
Eigentlich wollte der Marktheidenfelder Stadtbewohner nur das Unkraut vor dem Haus wegflammen: Plötzlich stand auch die benachbarte Konifere in Flammen. Noch bevor die Feuerwehr kam, konnte er den Brand mit Wassereimern löschen. Doch das Beispiel zeigt: Derzeit genügt ein kleiner Funke und Bäume sowie Sträucher stehen in Flammen.
Der Baum in der Marktheidenfelder Innenstadt ist umringt von vi el Beton. Aber der Vorfall zeigt, wie dramatisch ein Brand im Wald vonstatten gehen kann. In den Hitzeperioden der vergangenen Wochen herrschte lange Zeit Gefahrenstufe 4, unter anderem im Landkreis Main-Spessart. Fünf ist die höchste Stufe. Ab Stufe vier fliegen an den Wochenenden Luftbeobachter über Unterfranken, um eventuelle Brandherde so schnell wie möglich zu entdecken und zu bekämpfen.
Welche Waldbereiche in Main-Spessart besonders brandgefährlich sind?
"Wir haben überwiegend robusten Mischwald und breite, gut befahrbare Forststraßen, also recht gute Bedingungen für die Feuerwehr im Notfall", sagt Kreisbrandrat Peter Schmidt. Auch technisch ist man gerüstet: Sollte es wirklich zu einem Waldbrand kommen, stehen in Marktheidenfeld und Gemünden zwei Tanklöschfahrzeuge mit einem Fassungsvermögen von 5000 Litern Löschwasser und 500 Litern Schaum zur Verfügung. Darüberhinaus gibt es spezielle Fahrzeuge mit rund zwei Kilometer langen Schläuchen, die angefordert werden können, um weiter weg liegende Wasserzufuhren anzuschließen, so Schmidt. Hilfe aus der Luft anzufordern, sollte gut überlegt sein, erläutert der Kreisbrandrat. Der Einsatz kann schnell teuer werden. Grund: Die Hubschrauber müssen von der Polizei oder der Bundeswehr angefordert werden.

An welche größeren Waldbrände in der Region kann sich Kreisbrandrat Schmidt erinnern? Zum Beispiel an den Waldbrand in Steinfeld im August 2018: Drei Hektar Wald fingen hier Feuer. Mit Hubschraubern aus der Luft und vom Boden aus in Handarbeit gelang es den Einsatzkräften den Brand zu löschen. Eine große Hilfe waren die fünf Landwirte, die mit Jauchefässern Wasser von der Steinfelder Entnahmestelle holten.
Sehr viel länger her ist der Waldbrand 1976 bei Neustadt am Main, berichtet Schmidt. 40 Hektar Wald waren betroffen. "Damals waren alle Löschfahrzeuge des gesamten Landkreis im Einsatz", erinnert sich der Kreisbrandrat.
Haben sich Zahl und Größe der Einsätze verändert? Schwer zu sagen, so Schmidt. So gebe es eine ungewisse Zahl an Kleinbränden. Generell appelliert der Kreisbrandrat daran, umsichtig zu sein und sich an die Präventiv-Regeln zu halten (siehe Infokasten).
Wie brandgefährdet ist der Wald in Main-Spessart?
Für Verbote von Feuer oder Feuerwerken sind die Rathaus-Verwaltungen oder Verwaltungsgemeinschaften zuständig. Davon haben auch dieses Jahr bereits viele Gebrauch gemacht. "Die Verhaltensmaßnahmen kann jede Stadt im eigenen Ermessen verhängen", so Schmidt. So hat zum Beispiel die Gemeinde Triefenstein neben dem Betrieb von offenenFeuerstellen auch offene Holzkohlegrills, Feuerschalen und Böllerschießen verboten. In Karlstadt und Eußenheim hingegen ist das Grillen mit Holzkohle im privaten Bereich vom Verbot ausgenommen.
Wie brandgefährdet ist der Wald in Main-Spessart? Wolfgang Netsch, Abteilungsleiter im Amt für Landwirtschaft und Forsten und zuständig für den westlichen Bereich von Main-Spessart, sagt: "Man muss unterscheiden zwischen Spessart und Fränkischer Platte. Im Spessart ist es nicht ganz so trocken, die Temperaturen niedriger und es hat etwas mehr geregnet", erläutert er. Dagegen sei der Zustand auf der Fränkischen Platte extrem: "Dort haben wir Kalkkuppen mit steinigen Böden, die extrem wasserdurchlässig sind, das Wasser also sofort verschwindet", so Netsch.
Kiefern sind regelrechte Brandbeschleuniger
Zudem gibt es viele Kiefern. Harzreich wie sie sind gelten sie als regelrechte Brandbeschleuniger. Ihre lichten Baumkronen lassen Büsche und das darunter liegende Gras sprießen, das jetzt bei der Trockenheit verdorrt und somit hoch entzündlich ist. Eine Übersicht über die Waldbrandgefahr verschafft sich die Forstverwaltung anhand einer Karte (siehe Grafik). Gelb dargestellt sind die Bereiche mit erhöhte Waldbrandgefahr. Die Flächen stellen das vorläufige Ergebnis eines Computermodells dar, bei dem verschiedene Parameter eingeflossen sind, die die Waldbrandgefährdung beeinflussen. Darunter fallen zum Beispiel die Baumart, Alter der Bäume, Hangneigung, Exposition oder Bodenart, erläutert Stefan Feller vom Forstrevier Lohr.

