
Anton Hofreiter und die zahlreichen Anwesenden der Grünen Main-Spessart stehen im ersten Stock des Firmengebäudes des Maxl Bäck in Zellingen und ziehen sich ihre frisch ausgeteilten Haarnetze über. Helmut Bregenzer – er und seine Frau führen das Familienunternehmen gemeinsam mit ihren Söhnen in fünfter und sechster Generation – richtet eine Bitte an den Bundestagsabgeordneten, der auf seiner mainfränkischen Runde zwei Stunden im Landkreis Main-Spessart eingeplant hatte.
"Sie kommen kurz vor der Wahl, aber wir hoffen, dass unsere Anliegen auch nach dem Wahltag nachhallen", wünscht sich Bregenzer. "Nein, wir kommen natürlich nur vor der Wahl, um Stimmen abzukassieren", erwiderte Hofreiter mit ironischem Unterton. Der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag ließ sich am Dienstagnachmittag zunächst die Backstube von Maxl-Bäck zeigen und tauschte sich anschließend im Zellinger Pfarrheim mit Vertretern mehrerer Bürgerenergiegenossenschaften im Landkreis aus.
Bürokratie schränkt ökologisches Arbeiten ein
Beim ersten Termin führte Felix Bregenzer die Gruppe, zu der auch die Kreisvorsitzenden Gerhard Kraft und Verena Frey sowie Bundestagswahl-Direktkandidat Peter Weis gehörten, durch die Backstube. Er ordnete die Dimensionen des Vollsortimenters mit 25 Filialen in Mainfranken ein und kam dabei wiederholt auf Herausforderungen zu sprechen, denen sich das Unternehmen in ökologischer Hinsicht ausgeliefert sieht. "Wir haben keine Bio-Zertifizierung, weil die mit einem riesigen bürokratischen Aufwand verbunden ist", sagt Bregenzer.
Generell zeigt Bregenzer Bereitschaft, mehr mit erneuerbaren Energien zu arbeiten, vermisst in diesem Zusammenhang aber politische Unterstützung für den Mittelstand. Der sei ihm auch in der medialen Debatte unterrepräsentiert. "Ich bin offen für Wasserstoff, ich bin offen für PV, aber Mittelständler brauchen mehr Planungssicherheit. Ich bin mit dem Bayernwerk und anderen Stellen auch im Gespräch darüber, wie ich Ladesäulen herbekomme", erklärt der Unternehmer. Mit seinem Bruder und seinem Vater war er sich einig, dass gerade der Mittelstand viele Themen hat, die Politiker wie Anton Hofreiter nach Berlin transportieren sollten.

Drei Genossenschaften vertreten
Für den Anschlusstermin wurde Hofreiter im Zellinger Pfarrheim von Vertretern der Arnsteiner Bürger-Energie, der Bürgerenergie Frammersbach und der Bürgerenergiegenossenschaft Zellingen erwartet. Die jeweiligen Vorstände stellten dem Abgeordneten ihre Projekte vor und sprachen Herausforderungen an.
Hans-Werner Meyer aus Zellingen etwa beklagte die nicht nur in Bayern überlasteten Netze. "Wir bekommen den Strom, den wir produzieren, nicht eingespeist. Dann führt das, was wir machen, irgendwann zu nichts mehr", moniert er. Hofreiter erklärte, warum die Überlastung gerade in Bayern ein Problem sei: "Wir haben hier viel PV und wenig Windkraft. Dieses Missverhältnis bringt Netze vor große Schwierigkeiten, haben mir Netzbetreiber gesagt." Würde man Windkraft weiter ausbauen, könne auch noch mehr PV ausgebaut werden, so der 55-Jährige.
Werner Friedel aus dem Vorstand der Bürgerenergie Frammersbach spricht auch das Bayerische Beteiligungsgesetz an, das sich aktuell in der Lesung befinde und im Landtag behandelt wird. Der Gesetzesentwurf sieht die Einführung einer verpflichtenden finanziellen Bürger- und Gemeindebeteiligung an neuen Windenergie- und Photovoltaik-Freiflächenanlagen vor. "Für uns in den Genossenschaften bedeutet das deutlich mehr Sicherheit, wenn die Beteiligungsbeiträge höher wären", so Friedel.
Hofreiter: Belange überparteilich in den Landtag tragen
In diesem Zusammenhang warb Hofreiter dafür, eine überparteiliche Gemeindeallianz zu bilden, da die Grünen im bayerischen Landtag "nicht gerade eine Mehrheit" hätten. "Ihr müsst denen klarmachen, dass sich das alle Gemeinderäte und der Bürgermeister so und so vorstellen. Das kommt gut an, ist nicht parteipolitisch und wirkt im Normalfall." Wichtig sei, dass die Bürgermeister mit ihren Landtagsabgeordneten das Gespräch suchten.

Als Kreisvorsitzender der Grünen sprach Gerhard Kraft das Regionalwerk Main-Spessart an. Das soll als ein Ergebnis der Besprechung einiger Bürgermeister vor einem guten Jahr als GmbH gegründet werden. Wie Kraft darstellt, begrüßen die Grünen zwar die Gründung, hätten sich aber einen alternativen Aufbau gewünscht. In dem Konstrukt aus Kommunen, dem Landkreis und den Energieversorgungsunternehmen (EVUs) würden seiner Ansicht nach die BEGs zu spät berücksichtigt. "Die reden erst mit, wenn es um die Umsetzung von Projekten geht. Wir hätten das umgedreht und wollten, dass die Energieversorger später in den Projekten beteiligt werden", macht Kraft deutlich.
Flächensicherung über Genossenschaften schwierig
Bei besagter Bürgermeister-Runde dabei gewesen ist der Arnsteiner Bürgermeister Franz-Josef Sauer. Er saß auch im Zellinger Pfarrheim und erwiderte auf Krafts Kritikpunkt: "Das Ziel sollte eine Flächensicherung in den Kommunen sein, um Wertschöpfung von außen zu verhindern. Die Genossenschaft kann erst tätig werden, wenn die Flächensicherung da ist und andere können nun mal viel mehr Geld bieten", sagt Sauer. Es brauche daher eine kluge Allianz zwischen allen lokalen Playern.
Anton Hofreiter bedankte sich für das genossenschaftliche Engagement in der Region und stellt fest: "Wir müssen es vereinfachen, die Wertschöpfung in der Region zu halten und dafür sorgen, dass nicht mehr Milliarden Euro für Energie in schwierige Länder wie Russland abfließen."
Leider nicht bei seiner Aussage, wohin die Milliarden Euro für Energie fließen. Die gehen nämlich nicht nach Russland, sondern in Trumps USA und nach wie vor an die Araber. Russland-Bashing kommt halt viel besser an bei den Anhängern der einstigen Friedenspartei.