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Main-Spessart
Proteste in Main-Spessart gegen die Landflucht der Sparkasse
Von 34 Filialen im Landkreis will die Sparkasse zwölf schließen und sechs auf Selbstbedienung umstellen. Der Sinngrund ist besonders betroffen. Widerstand formiert sich.
Als Ersatz für die geschlossene Sparkassenfiliale erhielt Gräfendorf (im Bild der damalige Bürgermeister Alfred Frank und Dorfladenleiterin Katrin Roloff) einen Geldautomaten. Er wird nun zum Jahreswechsel abgezogen.
Foto: Wolfgang Schelbert | Als Ersatz für die geschlossene Sparkassenfiliale erhielt Gräfendorf (im Bild der damalige Bürgermeister Alfred Frank und Dorfladenleiterin Katrin Roloff) einen Geldautomaten. Er wird nun zum Jahreswechsel abgezogen.
Björn Kohlhepp
 und  Michael Fillies
 |  aktualisiert: 08.02.2024 20:50 Uhr

Helga Blum reagierte als Erste. Die Geschäftsführerin des Dorfladens in Aura verfasste vorige Woche eine Petition, kaum dass die Nachricht von der Schließung der örtlichen Sparkassen-Filiale und 28 weiterer in Unterfranken zum Jahresende durchgesickert war. Helga Blum und einige Helferinnen verteilten die Petition zum Erhalt der Geschäftsstelle an alle Haushalte. Der Rücklauf sei immens, freut sich die Initiatorin; am Donnerstag sollen die unterschriebenen Flugblätter gesammelt und der Sparkasse Mainfranken übergeben werden. Am Donnerstagabend wollen die sechs Bürgermeister der Sinngrund-Allianz ein gemeinsames Vorgehen beraten.

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Den Sinngrund – das Gebiet zwischen Gemünden und der Landesgrenze zu Hessen – trifft die angekündigte Ausdünnung des Filialnetzes besonders: Es soll nur die Filiale Burgsinn erhalten bleiben; Aura und Rieneck schließen, Obersinn erhält einen Selbstbedienungsautomaten. Helga Blum konstatiert bitter: "Dann müssen die Bürger der Gemeinde Aura zehn Kilometer fahren, um ihre Bankgeschäfte zu erledigen. Mir kommt es so vor, dass das Corona-Virus ein geeigneter Vorwand der Sparkasse ist, um so manch eine Filiale schließen zu können. Aber es zählen halt doch nur die großen Konzerne mit viel Geld."  

Nahversorgung in Gefahr

Aura hat knapp 1000 Einwohner und mit etwa 270 Beschäftigten den größten Arbeitgeber im Raum Gemünden. Werde die Filiale geschlossen, gerate auch der nebenan gelegene Dorfladen in Bedrängnis, befürchtet die Geschäftsführerin: "Unsere Sparkassenfiliale war immer gut besucht. Und auch die Beratung (dort) war immer sehr kompetent und kundenorientiert (...). Da kein Geldautomat zur Verfügung gestellt wird, sehe ich schwarz für den Erhalt unseres Dorfladens."

Proteste in Main-Spessart gegen die Landflucht der Sparkasse

Ihr Ehemann, Auras Bürgermeister Wolfgang Blum, lässt im Gespräch mit der Redaktion seiner Verärgerung freien Lauf: "Für die kleinen Orte ist das wieder ein Debakel." Die Postbank und die Raiffeisenbank hatten sich schon vor längerer Zeit aus seinem Dorf zurückgezogen. "Dass sich jetzt die Sparkasse dünn macht, ist gerade für Rentner schlimm." Ebenso für die Bemühungen der Sinngrund-Gemeinden, den Landstrich für die Einwohner attraktiv zu halten. Die Sparkasse verstoße gegen ihren öffentlichen Auftrag, urteilt der Bürgermeister.

Bankgeschäfte am Telefon?

Seine Amtskollegin in Obersinn, Lioba Zieres, findet kaum freundlichere Worte für das Vorhaben der Sparkasse Mainfranken Würzburg. In ihrem Ort soll ein Selbstbedienungsautomat die Filiale ersetzen. Der Rückzug aus der Fläche "ist irgendwie ein Unding" und "vor allem für unsere älteren Leute ein Problem", sagt Lioba Zieres. Dass man sich per Post Bargeld schicken lassen und telefonisch Überweisungen beauftragen kann, wie ihr ein Sparkassen-Mitarbeiter erklärt habe, hält sie für wenig zweckmäßig: Was, wenn der Geldbote niemanden antrifft? Und soll man das Risiko eingehen, am Telefon Geldgeschäfte abzuschließen?

