Normalerweise sind Polizeibeamte wichtige Zeugen in einem Strafverfahren. In Kitzingen sind jetzt ein Polizist und seine Kollegin in einer anderen Rolle aufgetreten, als Angeklagte. Dem 42-Jährigen wurde unerlaubtes Entfernen vom Unfallort vorgeworfen, seiner Kollegin Beihilfe und versuchte Strafvereitelung.
Der Beamte und die Beamtin wurden zu Geldstrafen verurteilt. Die 32-Jährige muss 3200 Euro (40 Tagessätze zu 80 Euro) zahlen und die Kosten des Verfahrens tragen. 3200 Euro (40 Tagessätze zu 80 Euro) Geldstrafe sind es auch bei dem Unfallverursacher. Dazu kommt der Entzug der Fahrerlaubnis für neun Monate. Ob die Strafen disziplinarrechtliche Folgen haben und welche, ist derzeit noch offen, aber wahrscheinlich.
Einspruch eingelegt
Öffentlich wurde die Sache, weil beide Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt hatten. Damit kam es zur Verhandlung vor dem Amtsgericht. Und für die hatte Richterin Patricia Finkenberger zwölf Zeugen aufgeboten. "Ich habe alle geladen, die irgendwo in der Nähe waren", sagte sie.
Gebraucht wurden sie nicht alle. Als sich herausstellte, dass an der Fahrerflucht kein Weg vorbei führte und die Chancen für ein günstigeres Urteil immer geringer wurden, zog der 42-jährige Polizeibeamte seinen Einspruch zurück. Damit hat er das unerlaubte Entfernen eingeräumt. Der Mann hat am 13. September 2020 nach einer Geburtstagsfeier in Dettelbach gegen 4 Uhr einen Unfall verursacht. Er war in der Weingartenstraße von der Fahrbahn abgekommen. Das Auto hatte sich überschlagen, das Schild eines Einkaufsmarktes beschädigt, einen Obstbaum "geköpft" und einen Grenzstein beschädigt. Trotz des Schadens in Höhe von fast 3300 Euro hatte der Verursache den Unfallort verlassen, ohne auf die Polizei zu warten.
Verantwortlich gefühlt
Und dabei kommt die Kollegin ins Spiel, die zu der Geburtstagsfeier geladen hatte. Sie hatte der beim Unfall unverletzt gebliebene Fahrer angerufen. Ein 27-Jähriger, ebenfalls Polizist, der gerade Freunde von der Feier abholen wollte, hatte die Kollegin zur Unfallstelle gefahren. Über den weiteren Ablauf gab es im Detail unterschiedliche Versionen. "Ich habe mich als Gastgeber verantwortlich gefühlt, wollte eigentlich nur helfen und nichts unter den Tisch fallen lassen", sagte die Polizistin. "Von einer Aussagenvielfalt, die nicht zu überbieten ist", sprach der Verteidiger der Frau mit Blick auf die Zeugen.
Mögliche Alkoholfahrt?
Fest stand danach dennoch: Der Unfallverursacher ist in das Auto des 27-Jährigen eingestiegen und hat sich wegfahren lassen. Als dem jungen Polizisten dämmerte, dass etwas nicht stimmen kann, ist der 42-Jährige ausgestiegen und verschwunden. Ob die Frau den Mann zum Auto gebracht hat und wie weit, dazu gab es unterschiedliche Aussagen. Dass sie ihn in irgendeiner Form begleitet hat, stand für die Anklage fest. Und auch, dass sie die inzwischen eingetroffenen Sanitäter aufgefordert hat, weiter zu fahren. Zudem soll sie erklärt haben: "Ich kümmere mich um die Sache." Obwohl sie vor Gericht betonte, sie habe damit nur die Bergung des Autos gemeint, stand der Verdacht im Raum, dass da etwas verschleiert werden sollte. Von einer möglichen Alkoholfahrt war die Rede.
Kurz nach den Sanitätern war auch die von Nachbarn informierte Polizei vor Ort. Weil da schon bekannt war, dass das Unfallauto einem Kollegen aus der Polizeiinspektion Kitzingen gehörte und Interessenskonflikte im Raum standen, hat die Einsatzzentrale eine Streife aus Werneck nach Dettelbach beordert. Die übernahm die Ermittlungen, an deren Ende die Strafbefehle für die Kollegin und den Kollegen standen.
Die hörten in der Verhandlung deutliche Worte: "Unfassbar, dass wir hier sitzen", sagte die Staatsanwältin. Solche Unfallszenen seien Tagesgeschäft für die Beamten, die Reaktionen in diesem Fall völlig unverständlich. Sie sprach von einer "unfassbaren Geschichte" und "einem Vertrauensverlust nach außen". "Warum haben Sie Ihrem Kollegen nicht einfach gesagt, bleib da", fragte sie die Polizistin – ohne eine Antwort zu bekommen.
Von Glück kann dann derjenige reden, der nicht in die "Fänge" solcher Polizisten kommt.