Wie genau das aussehen kann zeigt Förster Peter Fritz aus Marktheidenfeld. Auf der Gemarkung "Steinerne Lage" bei Erlenbach begutachtet er die Trockenschäden, die sich in erster Linie durch den Befall der Bäume durch Schädlinge zeigen. Seit 1987 ist er in Marktheidenfeld Förster. "Früher gab es sogar eine Waldbrand-Rufbereitschaft am Wochenende", erzählt er. Drei Mal habe es in seiner Zeit bisher gebrannt, allerdings waren es immer überschaubare Brände von rund 100 Quadratmetern.
Woher bekommt die Feuerwehr ihr Wasser?
Die Rufbereitschaft gibt es nicht mehr. Der Forst wird aber weiterhin bei Waldbränden hinzugezogen, denn oft ist Ortskenntnis gefragt. "Woher bekommen wir das Wasser?", lautet zum Beispiel eine der dringlichsten Fragen. Ebenfalls können die Forstleute helfen, Glutnester in abgebrochenen Bäumen zu finden. Einen kleinen Vorteil hat der Wald dieses Jahr: Der regenreiche und kühle Mai hat der Natur gut getan. Dafür wirkt der extreme Sommer 2018 noch nach. "Die Vegetation ist gestresst rüber gegangen", so Wolfgang Netsch.

Wie der Wald Brand- und Trockenheitsresistenter werden kann? In dem der Wald umgebaut wird, von Nadelholz zu Laubholz und zu Baumarten, die mit Hitze und Trockenheit gut umgehen können wie zum Beispiel die Baumhasel oder die Roteiche. "Das sind allerdings riesige Flächen, um die es da geht, insofern kommt man nur langsam voran", so Netsch. Ein weiteres Problem: Hitzeresistente Bäume vertragen oft nicht gleichzeitig langanhaltende Fröste.
Wie sehr der kritische Zustand des Waldes im Bewusstsein der Bevölkerung angekommen ist? "Die Leute sehen: der Wald ist noch grün, also ist noch alles in Ordnung", so Netsch. Das Problem erkennt nur, wer auch die Details lesen kann. Doch diese weisen deutlich daraufhin: Der Wald braucht Hilfe, jetzt und in Zukunft.
Gefährdungsstufe 2: geringe Gefahr
Gefährdungsstufe 3: mittlere Gefahr
Gefährdungsstufe 4: hohe Gefahr
Gefährdungsstufe 5: sehr hohe Gefahr