
Als die eiserne Glocke 10 Uhr schlägt, wird das herzförmige Brettchen auf dem "Geisterbrett" im Altarraum der Alten Schutzengelkirche in Gräfendorf doch noch munter. Langsam gleitet es unter der Berührung von Cleo, Katrin und Carsten, die rings um den weißen Plastiktisch verteilt sitzen, auf seinen drei Beinchen über das mit Buchstaben und Zahlen versehene "Ouija-Bord". "D-A-F-A-C" buchstabiert Cleo die dabei entstandene Buchstabenfolge. Sie muss unwillkürlich lachen.
Das ist nicht das Ergebnis, das sich das fünfköpfige "Ghosthunter Team Thüringen" von ihrer ersten Séance, knapp 200 Kilometer von ihrer Heimat Gotha entfernt, erhofft hat. "Was ist denn heute los hier? Traut sich von den Seelen jetzt mal jemand?" Katrin, die Team-Gründerin, die bis dahin geduldig versucht hat, die "Seelen" aus der Reserve und ihnen ihre Namen zu entlocken, klingt ein wenig genervt.

"Ghosthunter" wollen die Geister nicht lediglich nachweisen, sondern mit ihnen sprechen
Aber warum haben sich die zwei Frauen und drei Männer an diesem Samstag überhaupt auf den Weg ins fast drei Stunden entfernte Saaletal gemacht? Von Geistbeobachtungen in der seit Jahrzehnten leerstehenden Kirche ist in der Region nichts bekannt. Doch die Frage, ob es in dem entweihten Gotteshaus spukt, stellt sich für die "Geisterjäger" gar nicht. "Seelen oder Wesen sind immer um uns", betont Katrin, die in Gotha mit ihrem Mann eine Baufirma leitet, bereits beim Eintreffen in Gräfendorf. "Ob die mit uns kommunizieren wollen oder nicht, das ist die Frage."
Für die 53-Jährige und ihr insgesamt 12-köpfiges Team ist dies die Frage, die bei ihrem ungewöhnlichen Hobby im Mittelpunkt steht. Und um mit Seelen, Engeln oder Dämonen in Kontakt zu kommen, scheut die Truppe, die sich auch abseits ihres Hobbys wie eine "kleine Familie" versteht, weder Kosten noch Mühen. Jedes Wochenende unternehmen sie in Thüringen oder darüber hinaus eine Tour – im Gepäck die neuste Technik auf dem Gebiet des "Ghosthuntings".
"Alice" übersetzt dem Team die unhörbaren Stimmen der Toten
Darunter auch "Alice". Die rechteckige, knapp 15 Zentimeter hohe Box steht auf einer mit Taubenkot befleckten Kirchenbank und blinkt. Carsten, im normalen Leben Lastwagenfahrer, bei den "Ghosthuntern" zuständig für die Technik, erklärt, dass sich darin eine Datenbank befinde und wenn eine Seele sprechen wolle, vertone die "Alice"-Elektronik diese Schwingung mithilfe der Datenbank. "Das nimmt quasi unhörbare Stimmen auf und wandelt sie in Worte um", fasst Cleo zusammen. 500 Euro hat Katrin dafür bei einem österreichischen Fachhändler ausgegeben.

"Ti-tü" macht "Alice" und hallt mit einer emotionslosen Frauenstimme das Wort "gebildet" in den Raum. Carsten bedankt sich lachend für das Kompliment und nimmt die nächste Apparatur zur Hand. "Xbox 360 Kinect" steht darauf in silbernen Lettern und tatsächlich macht die alte Videospiel-Technik ihre eigentliche Hardware aus. Eine rote Halterung und eine Handvoll Kabel verknüpfen sie mit einem kleinen Bildschirm. "Das habe ich aus Berlin. Viele Ghosthunter nutzen das", erklärt Carsten.
Umgebauter Xbox-Bewegungssensor macht Geister "sichtbar"
Behutsam hält der 53-Jährige "den Kinect", wie er das Gerät nennt, vor sich und geht damit ein paar Schritte in Richtung des Altarraums. Auf dem Bildschirm erscheinen zwei grüne Strichmännchen. "Da sieht man es jetzt ganz schön, wie wir damit Seelen darstellen können", freut er sich und wendet sich direkt an das Duo: "Seid ihr hier zum Beten?" Plötzlich erlischt der Bildschirm. Carsten zeigt sich davon unbeeindruckt. "Ja, das passiert. Ich habe ihn nur notrepariert, der ist uns kürzlich in Flammen aufgegangen, weil er überhitzt hatte."

