Seit zehn Jahren steht der Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel (55) aus Gemünden (Lkr. Main-Spessart) an der Spitze der Unterfranken-SPD. Bei den Wahlen zum Bezirksvorsitzenden hatte er noch nie einen Gegenkandidaten. Das wird an diesem Samstag beim Parteitag in Haibach (Lkr. Aschaffenburg) anders sein. Als Herausforderer stellt sich der Bundesabgeordnete Markus Hümpfer (32) aus Schonungen (Lkr. Schweinfurt) den 100 Delegierten zur Wahl.
Fragt man Hümpfer nach seinen Motiven, wird er nicht so richtig konkret. Es gebe "Unzufriedenheiten" innerhalb des Bezirksverbands mit Rützels Führungsstil, sagt er. Er wünsche sich vom Bezirkschef mehr "klare Ansagen". Inhaltlich vermisse er Ideen, um die SPD nach den jüngsten Wahlniederlagen in der Region "zukunftsfähig" aufzustellen und für Neumitglieder attraktiv zu machen, sagt der bisherige Rützel-Vize. Dazu bedürfe es seiner Meinung nach auch einer Verjüngung der Gremien.
Bislang bekam Bernd Rützel immer große Zustimmung
Bernd Rützel, der bei den Bezirksparteitagen, alle zwei Jahre in geheimer Wahl eine Zustimmung von 88 bis 97 Prozent erzielte, hält sich mit öffentlichen Äußerungen zur überraschenden Kampfansage zurück. Er werde in Haibach einen Rechenschaftsbericht vorlegen, sodass die Parteifreundinnen und -freunde seine Leistungen bewerten könnten, sagt der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales. Dass es einen Mitbewerber gebe, sei "gelebte Demokratie". Er habe jedenfalls "höchste Achtung" vor dem Delegiertenvotum.
Derweil machen SPD-Insider deutlich, dass es bei der Abstimmung am Samstag in Haibach zwar um den Bezirksvorsitz geht, aber nicht zuletzt auch um eine gute Ausgangsposition für die im Spätherbst anstehende Vergabe der aussichtsreichsten Plätze auf der Bayern-Liste zur Bundestagswahl 2025.
Gerangel um die besten Listenplätze für die Bundestagswahl
Aktuell vertreten 23 Abgeordnete die Bayern-SPD in Berlin, darunter drei aus Unterfranken: Zu Rützel und Hümpfer kommt Gesundheitsstaatssekretärin Sabine Dittmar (59) aus Maßbach (Lkr. Bad Kissingen). Legt man die aktuellen Umfrageergebnisse sowie das veränderte Wahlrecht zugrunde, könnte es gut sein, dass es 2025 nur noch knapp ein Dutzend bayerische SPD'ler in den Bundestag schaffen. Das würde dann vermutlich nur für maximal zwei Unterfranken in Berlin reichen.
Ein parteiinternes Gerangel um vordere Listenplätze ist also absehbar. Wer unterfränkischer SPD-Bezirkschef ist, hat dabei vermutlich bessere Karten als andere Kandidatinnen und Kandidaten aus der Region. "Das ist mir durchaus bewusst", so kommentiert Herausforderer Hümpfer die Situation. Rützel sagt, er wolle sich an solchen Spekulationen nicht beteiligen.
Wie immer nicht anonym, sondern mfG
Heinrich Jüstel