
Im Prozess um den Mord an der 13-jährigen Sabine B. aus Wiesenfeld hat die Staatsanwaltschaft Würzburg an diesem Donnerstag nach Jugendstrafrecht auf eine Freiheitsstrafe von neun Jahren plädiert. Der heute 48 Jahre alte Angeklagte aus dem Landkreis Main-Spessart muss sich seit 21 Verhandlungstagen am Landgericht Würzburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, das Mädchen im Dezember 1993 auf einem Reiterhof in Wiesenfeld sexuell missbraucht und getötet zu haben.
Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach ist von der Schuld des Angeklagten überzeugt. "Ich gehe davon aus, dass es ein Mord war", sagte er in seinem Plädoyer. "Wir sind weit, weit weg von irgendeiner Affekttat. Es ging dem Angeklagten darum, dass die Sabine stirbt."
Zehn Minuten lang sei die 13-Jährige gewürgt worden, sagte Seebach. Entscheidend seien in der Beweisführung die DNA-Spuren des Angeklagten am Tatort und an der Kleidung der Getöteten. So stimme die Erbinformation im Sperma, das am Slip des Mädchens gefunden wurde, "zweifelsfrei" mit der DNA des 48-Jährigen überein.
Zeugenaussagen und Indizien belasten den Angeklagten im Mordprozess
Viele weitere Indizien sprechen aus Sicht der Staatsanwaltschaft dafür, dass der damals 17 Jahre alte Angeklagte auch der Täter sein könnte. Zum Beispiel habe er für die Tatzeit kein Alibi. Er habe vielmehr Personen angesprochen, ob sie ihm eines geben könnten. "Das allein ist kein Tatnachweis", sagte der Staatsanwalt, es sei jedoch "merkwürdig".
Nicht geklärt werden konnte Seebach zufolge, warum das Mädchen getötet wurde. Sollte der Missbrauch verdeckt werden? Sollte das Mädchen getötet werden, um es zu missbrauchen? Hat der Angeklagte die 13-Jährige ermordet, weil sie keinen Sex mit ihm wollte? Warum hat mutmaßlich der Angeklagte das Mädchen mit einem Holzpfahl gequält? Ihr Körper war in einer Güllegrube gefunden worden. "Extrem brutal, sadistisch, es gibt keine rationale Erklärung dafür", fasste Seebach die Tat zusammen.
Weil der Angeklagte zum Tatzeitpunkt ein Jugendlicher war, muss 31 Jahre später das Jugendstrafrecht angewendet werden. Das Höchstmaß für Mord beträgt bei Jugendlichen zehn Jahre. Weil der Mann keine Vorstrafen hat, beantragte der Oberstaatsanwalt eine Strafe knapp darunter. Zudem stellte er einen Haftantrag, der unmittelbar nach einem etwaigen Schuldspruch vollzogen werden soll.
Auch der Anwalt der Schwester des Opfers, die Nebenklägerin ist, plädierte am Donnerstag auf Mord. Die Höhe der Strafe überlässt er dem Gericht. "Wir haben am 15. Dezember 1993 durch den Tod meiner Schwester lebenslang bekommen", sagte die Nebenklägerin nach dem Plädoyer.
Urteil zu Mord vor über 30 Jahren wird noch vor Weihnachten erwartet
Weil die Tat so lange zurückliegt, sind alle Delikte außer Mord verjährt. Wie der Vorsitzende Richter Thomas Schuster zu Beginn des Prozesses im September erklärt hatte, gibt es drei Szenarien, wie Verfahren ausgehen kann: Entweder dem Angeklagten sei nichts nachzuweisen und er werde freigesprochen. Oder man könne seine Beteiligung an der Tat belegen, aber keinen Mord – dann werde der Prozess wegen Verjährung eingestellt. Sollte dem 48-Jährigen allerdings ein Mord nachgewiesen werden, werde es ein Urteil geben, kündigte Schuster beim Auftakt an.
An diesem Freitag werden die Plädoyers fortgesetzt. Der Angeklagte hat sich bislang nicht zu den Tatvorwürfen oder einer etwaigen Beteiligung geäußert. Ein Urteil will das Landgericht Würzburg am 20. Dezember verkünden - dann in einer öffentlichen Hauptverhandlung, wie der Vorsitzende Richter ankündigte. Bislang waren in dem nichtöffentlich geführten Prozess lediglich Journalistinnen und Journalisten von fünf Medienhäusern zugelassen.