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Main-Spessart
Teure Bundeswehr-Tanker: Werden Millionen Euro verschwendet für die neue "Spessart"?
Die Tanker "Spessart" und "Rhön" müssen ersetzt werden. Die Nachfolgeschiffe werden offenbar zu stark überhöhten Preisen mit verminderter Leistungsfähigkeit beschafft.
Der Marinetanker 'Spessart' ist in die Jahre gekommen.
Foto: Rolf-Heinrich von Bebern | Der Marinetanker "Spessart" ist in die Jahre gekommen.
Markus Rill
Markus Rill
 |  aktualisiert: 08.02.2024 21:37 Uhr

Seit 45 Jahren sind die Tankschiffe "Spessart" und "Rhön" im Dienst der Bundeswehr-Marine. Schon seit Jahren fahren die beiden 130 Meter langen, halb-maroden "Betriebsstofftransporter" nur noch mit Ausnahmegenehmigungen, einige Häfen dürfen sie gar nicht mehr anlaufen. Sie sollen Ende 2023 stillgelegt werden; moderne Ersatzschiffe sind bereits bestellt. Wie Recherchen von NDR, Süddeutscher Zeitung und WDR belegen, werden diese neuen Tanker allerdings zu weit überzogenen Preisen angeschafft.

Tankschiffe werden dringend benötigt

Klar ist: Die Tanker werden bei den Missionen von NATO und den Vereinten Nationen gebraucht. Die "Spessart" war von September bis Dezember 2021 im östlichen Mittelmeer im Einsatz. Mitte April wird sie vom Marinehafen in Kiel wieder dorthin ablegen. "Spessart" und "Rhön" verfügen aber nicht über die bereits seit 2005 vorgeschriebene doppelte Außenhülle. Bei einer Havarie droht eine Umweltkatastrophe durch auslaufenden Diesel.

Die 'Spessart' (Mitte) beim gleichzeitigen Betanken zweier anderer Schiffe.
Foto: Rolf-Heinrich von Bebern | Die "Spessart" (Mitte) beim gleichzeitigen Betanken zweier anderer Schiffe.

Deshalb hat das "Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr" – im Volksmund "Beschaffungsamt" – schon 2017 von Beratern die Kosten für zeitgemäße Ersatztanker schätzen lassen. Mit rund 568 Millionen Euro sei zu rechnen, hieß es. Der Schiffsbau wurde nur in Deutschland ausgeschrieben, 2020 erhielt die Bremer Werft Naval Vessels Lürssen (NVL) den Auftrag. 2025 sollen die neuen Tanker in Dienst genommen werden. Der wesentlich schneller realisierbare Umbau ziviler Tanker wurde verworfen.

Trotz Sparmaßnahmen noch viel zu teuer

Nun stellt sich aber heraus, dass die neuen Schiffe weit teurer werden als geschätzt. Sie sollen laut SZ rund 870 Millionen Euro kosten, der NDR berichtet gar von 914 Millionen Euro. Und nicht nur das: Weil sich ein noch drastischerer Preisanstieg abzeichnete, wurde an der Leistung gespart. Die Tanker fassen statt der geplanten 15.000 Kubikmeter Füllstoff nur noch 12.000, werden größeren Tiefgang haben und – was die erheblichste Einschränkung bedeutet – sie verfügen nur noch über eine Antriebswelle statt der geplanten zwei. Bei modernen Tankern gehört der zweite Antrieb zum Standard, da er die Manövrierfähigkeit der Schiffe sicherstellt.

Der Bundesrechnungshof meldete deshalb "erhebliche Zweifel" an der Wirtschaftlichkeit des Angebots an und stellte fest, die Bundeswehr habe zudem "vor Vertragsschluss auf sachgerechte Fähigkeiten verzichtet". Der Haushaltsausschuss des Bundestages leitete daraufhin eine Preisprüfung durch das Beschaffungsamt der Bundeswehr ein, das zu der Einschätzung kam, der Preis sei "deutlich überzogen".

Derartige Warnungen habe es bereits vorher gegeben. Die Beamten hätten sogar empfohlen, den Vertragsabschluss mit NVL "als gescheitert zu erklären und das Projekt im Vergabeverfahren europaweit neu auszuschreiben", schreibt die Süddeutsche. Die Amtsleitung habe aber Loyalität eingefordert und dem Verteidigungsministerium offiziell empfohlen, den hohen Kaufpreis zu akzeptieren.

