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Gemünden
Offener Brief eines Bürgers zu Übergabe-Plänen der Seniorenzentren: Landratsamt beantwortet Fragen
Sollen die Kreisseniorenzentren und damit auch die geplanten Baumaßnahmen an die Heroldstiftung übergehen? Der Kreistag diskutierte nicht-öffentlich, ein Bürger erfragte nun Erklärungen.
Der Landkreis Main-Spessart will seine beiden Seniorenheime in Gemünden (im Bild) und Marktheidenfeld an die Heroldstiftung abgeben, die bereits ein Seniorenheim in Karlstadt betreibt.
Foto: Wolfgang Dehm | Der Landkreis Main-Spessart will seine beiden Seniorenheime in Gemünden (im Bild) und Marktheidenfeld an die Heroldstiftung abgeben, die bereits ein Seniorenheim in Karlstadt betreibt.
Tabea Goppelt
 |  aktualisiert: 03.08.2024 02:40 Uhr

Die Heroldsstiftung soll die kreiseigenen Seniorenzentren übernehmen, das strebt der Kreistag derzeit an. Auf die Berichterstattung der Redaktion über dieses Vorhaben hin verfasste der Gemündener Michael Mahlo einen Offenen Brief an Landrätin Sabine Sitter sowie die Kreisrätinnen und Kreisräte. Vor allem geht es ihm dabei um die Auswirkungen der Übernahme auf das Seniorenzentrum Gemünden. Sein Brief ist wie ein Fragenkatalog formuliert; auf Nachfrage teilte das Landratsamt die Antworten an Mahlo mit der Redaktion.

Seine erste Frage ist beinhaltet gleichzeitig eine nachdrückliche Meinungsäußerung: "Warum wurde die Öffentlichkeit von der Beschlussfassung 'Übergabe der Kreisseniorenzentren Gemünden a. Main und Marktheidenfeld' ausgeschlossen? Dieser Beschluss und alles, was damit zusammenhängt, es sehr wohl öffentlichkeitsrelevant!"

Der Kreistag habe darüber noch nicht beschlossen, erklärt das Landratsamt, sondern nur erklärt, die Übergabe anzustreben. Um darüber beschließen zu können, steht erst noch die Entscheidung der Heroldstiftung aus. Die Öffentlichkeit sei aufgrund von vertraulichen Vertragsinhalten von den Sitzungen ausgeschlossen und im Anschluss informiert worden.

Sinkende Bettenzahl in Zusammenhang mit Personalmangel

In Pressemitteilungen des Landratsamts heißt es, die Heroldstiftung stehe laut Stiftungsvertrag unter der Gewährträgerschaft des Landkreises mit dem jeweiligen Landrat als Vorsitzendem der Stiftung. Mahlo fragt in seinem Brief, was "Gewährträgerschaft" im rechtlichen Sinn bedeutet und welche Konsequenzen sich bei Übernahme der Seniorenzentren Gemünden und Marktheidenfeld aus der Gewährträgerschaft ergeben.

Gewährträger ist im öffentlichen Recht die Bezeichnung für eine Gebietskörperschaft, die eine Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet hat, kraft Anstaltslast hierfür die Verantwortung übernimmt und für deren Verbindlichkeiten haftet, erklärt das Landratsamt. Konkret würde das Landratsamt ein Defizit bei den Betriebskosten übernehmen. Bisher sei es erst einmal vorgekommen, dass der Landkreis Main-Spessart ein Defizit der Heroldstiftung decken musste, und zwar im Jahr 2014.

Mahlo fragt außerdem nach, warum die Neu- bzw. Umbauten der Seniorenheime bettentechnisch um circa die Hälfte des Betten-Bestandes verkleinert werden. Vor wenigen Wochen stellte sich etwa heraus, dass das Kreisseniorenzentrum in Gemünden 40 Prozent weniger Pflegeplätze haben wird. Ob die Seniorenzentren monetär zulasten der Bürgerinnen und Bürger Main-Spessarts gehen werden und vor allem physisch und psychisch zulasten derer, die auf einen Platz dort angewiesen sein werden, fragt Mahlo.

Aus mehreren Gründen sei es zu kurz gedacht, sich beim Thema Pflege allein an der Zahl der stationären Betten zu orientieren, erwidert das Landratsamt. Zwischen 250 und 300 Betten aller Anbieter im Landkreis seien aktuell aufgrund von Personalmangel nicht belegt, dieser werde sich Prognosen zufolge verschärfen. Zudem gehe der Trend weg von der rein stationären Pflege hin zu vielfältigen anderen Pflegeangeboten und dem Verbleib in der eigenen Wohnung so lange wie möglich.

Auch würden durch die Neubauten gesetzliche Anforderungen wie eine Einzelzimmerquote von 75 Prozent sowie Mindestgrößen und Barrierefreiheit der Zimmer erfüllt. Durch kleinere Wohngruppenkonzepte soll eine bessere Betreuung gewährleistet werden.

Investitionen bei knapper Kasser

Mit Blick auf die Finanzlage des Kreises fragt Mahlo danach, wie der Kreis im Ernstfall für die derzeit laufenden Arbeiten der Heroldstiftung in Karlstadt und für die Neu- bzw. Umbauten in Gemünden und Marktheidenfeld aufkommen könnte. Er geht bei letzteren von Kosten im mittleren zweistelligen Millionenbereich aus, bei ersterem von rund 10 Millionen. 

Im Werkausschuss des Klinikums Main-Spessart und im Kreistag gab es umfassende Diskussionen darüber, in welcher Betriebsform die Häuser künftig geführt werden sollen und wer die Investitionen für die Neubauten übernimmt, antwortet das Landratsamt. Die Finanzlage des Landkreises sei durch den Klinikneubau angespannt, allerdings seien die Maßnahmen nötig und im Fall einer Förderzusage auch zeitnah umzusetzen.

Fraktionsübergreifend habe sich im Kreistag die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Umsetzung der Neubauten sowie ein künftiger Betrieb der Seniorenzentren unter dem Schirm der Otto-und-Anna-Herold-Stiftung zu bevorzugen wäre. Auf die Übernahme von Kosten konkret ging das Landratsamt in der Antwort nicht ein.

Dieter Reichert, Geschäftsführer der Otto-und-Anna-Herold-Altersheim-Stiftung Karlstadt, hatte der Redaktion gegenüber bereits geäußert, dass die Stiftung eine Übernahme stemmen könne. Mahlo zeigte sich nicht zufrieden mit den Erklärungen des Landratsamts. "Ich sehe keinerlei Vorteile in einer Übernahme durch die Heroldsstiftung", sagte er.

 
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