Was Bürgermeisterin Zieres vermisst: Wenn die Situation der Sparkasse so ernst ist, warum handelt sie nicht mit dem Mitbewerber in der Fläche, der Raiffeisenbank, eine Lösung aus, wie die Versorgung auf dem Land gewährleistet werden kann. Die Raiffeisenbank Main-Spessart unterhält 31 Filialen und sieben Automaten, zum Teil in denselben Orten wie die Sparkasse. Hoffnungen setzt die Obersinnerin auf den hiesigen Bundestagsabgeordneten Bernd Rützel, der die Filialschließungen ablehnt.   

Nickel: "Ich erwarte andere Ideen"

Auch Rieneck soll seine Sparkasse verlieren. "Ich werde für den Erhalt kämpfen", kündigt Bürgermeister Sven Nickel an. Er suche aktuell Kontakt zum Sparkassen-Vorstandsvorsitzenden Bernd Fröhlich. "Mein Ziel: Ich möchte, dass ein Vorstandsmitglied nach Rieneck kommt und ich ihm die Situation hier schildere." Man könne die Beweggründe der Sparkasse nachvollziehen, aber sie als öffentlich-rechtliches Unternehmen müsse auch die besondere Situation des strukturschwachen Sinngrunds berücksichtigen. Sven Nickel ist selbst Banker. Seiner Einschätzung nach ist die Sparkasse Mainfranken durch die Niedrigzinsphase zum ersten Mal in eine Krisensituation geraten: "Da erwarte ich andere Ideen, als ein Drittel der Filialen zu schließen."

In Gräfendorf sagt Bürgermeister Johannes Wagenpfahl, der ebenfalls Banker ist: "Es war bei uns abzusehen, dass sie nicht mehr lange machen." Sein Amtsvorgänger Alfred Frank hatte der Sparkasse die Zusage abgerungen, wenigstens einen Automaten stehen zu lassen. Pro Jahr hätten es 20 000 Abhebungen am Automaten sein müssen, es seien aber wohl deutlich weniger gewesen, so Wagenpfahl. Deswegen wäre der Automat voraussichtlich sowieso nur bis Ende des Jahres stehengeblieben. "Wir bedauern es zwar, aber da ist nichts zu diskutieren mit der Sparkasse."

Landrätin Sitter spricht von Optimieren

Als Gräfendorferin ist Landrätin Sabine Sitter direkt betroffen. Als Ende September 2016 der normale Filialbetrieb in ihrem Heimatort eingestellt wurde, hätten ihre Kinder unter ihrer Federführung einen Protestbrief verfasst – denn jetzt konnten sie sich auf dem Weg zum Kindergarten nicht mehr schnell ihre Gummibärchen abholen. Sie selbst fing erst nach der Schließung mit dem Online-Banking an. Natürlich sei die Schließung schmerzlich gewesen.

Als Landrätin ist Sabine Sitter aber auch Mitglied des Verwaltungsrats der Sparkasse Mainfranken Würzburg. Sie könne es nachvollziehen, dass die Sparkasse ihr Filialnetz verkleinert – Sitter sagt "optimieren". Die Bank habe eine professionelle Marktanalyse durchgeführt und sich ihre Entscheidung auch nicht leicht gemacht. Zwar sei die Sparkasse ein Teil der Daseinsvorsorge, aber das Filialnetz der Bank sei trotzdem immer noch so groß, dass die meisten innerhalb von zehn Minuten zu einer Bank mit Berater kommen könnten. Heute laufe auch viel digital oder telefonisch, so dass jeder auch ohne Filiale seine Bankgeschäfte erledigen könne. Bargeld lasse sich heutzutage sogar per Post verschicken.

"Man muss individuell vor Ort noch mal schauen", sagt Sitter. Sie habe das Gefühl, dass man mit dem für den Landkreis zuständigen Ansprechpartner reden könne, auch sie stehe für Gespräche zur Verfügung. Zunächst möchte sie sich mit dem Wirtschaftsförderer des Landkreises zusammensetzen. Eine gute Versorgung der Bürger vor Ort müsse gewährleistet sein.

MdL Schwab: "Ich werd's wohl nicht aufhalten können"

Während der Gemündener Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel (SPD) noch einmal mit der Sparkasse reden möchte, da sie dem Gemeinnützigkeitsprinzip verpflichtet sei, sagt der Hafenlohrer Bürgermeister und Landtagsabgeordnete Thorsten Schwab (CSU): "Ich werd's wohl nicht aufhalten können." Auch in Hafenlohr soll die Filiale geschlossen werden. Alle Bürgermeister seien vor der Verkündung der Schließungen informiert worden.

