
Die Worte "Genuss – mitten ins Herz" prangten am Donnerstag auf der Menükarte des Abends. Das recht morbide angehauchte Motto erläuterte Landrätin Sabine Sitter ihren Gästen beim Landratsschoppen 2023 in der Waldschänke Bayerische Schanz. Mitten im Wald zwischen Ruppertshütten und Rengersbrunn, etwa einen Kilometer von der hessischen Grenze entfernt, feierte die im Vorjahr wegen einer Erkrankung abwesende Sitter ihre Landratsschoppen-Premiere im großen Rahmen. 2021 konnte die Veranstaltung nur im kleinen Kreis stattfinden.
"Der Veranstaltungsort ist nicht dem Zufall geschuldet, wir wollen nicht nur den Wein feiern, sondern auch den Wald", begann die Landrätin ihre Rede. Grund genug, den Jagdbeirat des Landkreises einzubestellen, die den Abend akustisch einleiteten. Dann ergriff Stefan Nunn als Kellermeister der Winzergemeinschaft Franken das Wort.
Der Landratsschoppen 2023 kommt vom Retzstadter Langenberg
Insgesamt wurden fünf Weine vorgestellt, die das deftige, fleischlastige Menü à la "Genuss – mitten ins Herz" mit Wildhasenterrine und Kalbsbäckchen begleiteten. Die Weinkarte startete mit einem Erlenbacher Grauburgunder, gefolgt von einem Homburger Silvaner, beide Jahrgang 2021. Außerdem schenkten die Weinprinzessinnen des Landkreises ihren jeweiligen Tischen einen Retzstadter Spätburgunder aus dem Jahr 2020 sowie einen Seinsheimer Eiswein von 2021 ein.

Trotz einer ausgewählten Gästeliste war der eigentliche Stargast des Abends ein anderer: der Landratsschoppen. Der wurde zuvor von einer Jury ausgewählt. Unter ihnen waren der ehemalige Landrat und jetzige Bezirkstagsvizepräsident Thomas Schiebel, Weinprinzessinnen, Mitarbeiterinnen des Landratsamts sowie die Landrätin selbst. Die Wahl fiel auf einen Müller-Thurgau Kabinett vom Retzstadter Langenberg, der aus dem Jahr 2022 kommen sollte. Dabei blieb es aber nicht. Es wurde der aktuelle Jahrgang.
Schoppen nach der Wahl plötzlich verschwunden
Cornelius Lauter, geschäftsführender Vorstand der Winzergemeinschaft Franken (GWF), erklärte, warum der neue Landratsschoppen nun doch aus dem aktuellen Jahr stammt: "Beim Aufräumen des Weinkellers vor dem Herbst ist der bereits auserkorene Landratsschoppen versehentlich mit verräumt worden", sagte er. Der eigentlich preisgekrönte Wein sei somit einer neuen Nutzung zugeführt worden, Ersatz musste her.

Stefan Nunn: "Moderner Müller-Thurgau für modernen Landkreis"
Sabine Sitter habe im kurzfristigen Telefonat dann ausdrücklich klargestellt, dass es bei dem gewählten Wein bleiben müsse, da alles Organisatorische schon in die Wege geleitet worden war. So fiel die "Neuwahl" kurzerhand auf den aktuellen Jahrgang vom Retzstadter Langenberg. Der Stimmung tat die Erklärung dieses wohl einmaligen Malheurs der GWF keinen Abbruch. "Der neue Landratsschoppen ist jung, frisch, spritzig und bringt ein tolles Aroma mit", verteidigte Lauter die Alternativlösung. Kellermeister Stefan Nunn ergänzte: "Moderner Müller-Thurgau und ein moderner Landkreis passen doch gut zusammen."
Bei wem der spontane Notfallschoppen noch kein Schmunzeln hervorgerufen hatte, halfen "Hermann und Hermine" mit ihrem fränkischen Kabarett nach. Mit einem politisch korrekten "Waidmensch Heil" grüßten sie die Runde und setzten sich im Jagdgewand satirisch mit den Ergebnissen der vergangenen Landtagswahl auseinander.

Unterhaltung mit "Hermann und Hermine" und der "Feierschwer Kappeln" aus Fellen
Von "immer weniger Grün im Landtagswald" war die Rede, das "von der ganzen Rotte an Schwarzgürteln kaputtgetreten" wurde. Außerdem erspähten die beiden "kaum noch Rotwild" und "keine gelben Vögel mehr im Demokratiewald". Besser lief die Wahl da schon für "das freie Wild" und die "giftigen Pilze, mit überwiegend braunem Nährboden".
Noch ausgelassener wurde die Stimmung nur noch mit der "Feierschwer Kapelln" aus Fellen, die schon ans Fenster klopfte, als Hermann und Hermine gerade ihr Programm beendeten. Mit der Fellener Bürgermeisterin Zita Baur und diversen Instrumenten im Schlepptau zog die Truppe um die Tische. Den eigenen Bierkasten hatten sie standesgemäß auch dabei. Für den Wein des Abends hatten sie aber trotzdem auch ein paar Worte übrig, die zumindest gut gemeint waren: "Mensch, aus diesen Gläsern vom Winzerverband schmeckt einfach alles."