
Die Aussicht auf Informationen zur geplanten Teilgemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete zog rund 180 Menschen in die Himmelstadter Mehrzweckhalle zur Bürgerversammlung. Tatsächlich hielten sich die neuen Informationen in Grenzen; sicher ist nun, dass das Landratsamt Main-Spessart den Bauantrag genehmigt hat. Mit Verweis auf eine gesonderte Infoveranstaltung zu der geplanten Unterkunft am 7. April streifte Bürgermeister Herbert Hemmelmann das Thema nur, allerdings folgten einige Wortmeldungen.
Die Unterkunft im Gewerbegebiet für bis zu 100 Geflüchtete hat das Landratsamt in der elften Kalenderwoche, Mitte März, genehmigt. Ohne Rücksprache mit der Gemeinde zu nehmen, die das gemeindliche Einvernehmen unter anderem mit Hinweis auf Leerstände und bebaubare Grundstücke versagt hatte, hieß es bei der Bürgerversammlung.
Diese Argumentation sei nicht berücksichtigt worden, schilderte der Bürgermeister: "Wir haben dazu nichts zu sagen, es wird auf unserem Rücken ausgetragen." Die Gemeinde werde jedoch gegen die Baugenehmigung klagen, die Klageschrift sei schon in Vorbereitung. Eine aufschiebende Wirkung habe das aber nicht. Die Zuständige der Verwaltungsgemeinschaft Zellingen bestätigt auf Anfrage, dass die Klageschrift am Freitag an das Verwaltungsgericht abgeschickt wurde. Etwas verwundert war der Bürgermeister, dass die Baugenehmigung nun doch ein paar Wochen gedauert hatte.
Landratsamt sieht keine Notwendigkeit zur tieferen Überprüfung
Die Anwältin der Gemeinde, Kathrin Schilling, hatte schon bei einer vergangenen Gemeinderatssitzung die Gegenargumente erläutert. In einem Schreiben an das Landratsamt präsentierte die Gemeinde diese Argumente im Anschluss an die Sitzung im Februar. Darin fordert die Gemeinde das Landratsamt unter anderem dazu auf, den tatsächlichen Bedarf im Gemeindegebiet darzulegen.
Außerdem wird argumentiert, die Unterkunft könne auf anderen unbebauten Grundstücken gebaut werden und nicht im Gewerbegebiet. Der Standort sei ungeeignet für wohnähnliche Unterbringung und die wenigen noch verbleibenden Gewerbegrundstücke sollten für die gewerbliche Nutzung freigehalten werden. Die Gemeinde sei bereit, an der Ermittlung und Festlegung geeigneter Standorte aktiv mitzuwirken.
Auf Nachfrage dieser Redaktion erklärt das Landratsamt, dass die genannten anderen Grundstücke teilweise im Außenbereich oder Überschwemmungsgebiet liegen oder zu klein seien und sich zudem überwiegend in Privateigentum befinden würden. Da der Regierung von Unterfranken kein konkretes Angebot zur Überlassung eines Grundstücks unterbreitet worden sei, habe sich keine Notwendigkeit einer tiefergehenden Überprüfung ergeben.
Laut gesetzlicher Regelung wird die jeweils zuständige Gemeinde im Bauantragsverfahren durch Abgabe einer Stellungnahme beteiligt, heißt es weiter vom Landratsamt. In diesem Fall sei die Gemeinde ein zweites Mal beteiligt worden, und zwar bei einer Anhörung. Wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, sei das Landratsamt gesetzlich verpflichtet, den Bauantrag zu genehmigen; es bestehe kein Ermessensspielraum.
In Kindergarten und Grundschule sind Plätze frei
Ein paar Fragen stellten Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreter eines "freiwilligen Arbeitskreises", die bei Interesse eine Bürgerinitiative gründen wollen, bei der Bürgerversammlung. Etwa, wie es angesichts von 70 Männern und 30 Familien in der Unterkunft mit den Kindergarten- und Schulplätzen aussehe, es sei ja mit mindestens 15 zusätzlichen Kindern zu rechnen.