Schwab kann angesichts der niedrigen Zinsen und des Wettbewerbsdrucks durch Online-Banken den Schritt der Sparkasse nachvollziehen. Er betrachte es allerdings mit Sorge, dass die Infrastruktur im ländlichen Raum immer mehr wegbricht. Dem Sparkassen-Vertreter habe er mit auf den Weg gegeben, dass die verbleibenden Filialen und Geldautomaten doch wenigstens gut mit dem Auto erreichbar sein sollen.

 
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  • werner.mueller.65@freenet.de
    @Joil: Verständnis für Schließungen hat wohl keiner. Die Frage liegt aber eben in der Ehrlichkeit, in der Analyse. Oder meinen Sie wohl der Protest eines Politiker, hier des SPD-Mannes Rützel bewirkt was - außer vielleicht Populismus. Ich lebe in einer Ortschaft in der es noch nie eine Filiale gab. Ja, auch in dieser Ortschaft leben Menschen jenseits der 80, die es nicht anders kennen, als Bankgeschäfte in der nächstgrößeren Stadt zu erledigen. Wer den demographischen Wandel nicht erkannte, der braucht sich jetzt eben nicht zu wundern, wenn Behörden und Institutionen auf dem Land schließen.... Punkt. Da nutzt es jetzt auch nichts zu jammen, wenn es auch bedauerlich zu befinden ist. Immer erst dann zu reagieren, wenn das "Kind in den Brunnen" gefallen ist, das ist wirklich zu spät!! Die sich jetzt abzeichende Entwicklung begann schon vor Jahren, vor Jahren, als einige der heutigen führenden MSP-Politiker noch gar nichts von "ihrem Glück oder Unglück", wie man es sieht, wussten.
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  • kratz.obersinn@web.de
    Welch ein Glück hat die SPK bis nach den Wahlen gewartet mit Ihrer Bekanntgabe.. Sonst hätten sich ja besagte Politiker kümmern müssen.. grinsen

    Wen interessiert es ob der Senior aus Aura ..Obersinn usw. an sein Geld kommt..genau niemand
    Was ist die Folge.. Die Leute legen sich ihr Geld nachhause werden damit evtl.öfter Opfer von Enkelbetrügern oder gar dubiosen Handwerkern..öffnet man damit dem Betrug nicht noch mehr die Tür??

    Außerdem will die SPK ihre Kunden zu Sachen zwingen die Sie nicht wollen..z.B.Onlinebanking..ich bekomme ständig Briefe wo es mir schmackhaft gemacht wird..alles soll nur noch online und telefonisch passieren ..man wird ja schon krumm angeschaut wen man es sich erdreistet an den Schalter zu gehen und etwas zu fragen..bis sich da mal einer bemüht aufzustehen aus der gemütlichen Plauderrunde..und jetzt zu Corona Zeiten denkst du ,du hast die Pest so wirst du angeschaut..

    Obersinn ist schon seid längerem SB Schalter und obwohl fast täglich ein Mitarbeiter da ist..
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  • josh-endres@gmx.de
    Direktbank ist alles schön und gut. Aber für die Unterhaltung der Geldautomaten müssen oder sollen die Genossenschaft oder Sparkassen herhalten. Mann sollte an die Älteren Menschen denken, die nicht mehr mobil sind oder sich mit Onlinebanking auskennen. Alle Banken sollten für die Versorgung der ländlichen Regionen zusammen bezahlen. Das muss die Politik Ran!!!
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  • josef-ils@web.de
    Wenn das alles ist was unsere Komunalpolitiker samt Neulandrätin zu bieten haben, außer dass sie Verständnis haben gegenüber der SPK, außer B. Rützel, tun sie mir leid. Wo bleibt das Verständnis gegenüber der älteren Menschen, die nicht mehr flexibel sind, in diesen Gemeinden?
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  • josef-ils@web.de
    Wenn das alles ist was unsere Komunalpolitiker und Neulandrätin Sitter (außer B. Rützel) zu bieten haben dann tun sie mir leid.
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  • arnold.friedrich@t-online.de
    Ein Rat an jeden verärgerten Kunden. Hohe Gebühren bezahlen und mieser Service ??
    Dann gleich zu einer Direktbank, die kostet nix und dann muss ich mich über den Service nicht ärgern. Bin seid 30 Jahren bei der PSD Bank, mach alles Online und Geldabheben geht bei allen Volks und Raiffeisenbanken in ganz Deutschland, Kostenlos.
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