zurück
Schweinfurt
Reichsbürger-Drohungen ans Landratsamt landeten vor dem Schweinfurter Gericht
Frau weg, Führerschein auch: Nur aus Frust will ein 43-Jähriger den Reichsbürger-Quatsch aus dem Internet ans Landratsamt geschickt haben.
Symbolbild: Gericht/Justiz
Foto: Oliver Berg (dpa) | Symbolbild: Gericht/Justiz
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 19:04 Uhr

Die Anklageschrift, laut der ein 43-Jähriger aus dem Landkreis Schweinfurt, Angestellter, Vater zweier Kinder, im Sommer letzten Jahres versucht haben soll, Bedienstete des Landratsamts Schweinfurt zur Missachtung ihrer Dienstpflichten zu bewegen, klingt trocken: "Der Angeklagte ist Angehöriger der sog. ,Reichsbürgerbewegung', die den Bestand der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Gesetze ablehnt, mit Ausnahme jener Gesetze, die einen unmittelbaren Nutzen (z.B. Sozialhilfe) gewähren." Deswegen sitzt der Mann nun vor dem Amtsrichter.

In einem Verfahren zum Führerscheinentzug hatte die Behörde im Juli und August 2022 an den Angeklagten mehrere Aufforderungen unter Androhung von Zwangsgeld geschickt. Seine Antwort: Ein Schreiben an den Landrat sowie zwei Mitarbeiterinnen des Amtes, unter anderem "zur Unwirksamkeit des Verwaltungshandelns und Nichtexistenz der Bundesrepublik Deutschland", so die Staatsanwältin.

Mit Anzeige beim US-Kommando gedroht

Ferner habe der Mann weitschweifige Ausführungen zur Ungültigkeit der behördlichen Aufforderungen gemacht und mit einer "Strafanzeige beim Oberkommando der amerikanischen Streitkräfte in Wiesbaden" gedroht. Damit habe der 43-Jährige die Mitarbeiterinnen des Landratsamts "zur Missachtung ihrer Dienstpflichten und zum Unterlassen weiterer Diensthandlungen" bewegen wollen – erfolglos allerdings. Strafbar sei dies gleichwohl als versuchte Nötigung, so die Anklagevertreterin.

"Den Brief hab ich aus dem Internet rausgezogen", sagt ein offensichtlich sehr zerknirschter Angeklagter, der ohne Verteidiger erschienen ist. Nach der Trennung von seiner Frau sei er "an einem dunklen Punkt in meinem Leben" gewesen. Der Vorsitzende Richter hält den Angeklagten für einen mindestens durchschnittlich begabten Menschen. "Wie kommt man auf so einen Schmarrn?", will er wissen. Er könne sich noch immer nicht erklären, warum er damals diesen Brief verschickt habe, sagt der 43-Jährige und beteuert: "Ich bin kein Reichsbürger, ich schäme mich vor meinen Kindern, ich kann mich nur entschuldigen."

Angeklagter: "So eine Dummheit mache ich nicht mehr"

Der Angeklagte hatte schon einmal einen Konflikt mit dem Gesetz. Am 17. November wurde er wegen Widerstandshandlungen und Beleidigungen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf Bewährung verurteilt. Nun stellte die Staatsanwältin nach kurzer Verhandlung fest, dass der Tatvorwurf erwiesen sei – insbesondere durch das vollumfängliche Geständnis des 43-Jährigen. Dieses und weil es sich "nur" um eine versuchte Nötigung handle, spreche für den Angeklagten.

Für die Tat sei eine Geldstrafe von 60 Tagessätze angemessen. Mit dem Urteil vom Herbst sei eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten zu bilden, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Der Angeklagte entschuldigte sich noch einmal und versprach: "So eine Dummheit mache ich nicht mehr."

Der Amtsrichter urteilte wie von der Staatsanwältin beantragt: Sechs Monate Haft, zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. 1800 Euro hat der Angeklagte an die Tafel zu zahlen. Das einmonatige Fahrverbot bleibt bestehen. Der 43-Jährige nahm das Urteil an, womit es rechtskräftig ist.

Die Geschichte, dass jemand nur aus Frust, nicht aus ideologischer Zustimmung, einen vorgestanzten bedrohlichen Reichsbürgerbrief aus dem Internet an eine Behörde schickt, "die habe ich schon drei-, viermal gehört", so der Amtsrichter. Er musste für den eigentlich zuständigen Kollegen einspringen, weil dieser den Drohbrief des Angeklagten ebenfalls bekommen hatte – und damit befangen war.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Stefan Sauer
Angeklagte
Staatsanwälte
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top