Da kommt Katrin vom Rauchen zurück. Die "Kinect"-Sichtung nimmt sie wohlwollend zur Kenntnis – vom Hocker haut sie die "Geisterscheinung" jedoch ebenso wenig, wie die weiter rege vor sich hin brabbelnde "Alice". "Es ist was da, aber es ist ja wie gesagt immer was da", befindet die vierfache Mutter und stuft die bisherigen Rückmeldungen als "unterdurchschnittlich" ein.
Geheimnisvolles Wesen beantwortete der Gruppe eine Vielzahl an Fragen
Kein Vergleich etwa zur letzten Séance der Gruppe, bei der sie auf eine geheimnisvolle, scheinbar allwissende Entität getroffen seien, bestätigt Cleo. "Da kamen wirklich knallharte Antworten", zeigt sich auch Christian beeindruckt von dem Erlebnis, "und das Wesen war offen für alle Fragen, die uns über die Erde und ihre Bewohner beschäftigen." "Zum Beispiel, ob die Erde wirklich eine Kugel ist oder uns das nur so beigebracht wird", berichtet Cleo. In der Erkenntnis, dass nur Engel, nicht aber Menschen imstande seien, Geister zu "erlösen", fühlte sich wiederum Katrin bestätigt.

Eine Ansicht, die sie bereits seit der Gründung ihrer Gruppe Ende 2016 bei Privatanfragen betone: "Wenn uns jemand beauftragt, bei sich zu Hause vorbeizukommen, sage ich immer im Vorfeld, wir können nichts wegschicken. Wenn da ein Poltergeist herumpoltert, dann poltert der halt. Wir können nur herausfinden, warum derjenige da ist und wer es ist." Mit ein Grund, warum sie den spontan zustande gekommenen Namen "Ghosthunter Team" im Nachhinein bereut. "Wir jagen ja nichts, aber mit dem Namen sind wir gewachsen, der bleibt jetzt."
"Ghosthunter Team Thüringen" ermittelt auf Anfrage auch in Privatwohnungen
Am großen Zuspruch für das kostenlose Angebot der "Geisterjäger", "Privatermittlungen" in angeblich von übernatürlichen Phänomenen betroffenen Privathäusern und -wohnungen durchzuführen, ändert diese Einschränkung nichts. "Die Leute stehen dem Thema immer offener gegenüber. 2016, 2017 war das noch ganz anders", erinnert sich Katrin. Die Interessenten seien häufig junge Familien, die sich ein altes Haus gekauft hätten. "Und wirklich jede Mail, die ich bekomme, beginnt mit dem Satz 'Bitte haltet mich nicht für verrückt'", amüsiert sich die 53-Jährige.
"Da ist noch ganz viel Scham, aber das braucht es gar nicht", findet Katrin. Sie und ihr Team stünden immer gerne mit Rat und Tat zur Seite. Was bei einer solchen Privatermittlung herauskomme, könne man jedoch vorab nie wissen, warnt sie. "Das kann wirklich sehr emotional für die Familie werden, es können Sachen ans Tageslicht kommen, die vielleicht lieber im Verborgenen geblieben wären. Ich bin schon von einem Einsatz heimgefahren und hab im Auto gedacht: Ich hab jetzt gerade eine Familie zerstört."
In der Alten Schutzengelkirche halten sich die Geister bedeckt

So dramatisch wird es an diesem Samstagabend nicht mehr. In der 155 Jahre alten Kirche ist es mittlerweile dunkel geworden. Ein Teammitglied hat den mitgebrachten Scheinwerfer im Eingangsbereich ausgeschaltet, nur die Kontrollleuchten der diversen Apparaturen bilden noch kleine Lichtoasen. Katrin schaltet "Alice" ab und setzt sich zu Cleo, Carsten, Christian und Frank auf eine verstaubte Kirchenbank. Andächtig lauschen sie in die gespenstische Stille. Ein leises Zischen ertönt, Cleo hat vorsichtig eine Red-Bull-Dose geöffnet. Dem Team steht noch eine lange Nacht bevor.
Da haben sie schon über Uninteressantes geschrieben.
Lasst sie doch, wenn sie wollen.
Zum Artikel selber, schade für das Gehalt dass für die Reisetätigkeit des Berichterstatters verschwendet wurde.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Bullmann - MPA
Das hatten wir schonmal in den 80'ern im Westen ,wo labile Menschen an sowas glaubten.
40 Jahre atheistische SED Herrschaft haben doch einiges hinterlassen, siehe letzte Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen.
Das führt dazu !
Liebe Mainpost-Mitarbeiter, bitte nehmt Rücksicht auf die Minderheit der Bodenständigen und berücksichtigt auch sie in Eurer Berichterstattung!
Die Mainpost ist jedenfalls auf einem ganz tiefen Tiefpunkt angekommen.