
Noch vor wenigen Monaten hieß es im Hinblick auf die HNO-Praxissituation in Karlstadt: "Von null auf drei". Erst hatte ein Ehepaar die frühere Praxis Hauck in der Innenstadt übernommen. Wenig später war offiziell, dass ein weiterer HNO-Arzt im Karlstadter Gesundheitszentrum einziehen wird. Eine ähnliche Entwicklung scheint sich nun im Bereich der Versorgung chronischer Wunden zu zeigen. Anfang September eröffnete ein Wundzentrum im Wohnstift Andreas Bodenstein. Ein weiteres startet nun in den Räumlichkeiten des Gesundheitszentrums.
"Main-Spessart ist beim Thema Wunde unterversorgt", meint Saskia Witt. Die Geschäftsführerin des neuen Wundzentrums "WundVision" beschäftigt sich seit über 20 Jahren stationär und ambulant mit der Wundversorgung und berät und schult in dieser Sache auch diverse Arztpraxen. Der Planungs- und Gründungsprozess der neuen Anlaufstelle für Wundpatienten zog sich über zwei Jahre. Die lange Zeit ist laut Witt der Struktur der Einrichtung geschuldet. "Wir arbeiten in einer Kombination aus Pflege, der ärztlichen Sicht und weiteren Sektoren", erklärt sie.
Zwei weitere Standorte geplant
Konkret bedeutet das, dass bei WundVision in Karlstadt sowohl Pflegepersonal mit Weiterbildung und jahrelanger Erfahrung mit dem Thema Wunde als auch ein Team aus kooperierenden Ärzten arbeiten. "Die Idee lebt davon, dass immer ein Arzt anwesend ist, der auf die Wunde schauen kann. Das sind nicht unbedingt Fachärzte, sie können aber einschätzen, ob jemand zum Facharzt überwiesen werden muss", schildert Witt. Für die Patienten könne so direkt eine Überleitung und Terminierung beim Spezialisten gemacht werden, ohne dass der Patient nochmal zum Hausarzt zurückmuss.
Laut Witt sind bereits zwei weitere Standorte geplant: "Einmal im Würzburger Raum und einmal weiter nördlich von Würzburg". Dass der Startschuss des Projekts bei der Eröffnung am 1. Oktober in einem größeren und modernen Gesundheitszentrum, wie dem in Karlstadt, erfolgen wird, ist kein Zufall. "Das Projekt wird nur in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) oder Gesundheitszentren entstehen. So können wir miteinander arbeiten und den Patienten nach der Untersuchung schnell zum Röntgen schicken oder in der Chirurgie oder Dermatologie behandeln lassen, so die Geschäftsführerin.
Sprechzeiten an drei Nachmittagen
Die von WundVision angemieteten Räume befinden sich im Erdgeschoss des Gesundheitszentrums. An drei Tagen in der Woche soll dort eine Wundsprechstunde angeboten werden. Montag, Mittwoch und Freitag wird jeweils nachmittags geöffnet sein.
Saskia Witt versteht WundVision als Start-up mit Wachstumspotenzial und stehe aktuell in Gesprächen mit vielen Kliniken als Kooperationspartner. "Die kleineren sind sehr froh über unsere Anfrage, aber auch die größeren freuen sich immer über neue Angebote", so ihr Eindruck.
Eine neue Anlaufstelle für Menschen mit chronischen Wunden zu schaffen, hält Witt für dringend notwendig. Die stationäre Versorgung werde immer schwieriger, da immer mehr Bereiche geschlossen werden. Für den Patienten sei es dann schwer, mit seiner Wunde irgendwo unterzukommen, ohne sich als Störfaktor zu fühlen, weiß Witt. "Und im niedergelassenen Sektor ist weder die finanzielle Unterstützung noch die Zeit gegeben, die man sich für den Patienten in der Wundversorgung nehmen muss", ergänzt sie.
Viele gehen mit Wunden zu spät zum Arzt
WundVision sieht sich im Gesundheitszentrum als Bindeglied. Mit der Kombination aus pflegerischem und ärztlichem Blick möchte man Patientinnen und Patienten schneller in die Wundheilung bringen und dazu beitragen, die Heilungsraten zu erhöhen. Viele gingen beispielsweise mit ihren Geschwüren, diabetischen Füßen oder Verbrennungswunden erst sehr spät zum Arzt.
Dort angekommen ist es meist so, dass im ambulanten Bereich die finanziellen Mittel fehlen, um eine Versorgung dieser Wunden inklusive Nachbehandlung abzudecken. "Durch eine schnellere Behandlung hingegen kann die Zahl der stationären Aufenthalte reduziert werden", ist sich Witt sicher.