Das Umweltministerium scheint das beim Bischborner Hof westlich von Lohr geplante Naturerlebniszentrum, zweites Standbein des im Hafenlohrtal geplanten Eichenzentrums, torpedieren zu wollen. Im Doppelhaushalt für die Jahre 2019/2020, den das Kabinett vergangene Woche beschlossen habe, seien "aktuell keine Mittel für den Aufbau der von der vorherigen Staatsregierung konzipierten Naturbegegnungsstätte Spessart" vorgesehen, teilte Thomas Marzahn, Pressesprecher der Umweltministeriums auf Anfrage der Redaktion mit. Also auch kein Geld für die Planung.
Landtagsabgeordneter Thorsten Schwab (CSU), nicht gerade bekannt für ungezügelt scharfe Kritik, wird in dieser Angelegenheit ungewöhnlich deutlich: "Das ist eine Riesensauerei, was Thorsten Glauber da veranstaltet", kritisiert der Bürgermeister von Hafenlohr (Landkreis Main-Spessart) Bayerns neuen Umweltminister von den Freien Wählern. "Das ist nicht so toll, wenn er Dinge einkassiert, die sein Chef versprochen hat." Guter Stil wäre es laut Schwab, wenn der Umweltminister die Vorgaben des vorherigen Kabinetts übernähme.
Wie berichtet, fußt das Spessart-Projekt, das Ende Juli 2018 vom Bayerischen Kabinett beschlossen wurde, auf zwei Säulen: So soll das Hofgut Erlenfurt im westlichsten Zipfel des Landkreises Aschaffenburg für rund 26,5 Millionen Euro saniert und zu einer "waldpädagogischen Bildungseinrichtung" ausgebaut werden – eine Idee, die der ehemalige Landtagsabgeordnete Peter Winter aus Waldaschaff (Landkreis Aschaffenburg) ausgebrütet hatte. Es wird vom Landwirtschaftsministerium vorangetrieben.
Zentrum mit Aussichtsturm und Waldspielplatz
Das Naturerlebniszentrum am Bischborner Hof hingegen ist das Baby von Thorsten Schwab. Dieses Zentrum mit Aussichtsturm und Waldspielplatz, für das elf Millionen Euro im Gespräch sind, soll vom Umweltministerium verwirklicht werden – so der Plan.
Doch im Gegensatz zum Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, das sich sofort an die Umsetzung machte, einen Beirat gründete und zu planen begann, tat das Umweltministerium erst einmal nichts und wartete die Landtagswahlen ab. Dass die Freien Wähler von der Naturoffensive des jetzigen Ministerpräsidenten Markus Söder nicht sonderlich angetan waren, ist hinreichend bekannt. So ist es auch nachzuvollziehen, wenn Glauber sich jetzt quer legt.
Erste Anzeichen gab es bereits im Dezember: Der gerade abgetretene Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Fahn (Erlenbach am Main) forderte Glauber auf, sich für einen Planungsstopp für das Eichenzentrum einzusetzen. Promt ließ das Umweltministerium einen vereinbarten Gesprächstermin mit Vertretern aus Politik und Verbänden aus dem Spessart wenige Tage später platzen. "Ich krieg das ja seit zwei Monaten mit, was da für ein Spiel gespielt wird", sagte Schwab im Gespräch mit der Redaktion. Wenn er Glauber auf dieses Thema hin anspreche, bekomme dieser einen roten Kopf, so der 44-jährige Abgeordnete. "Vielleicht muss er sich erst in seine Rolle einfügen."
Auch für das Eichenzentrum sind nur 500 000 Euro eingestellt
Vom Tisch ist das Thema jedoch nicht. Darauf deutet von Marzahns Formulierung hin, dass "aktuell" kein Geld eingeplant sei, "solange offene Fragen vor Ort nicht geklärt sind". Damit sei keine abschließende Entscheidung über die Realisierung des Projekts verbunden. Dazu kommt: Auch für das Eichenzentrum sind im Doppelhaushalt nur 500 000 Euro eingestellt, wie aus München zu erfahren war. Damit werden Gutachten, Untersuchung und Planung finanziert. Man geht offenbar davon aus, dass heuer keinesfalls mit Baumaßnahmen begonnen wird. Sollte das 2020 der Fall sein, könnte man Kosten allenfalls im Nachtragshaushalt einplanen.
Söder habe die Staatskanzlei beauftragt, die beiden Ministerien an einen Tisch zu holen, um die Angelegenheit "in freundschaftlichem Miteinander" zu lösen, führte Schwab aus. Er sei sich sicher, dass es noch Verschiebungen geben werde. Schließlich sei es der Landtag, der im Mai die endgültige Entscheidung über den Haushalt zu treffen habe.
Offenbar kein Interesse am Jagdschloss Luitpoldshöhe
Indes fiel der Vorschlag der Naturschutzverbände, anstelle des Hofguts Erlenfurt das Jagdschloss Luitpoldshöhe bei Weibersbrunn zu einem Waldzentrum auszubauen, offenbar nicht auf fruchtbaren Boden. Die Familie Taupp, die das vor 130 Jahren gebaute Schlösschen vom Freistaat erworben und renoviert hatte, bot im November öffentlich den Rückverkauf an. Doch seitdem herrscht absolute Funkstille. "Nichts, gar nichts" habe sich getan, so Georg Taupp, dessen Kinder jeweils zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaften an der Autobahnraststätte Spessart sind.
In diese Diskussion mischte sich schließlich auch noch der ehemalige Abgeordnete Eberhard Sinner ein. Er führte nicht nur Argumente gegen eine Verlegung des Eichenzentrums vom Hafenlohrtal an die Autobahn an, sondern holte auch eine von ihm angestoßene Machbarkeitsstudie des Landesamts für Denkmalpflege für die Luitpoldshöhe von 2003 aus der Schublade. Damit reaktivierte er seinen Vorschlag, dort (so denn der Freistaat es zurückkauft) ein Luitpold-Museum einzurichten - betrieben von der Bayerischen Schlösserverwaltung oder dem 2015 gegründeten Verein "Kulturerbe Bayerns".