Der grobe Schotter auf dem auch als "Treidelpfad" am Main bekannten Erdweg hat bei einigen Hundehaltern in Retzbach für Entsetzen gesorgt, hatte es doch zuvor eine Petition dagegen gegeben und der Gemeinderat den Ausbau des Wegstücks nördlich der neuen Mainbrücke letztlich abgelehnt. Der Weg sei allerdings auch nicht ausgebaut worden, erklärt der ehrenamtliche Wegewart, sondern es seien nur die schlimmsten Wasser- und Schlammlöcher mit Grobschotter aufgefüllt worden.
Nach Beobachtungen von Anwohnern wurde der Schotter am 2. Juni aufgebracht. Drei Tage später zeigte sich auf dem Stück unterhalb der neuen Mainbrücke bis etwa Höhe Kläranlage folgendes Bild: Mal zog sich die Schotterauflage über die ganze Wegbreite, mal waren nur die Fahrspuren des Wiesenweges gefüllt, mal sichtbar nur einzelne Löcher und Furchen. Erkennbar gewalzt oder verdichtet waren die Steine nicht. Angetroffene Spaziergänger mit Hunden sahen kein generelles Problem für die Vierbeiner bei geschotterten Wegen.
Der Hund einer Retzbacherin hat sich an den Pfoten verletzt
"Mein Hund hat sich in diesem Schotter an der Kralle verletzt", berichtet dagegen Dorothea Moser aus Retzbach. Sie habe ihn am Samstag direkt zum Tierarzt gefahren. Auch ihr selbst falle das Laufen auf dem teils lockeren Untergrund aufgrund von zwei Hüftprothesen schwer. Dass eine solche Wegebefestigung erfolgt ist, wundere sie sehr, während zum Beispiel in ihrer Heimat Nordrheinwestfalen Steingärten verboten wurden.
Im August 2021 hatte der Biologe Peter Kracht eine Petition bei der Gemeinde gegen den damals geplanten Wegeausbau eingereicht. Unterschrieben hatten vor allem Hundebesitzer aus Retzbach, Zellingen und Himmelstadt, aber auch aus dem weiteren Umkreis wie Birkenfeld, Thüngersheim und Thüngen. Insgesamt sollen es weit über 100 Personen gewesen sein.
Hervorgehoben wurde, dass Spaziergänger und Hundeausführer auf dem naturnahen, buckeligen und löcherigen Wiesenweg ungestört von Rad- und Autofahrern die Natur genießen können. Für die Hundehalter sei der Weg einer der wenigen ohne Schotterbett, das für Hunde oft unangenehm sei. Die Unterzeichner baten dringend, den Ausbau zu überdenken oder auf ein Minimum, wie das Stopfen der tiefsten Pfützen, zu beschränken. Den Wegeausbau lehnte der Zellinger Gemeinderat daraufhin im Februar 2022 mit 15 zu vier Stimmen ab.
Zellinger Bürgermeister geht von normalem Wegeunterhalt aus
Was nun erfolgt ist, geht nach Ansicht von Peter Kracht über ein Minimum deutlich hinaus. Sogar auf dem bisher besten Teils des Weges lägen Schottersteine. Sein Hund schleiche da nur noch drüber. Aus der fachlichen Sicht eines Biologen begrabe die Schotterschicht auch viel Bodenleben unter sich, das grenze schon fast aus Naturfrevel, so Kracht. Seiner Meinung nach muss es ein Nachspiel geben und er wünscht sich, dass die Steine wieder rauskommen.
Zellingens Bürgermeister Stefan Wohlfart erklärte auf Nachfrage, er habe im Nachgang davon erfahren, dass Löcher teilweise mit Schotter gefüllt wurden. Vermutlich sei das normaler Wegeunterhalt. Im Frühjahr 2022 sei etwas ganz anderes im Gespräch gewesen: Den Weg mit etwa 20 Zentimeter Grobmaterial und Feinschotter darauf so zu befestigen, dass er höher liegt als die Felder und Wiesen daneben. Eine Absprache habe es im Vorfeld nicht gegeben, das sei auch nicht nötig. Der Wegewart handele autark im Rahmen seines Budgets.
Arbeiten sind laut dem Wegewart noch nicht abgeschlossen
"Jetzt wurden nur die ganz schlimmen Schlammlöcher aufgefüllt", erklärt Wegewart Alexander Konrad. Vor einem Jahr habe er den ganzen Weg machen wollen, ähnlich wie am anderen Ende bei Himmelstadt vor drei Jahren. Er sei ehrenamtlich von der Gemeinde bestellt, bekomme also keinen Cent dafür, und könne abschätzen, wann ein Weg instandgesetzt werden muss. Auf dem Treidelpfad am Main sei er schon zweimal mit dem Auto "versumpft" und auch die Feuerwehr sei dort bereits bei einem Rettungseinsatz stecken geblieben. Das bestätigte auch Florian Heßdörfer, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Retzbach, allerdings sei das über zwei Jahre her.
Die Instandsetzung des Pfades sei auch noch nicht fertig: Der Grobschotter müsse nach Regenfällen noch mit Fahrzeugen in den Untergrund gedrückt werden, danach könne eine Schicht aus feinem Schotter aufgetragen werden. Er habe den Eindruck, die Hundehalter wollten generell nicht, dass unten am Main mehr Leute laufen. Er kümmere sich in Abstimmung mit dem Jagdgenossen um Wege in der ganzen Flur. So sei in den vergangenen Jahren der Weg von Retzbach nach Stetten neu gemacht worden, da habe es keine Kritik, sondern viel Lob von Leuten gegeben.
Ich habe ihm das zu meiner Amtszeit untersagt, weil hier Natur und wertvolle Arten wie Wildbienen vernichtet werden.
Gibt es hier etwa eine Interessenkollision zwischen der Funktion des Wegewartes und dem Interesse der Unternehmers Konrad? Das ist nicht der erste Weg mit hohem Naturpotential, der dem Interesse von Herrn Konrad weichen musste.
Die Retzbacher Jagdgenossen sind gut beraten, sich von einem Wegewart mit diesem eigennützigen Verhalten zu trennen. Bevor noch mehr wertvolle Wege diesem Eigeninteresse zum Opfer fallen.