
Es kommt selten vor, dass Gericht und Kläger so sehr aneinander vorbeireden wie bei einer Verhandlung, die jüngst vor dem Würzburger Verwaltungsgericht stattgefunden hat. Ein Mann aus dem Landkreis Main-Spessart, der sich selber als Reichsbürger bezeichnete, hatte gegen einen Pfändungsbeschluss der Stadt Schweinfurt geklagt. Bereits bei der anzuwendenden Rechtsgrundlage waren sich beide jedoch uneins. Während sich das Gericht auf das heute in der Bundesrepublik geltende Recht berief, verlangte der Kläger, dass auf ihn das Recht des Deutschen Reichs anzuwenden ist.
Dabei ging es um einen vergleichsweise geringen Betrag. Insgesamt knapp 1700 Euro schuldete der Kläger der Stadt Schweinfurt an Gewerbesteuer für die Jahre 2021 und 2023. Die Stadt pfändete die Kasse des Unternehmers bei einer Durchsuchung der Geschäftsräume. Die Schulden waren damit zum Zeitpunkt der Verhandlung bereits beglichen.
Kläger sieht sich als Bürger des Deutschen Reichs
Seine Klage begründete der Mann auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Wolfgang Müller damit, dass er von dem Gericht grundsätzlich geklärt wissen wolle, ob der Beschluss überhaupt wirksam gewesen sei. Er bezweifelte dies.
Er verstehe sich nicht als "Personal der BRD", sondern als Staatsbürger des Deutschen Reichs, wie der unscheinbar wirkende, etwas altmodisch gekleidete Mann dem Gericht erklärte. Dieses befinde sich mangels eines Friedensvertrags noch immer im Kriegszustand mit den Alliierten des Zweiten Weltkriegs, so der selbsternannte Reichsbürger.
Das in seinem Fall anzuwendende Gewerbesteuergesetz sei auf die "Nazi-Zeit" zurückzuführen, jedoch am 6. Januar 1947 durch ein französisches Gerichtsurteil aufgehoben worden. Ähnliches gelte im Übrigen für die Einkommensteuer. In ruhigem und sachlichem Ton berief er sich des Weiteren auf die Haager Landkriegsordnung, die in einem besetzten Land Pfändungen verbiete.
Während seiner Ausführungen blätterte der Mann wiederholt in einem Stapel mit Rechtsliteratur. Abschließend bezweifelte er, dass es sich bei der Stadt Schweinfurt überhaupt um eine "hoheitliche Behörde" handele, die berechtigt ist, einen Pfändungsbeschluss auszufertigen.
Gericht sieht keinen Anspruch auf ein Urteil
Immerhin eine Viertelstunde nahm sich das Gericht Zeit für die Verhandlung. Während der Vorsitzende Richter geduldig zu ergründen versuchte, warum die Klage überhaupt zulässig sein sollte, fiel es den beiden Ehrenamtlern des in fünfköpfigen Gerichts sichtlich schwer, den Ausführungen zu folgen.
Eine weitere Viertelstunde benötigte das Gericht, um sich zu beraten. Demonstrativ entspannt, mit wiederkehrenden Seufzern und Kopfschütteln erwartete der Kläger die Entscheidung, ganz so, als sei der Standpunkt des Gerichts für ihn schon jetzt unfassbar.
Das Gericht wies die Klage als unzulässig ab. Es sei kein berechtigtes Interesse des Klägers zu erkennen, da die Schulden bereits beglichen seien. Somit bestehe kein Anspruch auf ein Urteil. Dem Kläger stehe jedoch der Weg zur nächsthöheren Instanz, dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, offen.
Mal abgesehen von dem Reichsbürger-Unsinn; wenn die Pfändung als unrechtmäßig ("Beschluss unwirksam") behauptet wird, besteht natürlich ein berechtigtes Interesse und ein Anspruch auf ein Urteil.
Zuchthaus und so ...