
Wenn alljährlich am 23. Dezember in Triefenstein-Rettersheim zum traditionellen Preisschafkopfturnier gerufen wird, kommen die Teilnehmenden aus nah und fern – und zahlreich. Über 90 sind es in diesem Jahr. Dabei ertönen im Gasthaus "Zum Stern" wieder Rufe wie: "Schell Solo", "Ich ruf die Eichel Ass" und "Grün sticht".
Während sich an einigen Tischen die Teilnehmenden heiter unterhalten, ist es an anderen ruhig. Der Fokus liegt vollkommen auf dem Spiel. Und obwohl um 150 Euro Preisgeld für den ersten Platz gespielt wird, geht es friedlich und ohne übersteigerten Ehrgeiz zu.
Ums Geld würde hier keiner spielen, ist sich Simon Väth sicher. Der 40-jährige Oberndorfer hat sogar schon an den deutschen Schafkopf-Meisterschaften teilgenommen. Für ihn ist es eine Art Tradition, vor Weihnachten nach Rettersheim zu kommen. Seit seiner Kindheit spielt er Schafkopf, seit über 15 Jahren nimmt er an dem Turnier teil und freut sich, dass "immer die gleichen Leute hier sind". Der Reiz des Spiels liege für ihn vor allem darin, dass er einen direkten Einfluss auf den Verlauf habe, sagt Väth.
Nicht nur Teilnehmende aus Main-Spessart kommen nach Rettersheim
Seit knapp 30 Jahren richtet der Kindergartenverein St. Ulrich am Vortag von Heiligabend das Turnier aus. "Früher gab es überall Preisschafkopf", sagt der Vereinsvorsitzende Michael Schmitt. Inzwischen würden deutlich weniger Turniere in der Umgebung stattfinden. Jenes in Rettersheim kommt jedoch auch in Zeiten von Apps und Websites, auf denen man Schafkopf online spielen kann, gut an. Aus dem gesamten Landkreis Main-Spessart, aber auch aus den Landkreisen Schweinfurt, Würzburg und Miltenberg reisen die insgesamt 92 Spielerinnen und Spieler an.

Eine, die bisher nur im Internet gespielt hat, ist Sandra Schwab. Sie hat sich das Schafkopf spielen online selbst beigebracht. "Für mich ist es gut gelaufen, ich habe es mir schlimmer vorgestellt", sagt die 32-Jährige nach ihrem ersten Turnier in der "echten Welt" und lacht. Der Umgang sei viel angenehmer gewesen, als sie es sich ausgemalt habe. "Ich bin gut aufgenommen worden und kann deshalb allen empfehlen, auch mal teilzunehmen." Mit Menschen gemeinsam an einem Tisch zu spielen sei schöner als am PC – außerdem "geht es online um nix". Lediglich bei einigen "Fachbegriffen" habe sie in Rettersheim ihre Probleme gehabt, gibt Schwab zu.
Immer mehr junge und weibliche Spieler nehmen teil
Das Kartenspiel, das als Kulturgut fränkischer und bayerischer Lebensart gilt, zieht vor allem die älteren Generationen an. Das merkt man auch in Rettersheim. Trotzdem wird das Turnier "weiblicher und jünger", wie ein Vorstandsmitglied bemerkt. Dieses Jahr reiche die Altersspanne von 18-Jährigen bis zu über 70-Jährigen. Und etwa zehn Prozent der Teilnehmenden seien Frauen.
Die 71-jährige Silvia ist schon das dritte Mal dabei und froh, dass "noch andere Frauen da sind". Das letzte Mal habe sie vor über drei Jahren Schafkopf gespielt, deshalb sei das Turnier für sie "wie ein kleines Christkind" gewesen.

Alle Teilnehmenden spielen während des Turniers 60 Spiele, die auf zwei Runden aufgeteilt sind. Vor jeder Runde werden die Mitspielerinnen und Mitspieler neu ausgelost. Für jedes Spiel gibt es dann positive Punkte für den oder die Gewinner und negative Punkte für den oder die Verlierer. Diese Punkte werden dann addiert.
Der Erlös kommt dem Kindergarten zugute
Mit 460 Punkten gewinnt in diesem Jahr Ottmar Hommer aus Bischbrunn das Turnier. Der 62-Jährige relativiert jedoch sofort seinen Erfolg und meint, dass es auch immer auf die Karten ankomme. Es sei ein Glücksspiel, bei dem man selbst jedoch zumindest einen kleinen Einfluss hat. Seit über zehn Jahren kommt Hommer schon nach Rettersheim und hat bereits des Öfteren gewonnen. Auch in seiner Freizeit spielt er wöchentlich Schafkopf, ohne sich speziell auf das Turnier vorbereitet zu haben.
Für die weiteren Teilnehmenden, die nach den 60 Spielen eine positive Bilanz haben, gibt es Sachpreise, die alle gespendet wurden. Der Erlös aus der Startgebühr von zehn Euro "kommt den Kindern zugute", betont Michael Schmitt. Er ist mit der Veranstaltung zufrieden, "es hat Spaß gemacht und mehr muss es auch nicht", sagt er am Ende des Abends. Derweil sitzen viele Spieler und Spielerinnen noch an den Tischen und spielen weiter.