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Karlstadt
Radkonzept für Karlstadt vorgestellt: Viele Stadträte äußerten Kritik
Im Verkehrsausschuss präsentierte Planer Marcel Schlameus den Vorentwurf des Radverkehrskonzepts für die Stadt. Er betonte, dass es sich nicht um ein fertiges Konzept handelt.
Die Kreisverkehre in der Eußenheimer Straße sollen fahrradfreundlicher gestaltet werden.
Foto: Markus Rill | Die Kreisverkehre in der Eußenheimer Straße sollen fahrradfreundlicher gestaltet werden.
Markus Rill
Markus Rill
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:42 Uhr

Wenn die renommierte Firma Brenner-Plan aus Stuttgart zum ersten Mal ihr Konzept für den Radverkehr in Karlstadt vorstellt, sind die Erwartungen hoch. Schließlich kostet dieses Konzept 35.000 Euro, schließlich hat die Initiative "Karlstadt macht mobil" viele Unterstützer, schließlich hat der Stadtrat sogar eine AG "Fahrradfreundlichkeit" gegründet, um die Planer zu unterstützen. Demenentsprechend gespannt waren die Stadträtinnen und Stadträte im Digitalisierungs-, Wirtschafts-, Verkehrs-, Stadtentwicklungs- und Tourismusausschuss am Dienstag.

Planer Marcel Schlameus tat sein Bestes, die Erwartungen herunterzuschrauben. "Es handelt sich nur um einen Vorentwurf, nicht um ein fertiges Konzept." Er betonte, dass die Antworten aus der Bürgerumfrage (online und im Mitteilungsblatt), das Feedback aus dem Stadtrat und die Ergebnisse des Bürgerworkshops am 2. Juli in das endgültige Konzept einfließen werden. "Das Konzept wird Schritt für Schritt entwickelt", so Schlameus. "Wir werden einen Maßnahmenkatalog vorlegen, der zur Stadt passt." 

Die neuralgischen Punkte der Kernstadt

Das Büro habe bisher eine Bestandsaufnahme gemacht, die Stadt "mit Kameras befahren" und von den Stadtratsfraktionen Informationen zu deren Wünschen und Zielen erhalten. Zunächst sei es darum gegangen, wichtige Achsen des Radverkehrs zu identifizieren, beispielsweise die Schulwege sowie die Wege von und zu Stadtteilen. Schlameus sagte, diverse neuralgische Punkte und kritische Stellen habe er schon identifiziert. Er habe schon über 40 mögliche Maßnahmen erarbeitet.

Von den Bürgerinnen und Bürgern sei die erwähnte Umfrage innerhalb von acht Tagen bereits über 480-mal beantwortet worden. Zwar seien noch nicht alle Textfelder ausgewertet, aber die angesprochenen Stellen sind bereits in einer Heatmap erfasst, die im Wesentlichen mit den von Schlameus erkannten Punkten übereinstimmt.

Problem Unterführung – Lösung Eußenheimer Straße

In Karlstadt gebe es eine "schwierige Infrastruktur", so Schlameus. "Die B27 ist eine große Barriere." Und die Bahnunterführung ist das Nadelöhr zwischen Siedlung und Altstadt, das auch auf der Heatmap leuchtend rot strahlt. Die Barrieren an der Unterführung schützen die Fußgänger, sind aber für Lastenräder oder Räder mit Anhänger kaum zu passieren. Nur: Dafür hat Brenner-Plan keine Patentlösung. Schließlich kann die Stadt das Problem Unterführung nicht allein, sondern nur mit Einverständnis der Bahn lösen. Und günstig wäre weder eine Erweiterung der Unterführung noch der Bau einer Brücke. 

Also schlägt Schlameus vor, die Nordbrücke und die Kreisverkehre an der Eußenheimer Straße für den Radverkehr attraktiver zu gestalten. "Auch weil eine Kita an der Eußenheimer Straße entsteht, ist dies sinnvoll", erklärte der Planer. Die wenig genutzten Gehwege an der Nordbrücke könnten für Radler freigegeben werden und an der jeweiligen Bergauf-Seite zusätzlich ein 1,5 Meter breiter Schutzstreifen für Radfahrende eingerichtet werden. "Das ist vielleicht nicht vollständig zufriedenstellend, aber die Brücke ist nun mal Bestand", so Schlameus. 

Die Verkehrskreisel in der Eußenheimer Straße seien "so groß, dass jeder Sattelschlepper bequem durchkommt", aber an Radfahrer sei beim Bau nicht gedacht worden. Der Planer schlägt vor, den Radverkehr dort "in Nebenanlagen zu führen". Sinnvoll sei auch eine Fußgängerampel in Höhe des neuen Kindergartens.

