In einer Zahnarztpraxis ist die Reduzierung von Plastikmüll besonders herausfordernd. Viele medizinischen Einmalprodukte können nur schwer durch umweltfreundlichere Alternativen ersetzt werden. "Mir ist aufgefallen, wie viel Müll wir eigentlich produzieren", sagt Dr. Axel Otto.
Das war 2007, als er mit seiner Hafenlohrer Zahnarztpraxis Curvadent in den Neubau in der Bahnhofstraße umgezogen und die Praxis vergrößert hat. Heute hat das Medizinische Versorgungszentrum insgesamt 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Danach habe er angefangen, sich Gedanken zu machen, wie er und sein Praxisteam nachhaltiger arbeiten können. Eine lange Liste an Maßnahmen zum Klimaschutz, nachhaltigem Konsum und dem Wohlergehen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führte dazu, dass die Praxis das Qualitätssiegel "Grüne Praxis des Jahres" erhalten hat.
Hygiene und Müll reduzieren: In der Zahnarztpraxis geht das nicht immer zusammen
"Ich glaube nicht, dass man sich heute der Verantwortung entziehen kann, nicht nachhaltig zu arbeiten", sagt Heidi Otto. Die Ehefrau ist seit 2019 als Geschäftsführerin für die Verwaltung zuständig. Dem Planet Erde sei es egal, ob auf ihm Menschen leben würden. "Uns muss es wichtig sein und wir müssen entsprechend dazu beitragen, dass wir fortbestehen", sagt sie.
Hygiene spielt in einer Zahnarztpraxis eine wichtige Rolle, um zu verhindern, dass Krankheitserreger übertragen werden und um vor Infektionen zu schützen. Um Material steril und sauber zu halten, werden Becher, Tücher oder Spritzen einmal verwendet und dann entsorgt. Statt Plastik- nutzt Otto längst Papierbecher. Doch auch sie werden nach dem Einmalgebrauch entsorgt.
Zur Sterilisation von Bechern ist viel Strom und Wasser nötig
Warum steigt man nicht um auf wieder verwendbare Becher, zum Beispiel aus Porzellan? "Wir versorgen täglich 100 bis 150 Patienten", so Heidi Otto. Es würde sehr viel Strom und Wasser verbrauchen, diese Anzahl an Becher zu sterilisieren und wäre letztlich nicht nachhaltiger. "Kleinere Praxen können das leichter stemmen."
Auch für die Papierlätzchen, die Patientinnen und Patienten während einer Behandlung tragen, lohne sich für ihre Praxis eine Alternative aus Stoff nicht, meint sie. In den Bereichen, in denen keine Behandlungen stattfinden, zum Beispiel in den Toilettenräumen, gibt es zum Abtrocknen der Hände waschbare Stoffrollen.
Patientenakten werden digital verwaltet
Papier wird auch in der Verwaltung gespart: "Anamnese, Aufklärungsbögen, Patientenakte: Alles was geht, wickeln wir digital ab", erklärt Heidi Otto. Auch digitales Röntgen sei längst Standard. Zwar seien die Strahlen selbst nicht weniger geworden, die umweltbelastende Flüssigkeit für die Bilderentwicklung werde jedoch nicht mehr benötigt.
Viele Zahnarztpraxen nutzen quecksilberhaltiges Amalgam als Füllmaterial bei löchrigen Zähnen. Die EU-Kommission hat eine Verwendung ab 2025 verboten. Otto sagt, er habe noch nie ein Gramm Amalgam gekauft und verwende stattdessen eine Alternative aus Kunststoff. Wenn er bei Patienten eine Amalgam-Zahnfüllung entfernt, muss er das Material separieren und als Sondermüll über einen zertifizierten Fachbetrieb entsorgen. Er schätzt, dass das in seiner Praxis pro Jahr etwa 20 Kilogramm sind.
Photovoltaikanlage auf dem Praxisdach liefert grünen Strom
Umweltfreundlich wirtschaften heißt nicht nur, Müll zu reduzieren, sondern auch Energie zu sparen. Seit November gibt es auf dem Dach des Praxisgebäudes eine Photovoltaikanlage. "Ziel ist es, ein Drittel unseres Stroms selbst zu produzieren", sagt Heidi Otto. Der Stromverbrauch sei in einer Zahnarztpraxis sehr hoch. Die Geräte seien den ganzen Tag über in Betrieb, die elektrischen Behandlungsstühle werden ständig hoch- und wieder heruntergefahren. Die Beleuchtung in der Praxis ist seit 2010 auf LED umgerüstet. Dr. Otto sagt, er habe dadurch 90 Prozent des damaligen Verbrauchs eingespart.
Es bringe nichts, wenn der Chef vermeintlich gute Ideen hat, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber nicht bereit sind, diese umzusetzen, findet Axel Otto. "Wir haben für verschiedene Bereiche Arbeitsgruppen gebildet, die sich – abseits vom Behandlungsalltag – Zeit für ihre jeweiligen Themen nehmen", sagt seine Frau. Eine solche Gruppe ist das Green-Team, in dem Angestellte aus der Verwaltung, Ärzte und Assistenzkräfte gemeinsam Ideen ausarbeiten, wie das Unternehmen nachhaltiger werden kann.
Im Februar soll eine Elektrotankstelle installiert werden. Für kommendes Jahr ist zudem eine Umgestaltung des Gartens geplant. "Wir wollen mehr insektenfreundliche Pflanzen setzen und einen Komposthaufen anlegen", so Heidi Otto. Für interne Zwecke hat die Praxis begonnen, eine CO2-Bilanz zu erstellen. "So können wir in Zukunft die Verbräuche vergleichen", erklärt sie.