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Lkr. Main-Spessart
Steuerhinterziehung: Hat eine Wirtin aus Main-Spessart über 30.000 Euro Steuern nicht bezahlt?
Der angeklagten Wirtin wurden elf Steuerdelikte zur Last gelegt. Sie könne sich die Lücken in ihrer Kasse nicht erklären. "Unfassbar", lautete ihr letztes Wort.
Eine Gastwirtin aus dem Landkreis Main-Spessart sah sich wegen elf Verfahren der Steuerhinterziehung vor Gericht wieder. Sie soll insgesamt 33.435 Euro Steuern nicht bezahlt haben. (Symbolbild)
Foto: Anna Kirschner | Eine Gastwirtin aus dem Landkreis Main-Spessart sah sich wegen elf Verfahren der Steuerhinterziehung vor Gericht wieder. Sie soll insgesamt 33.435 Euro Steuern nicht bezahlt haben. (Symbolbild)
Aurelian Völker
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:10 Uhr

Insgesamt elf Vergehen wurden einer 64-jährigen Gastwirtin aus dem Landkreis Main-Spessart zur Last gelegt. Sie soll im Zeitraum von 2012 bis 2017 Einkommens-, Gewerbe- und Umsatzsteuer in Höhe von 33.435 Euro beim Finanzamt Lohr nicht bezahlt haben. Gegen den Strafbefehl legte die Café-Besitzerin Einspruch ein, weshalb sie sich vor dem Amtsgericht Würzburg wiederfand.

Angeklagte Wirtin: Dachte, sie steht mit ihrer Kasse "auf der sicheren Seite"

Im Sommer 2018 hat ein Betriebsprüfer, der vor Gericht als Zeuge aussagte, damit angefangen, ihre Kasse zu prüfen. Dabei habe er Lücken in den Daten festgestellt. Diese konnten bis heute nicht aufgeklärt werden. Laut Anklage "müssen Bestellungen gelöscht worden sein". Zudem kann sich der Richter nicht erklären, dass einige Tische am Ende des Tages einen negativen Umsatz aufgewiesen haben.

"Ich bin platt, dass man mir das vorwirft", sagte die Angeklagte. Sie habe sich vor einigen Jahren extra eine neue Kasse geholt und gedacht, damit stehe sie auf der sicheren Seite. "Ich bin kein ITler", sagte sie. Bei den vielen Knöpfen der Kasse habe sie Angst gehabt, etwas verkehrt zu machen. Deshalb habe sie bei Fragen regelmäßig den Installateur der Kasse angerufen. Ob das stimmt, ließ sich nicht aufklären, da der Installateur inzwischen verstorben ist.

Manipulationssoftware auf mehreren Laufwerken entdeckt

Bei den Ermittlungen habe der Betriebsprüfer zudem festgestellt, dass eine "Manipulationssoftware auf mehreren Laufwerken erschienen" ist. Allerdings sei diese Software auch als "Händlerwartungssoftware" bekannt, da sie beim Einrichten der Kasse oder für Wartungsarbeiten benutzt werden kann. Was aber wann genau mit der Kasse passiert ist, "lässt sich nicht mehr klären, da der Speicher alle zehn Tage überschrieben wird", sagte der Betriebsprüfer. "Bescheuert", erwiderte die Angeklagte.

"Es gibt aus meiner Sicht keine andere Lösung, als dass die Lücken wissentlich herbeigeführt worden sind", führte der Betriebsprüfer aus. Zu ihrer Entlastung hatte die Gastwirtin dagegen ihren Steuerberater als Zeugen mitgebracht. Er habe eigene Nachforschungen angestellt. Dabei sei er darauf gestoßen, dass es "laut Angaben des Softwareherstellers systembedingte Lücken geben kann". Das lasse sich auch auf der Homepage des Herstellers nachlesen.

2012 im Durchschnitt 900 Lücken pro Monat festgestellt

Abgesehen von einigen Umbuchungen könne sie sich die Lücken weiterhin nicht erklären, sagte die Café-Besitzerin. "Wir haben alle denkbaren Gründe wie Umbuchungen aufgrund von Tischwechseln, Raumwechseln, oder getrennt bezahlter Rechnungen bereits zugunsten der Unternehmerin großzügig abgezogen", entgegnete der Betriebsprüfer.

"Wenn es an einem Tag 100 Lücken und 20 Umbuchungen gegeben hat, dann sind 80 Lücken nicht natürlichen Ursprungs", erklärte er. 2012 habe es durchschnittlich 900 Lücken im Monat gegeben. Im Jahr 2014 habe er über 320 Tische gefunden, die am Ende des Tages einen negativen Umsatz aufgewiesen haben. Das könne die Wirtin erklären. Falsche Bestellungen seien immer auf die gleichen Tische umgebucht worden, als Zwischenspeicher. Der Bon sei später für andere Kunden verwendet worden. "Ich wollte nicht so viele Storno-Bons produzieren, weil ich dachte, das sieht nicht gut aus", sagte sie.

Angeklagte Café-Besitzerin verliert "den Glauben an das Rechtssystem"

Vielleicht seien da Fehler unterlaufen, so die Café-Inhaberin. Aber nicht absichtlich, sondern "allenfalls aus Schlamperei", ergänzt ihr Verteidiger. Das sorgte für Kopfschütteln bei der Staatsanwältin: Mit "nicht gedacht, nicht gewusst", komme die Angeklagte nicht weiter. Sie legte ihr nahe, den Einspruch zurückzunehmen und den Strafbefehl zu akzeptieren.

Nach kurzer Beratung mit ihrem Verteidiger und dem Steuerberater tat sie das auch. Damit wird für die Gastwirtin, die nach eigenen Angaben aktuell 1000 Euro Nettoeinkommen im Monat hat, eine Geldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 30 Euro fällig. Überzeugt von ihrer Unschuld verließ sie das Gericht mit den Worten: "Ich verliere wirklich den Glauben an das Rechtssystem, unfassbar."

 
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  • W. E.
    Die .........
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  • h. k.
    Ein alter Spruch für Café-Betreibersagt:
    Mein Café läuft durch den Filter und nicht durch die Bücher!
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  • W. T.
    Über 60 jährige wollen den modernen Unfug nicht da genügt eine Schublade oder Briefkasten als Kasse.
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  • J. B.
    Achtung
    Bitte keine Verunglimpfung von über 60jährigen Mitbürger*innen und Steuerzahler*innen😎
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