Was tun in der Bodelschwinghstraße?

Die Bodelschwinghstraße sei ebenfalls "eines unserer Kernthemen", so Schlameus. Aufgrund der großen Straßenbreite gebe es dort "Möglichkeiten zur Gestaltung". Allerdings werde der Parkraum in der Straße gebraucht, zudem gebe es viele Grundstücksein- und -ausfahrten sowie Einmündungen. Deshalb plädiert der Planer dafür, dort Tempo 30 einzuführen und durch gestalterische Maßnahmen die Straßenbreite von zehn auf sechs Metern zu verringern und die Aufmerksamkeit zu erhöhen. Durch Bäume am Straßenrand, markierte Parkplätze, Verkehrsinseln und Fußgängerübergänge sei dies zu erreichen. Dann bliebe es beim Mischverkehr mit Autos und Fahrrädern.   

Die Bodelschwinghstraße ist zehn Meter breit. Sie könnte durch verschiedene Maßnahmen verengt werden. Die Höchstgeschwindigkeit könnte auf 30 km/h reduziert werden. Das würde die Sicherheit von Radfahrern erhöhen.
Foto: Markus Rill | Die Bodelschwinghstraße ist zehn Meter breit. Sie könnte durch verschiedene Maßnahmen verengt werden. Die Höchstgeschwindigkeit könnte auf 30 km/h reduziert werden. Das würde die Sicherheit von Radfahrern erhöhen.

Stadtrat Gunter Müller wandte ein: "In dieser breiten Straße sollte ein eigener Radweg möglich sein. Wenn nicht dort, wo dann?" Schlameus erklärte noch einmal, dass die privaten Ausfahrten dort Gefahrenstellen darstellen. "Wenn Sie aus Ihrer Hofeinfahrt rausfahren, schauen Sie nach links. Wenn aber Radler von rechts kommen, wird's gefährlich."   

Bürgermeister Michael Hombach informierte darüber, dass der für Herbst geplante Kanalbau in der Bodelschwinghstraße verschoben werde. Die Gestaltung und die Kanalverlegung sollen zeitlich koordiniert werden.

Kritik und Anregungen der Stadträte

Die Alte Mainbrücke bezeichnete Schlameus als "interessant", auch für den Mainparkplatz erwarte er "einige Ideen und Vorschläge". Bei den Rückmeldungen der Bürgerinnen und Bürger sei auch die Südbrücke mehrfach thematisiert worden. Darum wolle er sich kümmern. In der Alten Bahnhofstraße müsse "baulich etwas geschehen". Vielleicht könne sie zu einer Spielstraße werden, in der Parken nicht erlaubt ist. Ihm sei auch klar, dass die Wege zwischen Stadtteilen und Innenstadt noch zu erarbeiten seien. Weil Waldwege nicht mit Kameras befahrbar seien, habe er denkbare Verbindungen nur mithilfe von Online-Karten am Computer erstellt.    

Gunter Müller (Freie Wähler) polterte: "Ich dachte, Sie liefern uns eine Grundlage, auf der wir aufbauen können. Wenn ich das schon höre, ohne Ortskenntnis am Computer erstellt. Sie werden gut bezahlt. Das ist mir alles zu schwammig." Martha Bolkart-Mühlrath (SPD) betonte: "Die Hälfte unserer Einwohner wohnt in den Stadtteilen. Die Gambacher wünschen dringend eine Anbindung an den Maintal-Radweg." Auch Stefan Rümmer (SPD) wünschte eine stärkere Beachtung der Stadtteile: "Da geht's nicht nur um die Verbindung zur Stadt, sondern auch der Stadtteile untereinander." Armin Beck (Grüne) wünschte sich "eine Prioritätenliste der Maßnahmen".

Marcel Schlameus versprach: "Ich nehme das mit." Bürgermeister Hombach sagte, wenn der Stadtrat in Sommerpause gehe, werde Brenner-Plan nach der Online-Umfrage, den Diskussionen im Stadtrat und dem Bürgerworkshop jede Menge Rückmeldungen erhalten haben. Auf dieser Grundlage werde das Konzept dann weiterentwickelt. Schlameus erklärte: "Es werden nicht alle Maßnahmen sofort umsetzbar sein. Unser Konzept wird der Stadt für die nächsten Jahrzehnte Futter bieten." 

