Eine Autobahn, nicht um möglichst schnell von Bad Hersfeld nach Würzburg zukommen, sondern beim "Autowandern" möglichst die Schönheiten der deutschen Landschaft zu erleben: Dafür war ursprünglich die Reichsautobahn, Strecke 46, geplant. Heute ist die nie vollendete und fast vergessene Autobahn ein bekanntes Technikdenkmal. Versteckt in der Natur finden sich vielfach Teile der längsten historischen Autobahnruine Deutschlands. Deren Geschichte erfuhren die Besucherinnen und Besucher bei den Führungen zum bundesweiten Tag des offenen Denkmals an den früheren Bauwerken der Autobahnbaustelle.
Stünden nicht die Infotafeln und eine alte Baulore für den Erdtransport am kleinen See am Waldrand des Feldweges zwischen Seifriedsburg und Höllrich, würde kein Uneingeweihter vermuten, dass sich in der mit Regenwasser gefüllten Mulde die ehemalige Baugrube einer angefangenen Feldwegunterführung für die geplante Reichsautobahn befindet.
Route zwischen Spessart und Rhön
Nur rund 250 Meter weiter, versteckt unter großen Fichtenbäumen, liegt mit der 44 Meter langen Entwässerungsröhre das zweite historische Autobahnbauwerk. "Zur Aufschüttung der Fahrbahn und des abgrenzenden Autobahndammes kam es hier nicht mehr, da der Bau der Autobahn 1939 eingestellt wurde", erläuterte Gemündens Bürgermeister Jürgen Lippert bei seiner Führung.
Gleiche Bauwerke gibt es noch viermal bis zum Karsbacher Gewerbegebiet "Schönauer Weg". Dort endete der Autobahnbau der Strecke 46. Danach hätte eine Autobahnabfahrt Hammelburg entstehen sollen, so Lippert. Der Streckenverlauf durch dünn besiedeltes Gebiet sei damals so konzipiert worden, um den "Autowanderern" möglichst "einzigartige Naturschönheiten, seltene Eichenwälder und herrliche Seitentäler" zu zeigen. Deshalb auch die Route zwischen Spessart und Rhön und an der Burgruine Homburg vorbei.
Ursprünglich keine Idee von Hitler
"Die Idee zum Bau von Autobahnen stammt ursprünglich nicht von Adolf Hitler", machte Lippert deutlich. Vielmehr habe es bereits in den 1920er Jahren Investoren, private Organisationen und Vereine gegeben, die den Bau von Autostraßen und Autobahnen anregten. In der Weimarer Republik habe es dafür aber kein Geld gegeben. Als Hitler 1933 Reichkanzler wurde, habe er die vorhandenen Pläne aufgegriffen und propagandistisch ausgebeutet. Im September 1933 sei bereits der erste Spatenstich zum Autobahnbau gewesen.
Mit einigen weiteren Zahlen widerlegte Lippert auch Gerüchte und Aussagen zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit durch den Autobahnbau. Im Jahr 1936 seien beim Autobahnbau direkt rund 130.000 Personen und weitere 120.000 in Zulieferbetrieben beschäftigt gewesen. Die Arbeitslosenzahl habe aber trotzdem bei rund 2,5 Millionen Personen gelegen. Auch den militärischen Wert der Autobahnen bezweifelte Lippert auf Grund der enthaltenen Steigungen und unzureichenden Stärke der Fahrbahndecke.
Viel Handarbeit gefragt
Dass beim Bau der Strecke 46 viel Handarbeit gefragt war, zeigte Lippert weiter mit alten historischen Bildern über den Bauablauf. Die Grundeigentümer mussten ihren Baumbestand selbst roden und abtransportieren. Die verbliebenen Baumwurzeln wurden größtenteils per Hand ausgegraben, nur in seltenen Fällen gesprengt. Der Mutterboden wurde in mühsamer Handarbeit abgetragen und neben der Strecke zum Wiedereinbau gelagert.
An der geplanten Feldwegunterführung empfingen Jürgen Lippert, Stefan Köhler und Matthias Kübert verschiedene Gruppen mit insgesamt rund 120 Gästen, hauptsächlich aus dem Landkreis Main-Spessart, teilweise aber auch aus Hammelburg, Bad Kissingen, Schweinfurt und Würzburg.