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WÜRZBURG
Nitrat im Grundwasser: Was bringt die neue Düngeverordnung?
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 08:57 Uhr

Ein Viertel des bayerischen Grundwassers ist mit Nitrat belastet. Seit Jahren ändert sich daran wenig. Vor wenigen Wochen erst hat Deutschland wegen der zu hohen Nitratbelastung im Wasser einen Rüffel von der EU kassiert. Jetzt verklagt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Bundesregierung, um schärfere Regeln fürs Düngen zu erzwingen. Die Politik könnte jetzt das große Rad drehen: weniger Massentierhaltung, weniger Gülle. Aber Deutschland versucht es mit einer neuen Düngeverordnung – die aber laut Naturschützern nicht ausreicht.

In Unterfranken wird der Nitratwert oft überschritten

Nitrat gelangt unter anderem durch intensives Düngen ins Grundwasser. Von Nitrat selbst geht eine geringe Gesundheitsgefährdung für Erwachsene aus. Durch Bakterien im Körper kann es jedoch zu Nitrit umgewandelt werden, was zwei Arten von Gefahren für den Menschen birgt: Einerseits gilt es als krebserregend, andererseits kann es bei Säuglingen den Sauerstofftransport im Blut verhindern, was sogar lebensgefährlich sein kann.

Eine Konzentration von über 50 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser gilt als bedenklich. In Unterfranken wird dieser Wert immer wieder überschritten. Doch nicht nur die intensive Landwirtschaft ist dafür verantwortlich. Es kommen weitere Faktoren erschwerend hinzu: In der Region gibt es zu wenig Niederschläge, die Böden sind recht durchlässig. Das führt dazu, dass der Nitrateintrag durch die vergleichsweise niedrige Grundwasserneubildung nicht stark genug verdünnt wird.

Mittelfristig sind Verbesserungen in Sicht

Seit Anfang des Jahres gilt eine neue Düngeverordnung. Die damit verbundenen Einschränkungen der Düngung, die Ausweitung von Sperrfristen oder die Vorgaben zur Einarbeitung von Dünger werden bereits von den Landwirten umgesetzt. „Die Effekte im Grundwasser werden erst allmählich messbar sein“, sagt Eugen Köhler, Pressesprecher beim Bayerischen Bauernverband, Bezirk Unterfranken. „Wir müssen hier in Dekaden rechnen, um Ergebnisse verifizieren zu können. Mittelfristig gehen wir von Verbesserungen aus.“

Ein hoher bürokratischer Aufwand

Landwirt Burkhard Ziegler aus Burggrumbach (Lkr. Würzburg) betreibt eine Schweinemast mit 1500 Plätzen, Ackerbau und eine Biogasanlage. Er muss nun für jedes seiner Felder einzeln berechnen, wie viel Gülle er wann ausbringen darf. „Das ist ein hoher bürokratischer Aufwand“, sagt er. Außerdem wurden die Ausbringzeiten verkürzt. Daher hat sich Ziegler eine neue Gülleanlage im Wert von 120 000 Euro angeschafft, um seine Gülle länger lagern zu können.

„Die neue Düngeverordnung ist dringend nachzubessern und zu verschärfen“, fordert Steffen Jodl, Geschäftsführer des Bayerischen Bund Naturschutzes (BN) in Würzburg. Er plädiert für deutlich niedrigere Düngungsobergrenzen in den belasteten Gebieten. „Nur mit einer Reduzierung der erlaubten Stickstoffüberschüsse können die hohen Nährstoffüberschüsse längerfristig zurückgefahren werden.“

Grundwasserschutz bleibt Daueraufgabe

Der Grundwasserschutz, der seit 2001 in ganz Unterfranken auch mit der „Aktion Grundwasserschutz“ betrieben wird, zeige Erfolge, „bleibt aber eine Daueraufgabe“, sagt Christian Guschker vom Sachgebiet Wasserwirtschaft bei der Regierung von Unterfranken. Gerade die Kooperation zwischen Wasserversorgern und Landwirten sei sehr wichtig für den Grundwasserschutz. Nitrateinträge in das Grundwasser seien schon messbar zurückgegangen, Mindererträge und Mehraufwand für die Bauern werden vom Wasserversorger freiwillig finanziell ausgeglichen.

60 Wasserversorger in Unterfranken kooperieren mit den hiesigen Landwirten und bezahlen ihnen Prämien für grundwasserschonende Bewirtschaftung. Der Hintergrund: „Ist erst mal zu viel Nitrat im Wasser, dann ist die technische Aufbereitung oder der Verschnitt mit sauberem Wasser für die Wasserversorger viel teurer“, sagt Guschker. Etwa 40 bis 60 Cent koste die technische Aufbereitung pro Kubikmeter Wasser, die Landwirte erhalten für ihre Kooperation umgerechnet zwei bis 20 Cent. „Die technische Aufbereitung ist nur eine Reparatur und nicht die Lösung des Problems.“

„Landwirtschaft muss sich umstellen“

Dem BN geht das nicht weit genug: „Die Landwirtschaft muss sich umstellen und grundwasser- und bodenschonend wirtschaften“, fordert Jodl. Verpflichtend für die Landwirte sollte auch die Anlage von Gewässerrandstreifen mit einer Breite von mindestens zehn Metern zum Schutz der Fließgewässer vor Dünger und Pestiziden sein.

Das Bayerische Landwirtschaftsministerium ist sich sicher, dass Effekte im Grundwasser mittel- bis langfristig messbar sein werden, da umgesetzte Maßnahmen erst mit zeitlicher Verzögerung ihre Wirkung zeigen. Wie sich die neue Verordnung auf die Nitratwerte auswirkt, kann sich erst im nächsten Bericht zeigen – und der ist erst 2020 fällig.

Aktion Grundwasserschutz

Die Aktion Grundwasserschutz wurde 2001 von der Regierung von Unterfranken ins Leben gerufen. Sie zielt darauf ab, die Bürger für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren, Eigenverantwortung zu wecken, Wege für eine grundwasserverträgliche Landwirtschaft zu entwickeln und Partner zusammenzubringen – für den Grundwasserschutz und eine nachhaltige Regionalentwicklung. Jüngstes Projekt ist das Wasserschutzbrot (Trinkwasserschutz durch weniger Dünger). Nach erfolgreichen Testphasen seit dem Jahr 2014, verzichten aktuell elf Landwirte in Unterfranken und Oberfranken beim Anbau ihres Backweizens auf die letzte Stickstoff-Gabe. Für den im Rahmen des Projekts geernteten Weizen mit einem geringeren Eiweißgehalt erhalten die Landwirte einen Ausgleich von ihrem örtlichen Wasserversorgungsunternehmen. Das grundwasserschonend angebaute Getreide wird in den Mühlen getrennt vermahlen und auch separat gelagert. Anschließend gelangt dieses Mehl ausschließlich zu den an diesem Projekt beteiligten Bäckern, die daraus das sogenannte Wasserschutzbrot backen. (clk)
 
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