterhalten. Unser Bild zeigt Grein im Jahr 2006.

Aus dem Marktheidenfelder Rathaus hieß es am Donnerstag, Grein haben einen erheblichen Anteil an der Entwicklung der Stadt gehabt. In seiner Amtszeit als Bürgermeister realisierte er den Bau des Maradies-Bades, das heutige Wonnemar, und initiierte den Aufbau des dortigen Schulareals mit dem Bau der Mittelschule und den Gebäuden der Lebenshilfe. Marktheidenfelds Erster Bürgermeister Thomas Stamm zeigt sich vom Tod Armin Greins tief betroffen: "Marktheidenfeld verliert mit Armin Grein einen engagierten und leidenschaftlichen Politiker, der für Marktheidenfeld enorm viel geleistet hat und über alle Parteigrenzen sehr geschätzt wurde", betont Stamm.

Fotoserie

Sei Leben lang hatte Grein viele Ehrenämter inne, war zum Beispiel Vorsitzender der Herold-Altersheimstiftung, Mitglied der Sparkassenstiftung und engagierte sich für den Naturpark Spessart, der 1960 als erster Naturpark in Bayern gegründet wurde. Er machte sich schon früh dafür stark, den "Naturpark Spessart als Ganzes zu sehen" und dessen Sonderstellung unter Europas Waldgebieten auszubauen. Folgerichtig war er auch der erste Vorsitzende des Vereins Naturpark Main-Spessart e.V., den es seit 1963 gibt.

"Lebenswerk" Greins war die Lebenshilfe Marktheidenfeld

Sein wohl wichtigstes Ehrenamt war das bei der Lebenshilfe Marktheidenfeld. Dort zeigte Grein seit 1969 großen Einsatz für die Frühförderung, Therapie und auch spätere Schulbegleitung behinderter Kinder. Die langjährige Wegbegleiterin und ehemalige Geschäftsführerin, Marlies Grollmann, bezeichnet die Einrichtung als Greins Lebenswerk. "Lebenshilfe und Armin Grein spricht man in einem Atemzug", sagt sie über den ehemaligen Vorsitzenden, der dieses Amt von 1975 bis 2021 innehatte. "Je früher man beginnt, desto mehr kann man erreichen, auch bei Kindern mit Handicap", zitiert Grollmann sein Credo. Mit seinem Ausscheiden wurde er zum Ehrenvorsitzenden ernannt. 

Sein Amt als Vorsitzender der Lebenshilfe übernahm 2021 Thomas Klein, der ebenfalls in den höchsten Tönen vom sozialen Engagement des Altlandrats spricht und sich gut an die Übergabe erinnert. "Ich sage immer ironisch, dass er ein Trainee-Programm für mich erstellt hat, um mich schon in den Jahren vor seinem Ausscheiden in Projekte wie den Neubau der Berufsschulstufe zu involvieren", sagt Klein, der Greins "ungebremste Energie" bewundert.

Diese Energie zeigte er auch durch seine kernige Art als Politiker, wenn es darum ging, sich für Belange der Lebenshilfe einzusetzen. Für den Neubau der St.-Nikolausschule, letztlich ihm zu Ehren Armin-Grein-Haus genannt, ging Grein auch mal in die Konfrontation mit der Regierung oder dem Landratsamt, ohne sich abspeisen zu lassen, sagt Klein. "Um für die Menschen ein gutes Ergebnis zu erreichen, ist er immer drangeblieben."

 
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  • Stefan Fuchs
    Ich glaube Grein stand für ein konservatives, weltoffenes Korrektiv gegenüber der CSU.
    Schade das Populisten wie Aiwanger alles zerstören.
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  • Felix Habermann
    So einen Politiker wie Armin Grein
    bekommen wir so schnell nicht wieder.
    Armin - Ruhe in Frieden ! ! !
    Klaus Habermann - Ortsvorsitzender UWG Estenfeld e.V. ! ! !
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  • Jochen Freihold
    Sehr geehrter Leser, sehr geehrte Leserin, da es sich bei Ihrem Kommentar um eine Doublette handelt, wurde dieser gelöscht und nur einmal veröffentlicht. Mit freundlichen Grüßen, Emily-Sophie Schrodt Digital-Management Main-Post
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  • Jochen Freihold
    Armin Grein war als Landrat von Main-Spessart ein aufgeschlossener, wie zuverlässiger Gesprächs- und Verhandlungspartner. Ein Gentleman mit allzeit positiver Ausstrahlung ohne persönliche Eitelkeiten.

    Unvergessen auch sein Engagement für den Weintourismus als Vorsitzender "Fränkisches Weinland". Er bleibt beispielgebend unvergessen über die von ihm seinerzeit gegründeten Freien Wähler in Bayern hinaus. Möge er ruhen in Frieden.
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  • Simone Hüttl
    Herr Grein wird unvergessen bleiben. Danke, Herr Grein!
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  • Hartmut Haas-Hyronimus
    Er war ein Landrat und ein Kommunalpolitiker für alle, an ihm könnten sich viele ein Beispiel nehmen - vor allem einer.
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  • Alexander Hopf
    Wer denn?
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  • Hartmut Haas-Hyronimus
    raten Sie mal!
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  • Alexander Hopf
    Dazu habe ich keine Lust!
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  • Peter Koch
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Peter Bartosch
    Lieber Herr. H.H.H. , ich kann Sie verstehen, aber ich glaube nicht das es Herrn Grein gerecht wird, mit so einen in einem Atemzug genannt zu werden. Herr Grein verdient allen größten Respekt, und über den anderen sollten wir am besten in diesen Zusammenhang schweigen. Der hat niemals dieses menschliche Format.
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  • Ralf Eberhardt
    In Verbindung mit dem Tod von Herrn Grein bieten sich solche Vergleiche schlicht NICHT an. Punkt.
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  • Peter Bartosch
    Es gab nur wenige Politiker wie Herr Grein. Und heutzutage schon gar keinen mehr wie Ihn. Nicht populistisch nicht spalterisch und immer zu seinen Worten gestanden. Danke Herr Grein.
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