 
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  • T. D.
    Man hätte doch einfach ein Beraterteam aus Europa einfliegen lassen können , damit es noch etwas teurer geworden wäre. Gibt es in den Landratsämter und Städteverwaltungen überhaupt kein Fachpersonal mehr , welches sich mit Verkehrskonzepten auskennt.
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  • S. C.
    Doch, da gibt es den legendären Herrn Brune
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  • H. S.
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  • B. K.
    Und da hätten wir auch schon wieder einen weiteren Schildbürgerstreich....einen externen Berater für ein hausgemachtes Problem....haben wir da wirklich ein Problem? Ein Radfahrer weiß sich doch zu helfen und kann normalerweise die Gefahr abschätzen, dann fahr ich eben auf dem Bürgersteig über die Brücke, schon allein, weil ich kein Verkehrshindernis sein möchte. In Karlstadt gibt es genug wenig frequentierte Straßen um von A nach B zu kommen als Radfahrer, ich muss doch nicht eine Provokation auf einer Hauptverkehrsstraße werden. Bringen sie lieber so manchem Autofahrer bei, dass rechts vor links auch für Radfahrer gilt, als Radfahrer wird man an einer Kreuzung gern mal übersehen, da hilft auch kein teures Radkonzept. Und ein Radweg direkt am Main am großen Parkplatz ist völlig überflüssig, zumal das Wasserwirtschaftsamt dies mit entscheiden muss, nicht die Initiative "Karscht macht mobil".
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  • M. S.
    Es kann wieder einmal festgestellt werden: die Bürger wissen am ehesten wo der Schuh schmerzt, da wird kein externer Berater benötigt. Können denn die Angestellten der Stadt Karlstadt nicht selbst eine so einfache Umfrage auswerten? Können nicht einfach mal die Mehrfachnennungen über Jahre durch Mitarbeiter der Stadt auf einer Stadtkarte markiert und "Knotenpunkte" sichtbar dargestellt werden? Jetzt hat es halt ein externer für lumpige 35.000 Euro gemacht. Egal, zahlt ja ohnehin nur der Steuerzahler. Auf der anderen Seite: Für 35.000 Euro Ideen anderer zusammentragen ist doch ein gut bezahlter Job...Hut ab vor dem Vertriebsmann, der dem Stadtrat das aufgeschwatzt hat zwinkern
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  • H. S.
    35000,- € für was nochmal?
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  • A. B.
    Da wir Gambacher mit dem Lastenfahrrad eh nur bei Harrbach bzw. Wernfeld auf den Main Radweg fahren können, fahren wir lieber gleich weiter nach Gemünden zum Einkaufen.....und über's Edelweiß ist es mit dem Vehikel auch keine Alternative
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Was für ein Schlamassel Herr schlameus
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  • S. C.
    Viel Unsinn steht in diesem Artikel.

    Daß die riesigen Gehwege der Nordbrücke für Radfahrer freigegeben werden sollten, sagt jeder zweite Karschter seit 20 Jahren. Zumal da sowieso kaum Fußgänger gehen. Nix neues.

    Und die Alte Bahnhofstraße "...könne zu einer Spielstraße werden, in der Parken nicht erlaubt ist..."? In einer Spielstraße dürfen gar keine Fahrzeuge fahren, also meint der Autor wohl "verkehrsberuhigter Bereich" und kennt nichtmal die korrekten Begrifflichkeiten? Zudem: die Alte Bahnhofstraße IST BEREITS verkehrsberuhiger Bereich, in dem sowieso nur in markierten Flächen geparkt werden darf. Oder geht es um die 2 Parkplätze vor der Raiffeisenbank? Die stören keinen Radler.

    In der Bodelschwinghstraße: " gebe es Möglichkeiten zur Gestaltung" Bitte nicht! Eine breite, übersichtliche Straße ist das beste für gemeinsamen Auto- und Radverkehr. Jedes Herumgebastel mit Hindernissen, Bäumen und Bodenmalereien macht alles nur gefährlicher.
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  • M. W.
    @nogel: Wenn die Gehwege der Nordbrücke bereits seit 20 Jahren diskutiert werden, frage ich mich, warum sich trotzdem nichts tut? Vielleicht muss erst jemand von außen kommen, damit endlich gehandelt wird!
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  • M. R.
    Die Alte Bahnhofstraße ist bereits verkehrsberuhigter Bereich, in dem nicht geparkt werden darf - das ist richtig. Aber es wird dort trotzdem geparkt, das ist ja das angesprochene Problem.
    Das liegt auch an der Gestaltung. Eigentlich sollte es in einem verkehrsberuhigten Bereich keine Trennung zwischen Gehsteig und Straße geben wie es in der Alten Bahnhofstraße der Fall ist. Deshalb sprach der Planer von einer Umgestaltung und verwendete den Begriff "Spielstraße".

    Markus Rill,
    Redakteur
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