Dem NDR teilte die Lürssen-Werft mit, der Preis für die neuen Tanker sei "marktüblich". Experten beziffern ihn jedoch als um mindestens 250 Millionen Euro zu hoch. Die britische Marine habe nämlich für rund 650 Millionen Euro gleich vier neue Tankschiffe herstellen lassen.

Bernd Rützel (SPD) und Alexander Hoffmann (CSU), Bundestagsabgeordnete aus dem Landkreis Main-Spessart, haben sich schon vor einiger Zeit per Brief an die frühere Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer dafür eingesetzt, dass einer der neuen Tanker wieder den Namen "Spessart" tragen soll. Womöglich bereuen sie das nun. Wer will schon mit der Verschwendung von Steuergeldern in großem Stil in Verbindung gebracht werden?

 
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  • E. H.
    Die Rüstungsindustrie leistet halt gute Lobbyarbeit!
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  • R. M.
    OK, was ich verstehe: der Verteidigungsetat wurde in den letzten Jahren erhöht. Der Zustand der Bundeswehr hat sich glaubt man der Berichterstattung aber nicht verbessert. Wo geht das ganze Geld hin? Teuere Berater? Überhöhte Preise? ..? Das verstehe ich nicht. Berichtet doch bitte mal darüber, wie und wo diese Mittel eingesetzt werden. Sind es die Auslandseinsätze? Was verhindert die substanzielle Verbesserung der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr mit vorhandenen Mitteln?
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    was uns fehlt ist eine europäische Verteidigungspolitik. Eine Beschaffung auf europäischer Ebene. Es sind nicht die Beamten die eine kostengünstige Wehrhaftigkeit verhindern. Es sind die Abgeordneten der Altparteien, FDP,SPD und CSU/CSU die , koste es was es wolle, Rüstungsprojekte in ihren Wahlkreis holen wollen. Egal was es kostet.
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  • H. S.
    Und da gibt es immer noch Leute die erzählen, und andere die das glauben, dass die Bundeswehr unter Merkel kaputtgespart wurde.
    Dabei kann jeder nachlesen, dass der Verteidigungsetat nach dem roten Minister Struck
    - "Deutschlands Freiheit wird am Hindukusch verteidigt"- von 32 Mrd Euro 2005 auf 52 Mrd Euro 2020 erhöht wurde.
    Trotzdem haben wir nur einen Schrotthaufen
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  • H. V.
    Man muss sich auch fragen, warum die Bundeswehr nicht von vornherein koordiniert mit anderen europäischen Marinen der NATO europaweit mit einer höheren Stückzahl ausschreibt. Das wird die Produktionskosten pro Stück senken. Es könnten ja auch zwei Werften gemeinsam sich bewerben. Aber vielleicht ist echter Wettbewerb gar nicht gewollt, weil sich in den Fluren in Berlin Lobbyisten rumtreiben..?
    Unfassbar ein Tanker mit 1 Antriebswelle. Die einzige Antriebswelle fällt aus irgendwelchen Gründen, Defekten, milit. Angriffen aus und der Tanker ist sofort manövrierunfähig. Ein Horror jedes Kapitäns!
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  • A. H.
    Die landläufig Beschaffungsamt genannte Behörde müsste in Geldvernichtungsamt umbenannt werden. Müssen den für Beschaffung immer so hohe Anforderungen gestellt werden, die die Kosten nur unnötig in die Höhe treiben. Könnte man sich nicht aus dem Produktkatalog der Industrie bedienen und dann bei den Sicherheitsanforderungen entsprechend nachrüsten? Und für was braucht man eine Behörde mit 11000 Mitarbeitern die so ineffizient und verschwenderisch ist.
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  • T. D.
    Wir haben einfach zu viele Bürokraten und Nichtsdenker in unseren Ministerien sitzen .
    Wenn diese mal selber zahlen müssten , was sie sinnlos verschwenden ohne Plan und
    Verstand , wäre die Hälfte davon schon lange in Insolvenz . Die verschwenden einfach nur
    Steuergelder und werden dafür auch noch viel zu gut bezahlt !
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  • C. K.
    Die Hälfte..?
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