
Falls dieser Prozess um den Mord an Sabine B. in Wiesenfeld vor 31 Jahren für manche Beobachterinnen und Beobachter zunächst wie eine Pflichtübung der Justiz ausgesehen haben mag – mühevoll, aber ohne große Aussicht, die Tat nachweisen zu können - dann hat sich das jetzt gewandelt.
Der zur Tatzeit 17 Jahre alte Angeklagte steht unter Verdacht, allein oder zusammen mit dem inzwischen verstorbenen Hoferben im Dezember 1993 auf dem Reiterhof in Wiesenfeld im Landkreis Main-Spessart das Mädchen sexuell missbraucht und umgebracht zu haben.
Video von Vernehmung gezeigt: Aussagen und Erinnerungslücken machen verdächtig
Im Zentrum am Dienstag, dem inzwischen sechsten Verhandlungstag am Landgericht Würzburg: eine Videovernehmung des Beschuldigten im Jahr 2021. Die Kripo Würzburg hatte damals den ungelösten Mordfall wieder aufgenommen, gegen den heute 47-Jährigen gab es neue Indizien.
Der vor Gericht gezeigten Aufnahme zufolge schien bei ihm in der Vernehmung jegliche Erinnerung an den Tag der Tat gelöscht zu sein. Anders als in den neun vorangegangenen Verhören seit 1993, bei denen er sich auch an Details erinnert hatte. Nun schien er Sabine kaum mehr zu kennen: "Sie war halt da", war sein ganzer Kommentar.
Auch an eine Aussage, die er früher zu Protokoll gegeben hatte, wollte der Angeklagte angeblich keine Erinnerung mehr haben: Dass er am Nachmittag mit der 13-Jährigen und dem Sohn des damaligen Hofbesitzers Kaffee getrunken und dann beide allein gelassen habe. Und erst auf hartnäckige Nachfragen der Ermittler erinnerte er sich in der Vernehmung, beim Fund der Leiche dabei gewesen zu sein.
Von einer verwunderten Kriminalbeamtin auf die Gedächtnislücken angesprochen, wiegelte er im Vernehmungsvideo ab: Er könne sich ja kaum noch an Ereignisse aus der Vorwoche erinnern.
In früheren Aussagen und vor Gericht: Zeugin lenkt den Verdacht erneut auf den Hoferben
Eine gute Freundin der getöteten Sabine lenkte als Zeugin vor Gericht den Verdacht dagegen erneut auf den inzwischen verstorbenen Hoferben. Sie hatte diesen schon in früheren Aussagen bei der Polizei konkret beschuldigt, die 13-Jährige umgebracht zu haben. Bei Feiern auf dem Hof habe er alle Mädchen angemacht und betatscht. "Er war ein unangenehmer Mensch", sagte sie. Eine Beschreibung, die auch andere Zeugen so ähnlich bereits machten.

Die Zeugin sagt jetzt aber auch: Sie habe den Angeklagten nach dem Leichenfund im Wohnhaus des Hofbesitzers sitzen sehen. Auf die Nachricht, Sabine sei tot gefunden worden, habe er "keinerlei Reaktion" gezeigt.
Was bei ihrer Aussage aufhorchen ließ: Die Zeugin will Polizisten bereits einen Tag nach dem Verschwinden Sabines auf die zwei Jauchegruben auf dem Hof hingewiesen haben. Doch niemand habe reagiert.
Als tags darauf in der einen Grube Kleidung der 13-Jährigen gefunden wurde, habe sie erneut auf die zweite Grube aufmerksam gemacht. Die Reaktion des Hoferben sei bezeichnend gewesen: "Da braucht man nicht reinzugucken, da is nix." Die Polizei schaute hinein - und fand die Leiche.
Der Prozess wird an diesem Donnerstag, 26. September, fortgesetzt.