Dazu sagte der Bürgermeister, vom Kindergarten bis zur neunten Klasse würden für die Kinder Deutschlerngruppen eingerichtet, und die seien ausnahmslos in Karlstadt. Auch seien im gemeindlichen Kindergarten und in der Grundschule Plätze frei. Zumindest für den Kindergarten konnte die Vorsitzende des Johanneszweigvereins, Vanessa Strüver, "Entwarnung" geben. Dank des neuen Gebäudes könnte man allen Himmelstadter Kindern Plätze anbieten und habe noch Luft nach oben.
Im Vorlauf der Versammlung hatte die Interessengemeinschaft Flyer im Ort verteilt, auf denen unter anderem "Sorgen und Bedenken" aufgelistet sind. Generell gehe es darum, dass Investoren, Regierung, Landkreis, Gemeinde und Bürger gemeinsam an einer nachhaltigen und fairen Lösung arbeiten. Mit Ideen für ein lebenswertes Himmelstadt. Von einer fremdenfeindlichen Gesinnung nehme man ausdrücklich Abstand.
Das Thema belaste die Bürger, die Mehrheit sei gegen die Unterkunft, sagte Gemeinderat Wolfgang Kübert. Deshalb sei die eigene Informationsveranstaltung wichtig und richtig. Er warb für eine sachliche und faire Diskussion sowie einen respektvollen Umgang. Beteiligte hätten bereits Hassmails bekommen, das könne nicht sein.
Kritik: Zu wenige und zu späte Informationen
Die Interessengemeinschaft kritisierte zudem, dass zu wenig und zu spät informiert worden sei. Der Verpächter des Grundstücks im Gewerbegebiet habe sich schon sechs Wochen vor der ersten Behandlung im Gemeinderat über einen nicht genehmigten Antrag beschwert. Auch gab es Kritik, die Bevölkerung habe von dem Vorhaben erst aus der Zeitung erfahren.
Darauf antwortete Bürgermeister Hemmelmann, jeder Bürger habe die Möglichkeit, die Gemeinderatssitzungen zu besuchen. Die offizielle Information sei aus seiner Sicht der Bauantrag gewesen. Dazu konterte Gemeinderat Kübert, anders als in einer Infoveranstaltung könnten Bürger im Gemeinderat nicht einfach Fragen stellen, sondern erst, wenn alle Räte zustimmen. Es habe im Rat immer Stimmen gegeben, die Leute mitzunehmen und mehr Informationen nach draußen zu geben. Der Bürgermeister hielt dagegen, der Gemeinderat sei hier nicht einer Meinung gewesen.
Eine Bürgerin relativierte, es würden große Ängste geschürt. Sie gab zu bedenken, wie schwer es sein müsse, wenn man aus der Heimat fliehen und in der Fremde ein neues Zuhause suchen müsse.
Politiker verschiedener Gremien zur Infoveranstaltung eingeladen
Die Infoveranstaltung findet am 7. April um 19 Uhr in der Mehrzweckhalle in Himmelstadt statt. Eingeladen hat die Gemeinde Vertreter der Regierung von Unterfranken, der Polizei Karlstadt und alle Mandatsträger des Bezirks-, Land- und Bundestags. Landrätin Sabine Sitter komme definitiv, die Investoren seien von der Gemeinde nicht extra eingeladen worden, könnten aber auch kommen, so der Bürgermeister auf Nachfrage der Redaktion.
Die geladenen Teilnehmenden hätten auf dem Podium die Möglichkeit, ihr Statement abzugeben. Er selbst werde nur kurz auf die aktuelle Sachlage eingehen, die Anwältin werde auch referieren. Die Interessensgruppe werde, solange sie keine Bürgerinitiative ist, nicht aufs Podium gebeten, erklärt Hemmelmann. Er vermutet, dass die Gruppe aktuell aus vier bis acht Leuten bestehe. Die Dauer der Veranstaltung richte sich nach den Fragen aus dem Publikum.