Marie Anderlohr arbeitet gerne am Computer. Das kann man schnell erkennen, wenn man sich ihr Zimmer ansieht: Das PC-Setup auf dem Schreibtisch steht prominent im Raum. Sie lebt in einer betreuten Einrichtung für Menschen mit Behinderung in Marktheidenfeld. Früher hat sie wie die meisten ihrer Mitbewohner und Mitbewohnerinnen in einer Werkstatt gearbeitet– heute arbeitet sie in der Volkshochschule (Vhs).
Das ist durchaus eine Ausnahme: Nur eine andere Bewohnerin arbeite auch außerhalb der Werkstatt, in einer Schulküche, sagt Anderlohr. Sie selbst kam über ein Praktikum zu ihrer Arbeitsstelle, ihr gefiel es dort so gut, dass sie blieb. Seit dem ersten Februar ist sie jetzt festangestellt. "Im Grunde macht mir alles Spaß dort", sagt sie. Vorher hatte sie es schon mit einem Job im Altenheim versucht, hat aber schnell gemerkt, "das bin ich nicht auf lange Zeit". Ihr hat die Arbeit am Computer gefehlt.
Anderlohr fühlte sich in der Werkstatt nicht ausgelastet
Da kam die Vhs dann wie gerufen: Anderlohr arbeitet dort im Kundendienst, legt Kurse neu an, telefoniert, verwaltet. Sie liebt den Kundenkontakt, erzählt sie. In der Werkstatt hat sie vorher am Ende des Jahres bei Inventurlisten geholfen und Lieferscheine eingegeben. Das sei aber nur ein Halbjahresjob gewesen, da die Werkstatt auch für Warema gearbeitet habe, da gab es im Winter keine Aufträge. "Ich habe mich unterfordert gefühlt", erklärt Anderlohr, ihr jetziger Job sei viel besser für sie.
Das gilt aber nicht für alle Menschen mit Behinderung. Manche Menschen könnten nicht mehr arbeiten und das, was sie verdienen, sei für ihre Leistung dann auch gerechtfertigt, findet Anderlohr. Aber die Menschen, die wirklich arbeiten und nur die Pause als Pause nutzen wollen, für die sei das Werkstattsystem nichts, so Anderlohr. "Man kommt über eine gewisse Schwelle nicht hinaus". Sie kam über ein Inklusions-Programm zu ihrer Arbeitsstelle, in der Theorie steht das allen Menschen mit Behinderung offen. Wieso das nur wenige machen, das kann sich Marie Anderlohr auch nicht erklären.
Bei schlechtem Wetter benutzt sie den Stadtbus, bei gutem Wetter aber fährt sie auf ihrem Elektro-Rollstuhl zur Arbeit am Marktplatz. Anderlohr hat eine Gehbehinderung, ist kognitiv aber fit. Umso mehr ist sie froh, sich in ihrem Beruf jetzt gefordert zu fühlen.