Für die Rotkreuzklinik in Wertheim ist noch keine Rettung in Sicht. Im Dezember hatte die Klinik, deren Träger die Rotkreuzschwestern in München sind, ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet. Es habe seitdem intensive Gespräche mit der Stadt Wertheim sowie mit potenziellen Investoren zur Zukunft des Krankenhauses gegeben, erklärt eine Kliniksprecherin. Ein Trägerwechsel sei das Ziel, um die Rotkreuzklinik wirtschaftlich abzusichern.
Ein möglicher Investor habe jedoch in der vergangenen Woche abgesagt. Kurzzeitig sah es so aus, als würde eine Fachklinik für Amputationsmedizin aus Osterhofen (Lkr. Deggendorf) die Klinik in Wertheim übernehmen.
MVZ-Ärztin übernimmt Praxis in Wertheim
Auch die Zukunft des zugehörigen Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in Kreuzwertheim steht auf der Kippe. Laut einer Kliniksprecherin soll das MVZ Ende März geschlossen werden. Zwei Allgemeinärztinnen arbeiten derzeit noch dort. Eine der beiden, Dr. Martina Prielozna, übernimmt jedoch zum April die Praxis des Wertheimers Arztes Dr. Volker Hoffmann. Das bestätigt Dr. Antonia Rechenberg als Vertreterin der Wertheimer Ärzteschaft.
"Frau Dr. Prielozna wird zwar den überwiegenden Teil ihrer MVZ-Patienten mitnehmen", erklärt Rechenberg. Dennoch würde die Schließung der Einrichtung eine große Lücke in der hausärztlichen Versorgung hinterlassen. In den Wertheimer Arztpraxen sind in letzter Zeit die Telefone heißgelaufen, weil viele Patienten sich schon nach einem neuen Hausarzt umsehen, berichtet Rechenberg.
Kreuzwertheimer Bürgermeister setzt sich für Erhalt des MVZ ein
Der Kreuzwertheimer Bürgermeister Klaus Thoma will sich nicht damit abfinden, dass das MVZ geschlossen werden soll. "Wir arbeiten daran, das zu verhindern", sagt er, der sich damals sehr für die Gründung des MVZ eingesetzt hatte. Er sei dazu in Gesprächen mit der zweiten Ärztin des MVZ, Dr. Simone Gerlinger, aber auch mit Dr. Stefan Brunner, der zweiten Hausarztpraxis in Kreuzwertheim. Auch mit dem Landkreis führe er Gespräche, um abzuklopfen, welche Möglichkeiten der Fortführung es gebe.
Grundsätzlich sei es das Ziel, das MVZ in Kreuzwertheim zu erhalten, heißt es auch von der Rotkreuzklinik. Dafür brauche man jedoch ausreichend Fachpersonal. "Aktuell wird geklärt, wie mit den Arztsitzen umgegangen wird", schreibt die Kliniksprecherin.
Was die Verantwortung für die Rotkreuzklinik in Wertheim angeht, hat Thoma eine klare Meinung: "Der Landkreis und das Land Baden-Württemberg müssen einspringen." Er kenne die Rufe nach einer Beteiligung, auch in seine Richtung. Aber für eine kleine Gemeinde wie Kreuzwertheim sei das nicht zu stemmen. "Wir müssen ja schon für Lohr mitzahlen", so Thoma. "Nur, weil wir in einer Grenzregion wohnen, kann niemand erwarten, dass wir uns an beiden Krankenhäusern beteiligen."
Auch die Wertheimer Ärzteschaft hat eine klare Meinung dazu, wie Antonia Rechenberg erklärt. "Der Landkreis Main-Tauber hat die Pflicht, die Krankenhausversorgung sicherzustellen", sagt sie. Bisher entziehe sich der Landkreis jedoch dieser Verantwortung, mit Verweis auf seine Beteiligung am Krankenhaus in Tauberbischofsheim. Das sei aber bereits jetzt überlastet, wie auch andere Kliniken in der Region.
Konzept unter kommunaler Trägerschaft erarbeitet
Zusammen mit der Stadt Wertheim habe man ein Konzept erarbeitet, wie das Krankenhaus unter Trägerschaft der Stadt und des Landkreises gerettet werden könnte, erklärt Rechenberg. Da jedoch vom Landkreis noch keine Bereitschaft signalisiert wurde, gehen die Wertheimer Ärzte noch einen Schritt weiter. In einem offenen Brief fordern sie die Stadt auf, "als Hauptleidtragende in dieser Notsituation auch ohne den Landkreis zumindest vorübergehend alleine die Verantwortung zu übernehmen".
In der Kürze der Zeit sehe man die kommunale Trägerschaft als einzige Lösung, zumindest zur Überbrückung. Langfristig verspreche man sich Hilfe von der geplanten Krankenhaus-Reform von Bundesminister Lauterbach. "Denn die ist genau dafür gedacht, dass kleine Kliniken wie die in Wertheim als Grund- und Regelversorger gesund wirtschaften können", sagt Rechenberg.
Online-Petition für den Erhalt der Klinik gestartet
Unterstützung kommt auch von Ärzten aus der Umgebung: Die am Lohrer Bezirkskrankenhaus arbeitende Oberärztin Ioana Siebe hat am Montag eine Online-Petition für den Erhalt der Wertheimer Klinik gestartet. Darin schreibt sie, es drohe eine "massive Überlastung der umgebenden Kliniken und eine zunehmende Minderversorgung der Bevölkerung". Fünf Tage nach Start der Petition auf der Plattform change.org haben bereits knapp 10.500 Menschen unterschrieben.
Siebe hat früher selbst einige Zeit am Wertheimer Krankenhaus gearbeitet. Sie setzt sich für den Erhalt der Klinik ein, da sie im Falle einer Schließung massive Auswirkungen für die ganze Region fürchtet. Zum einen würden sich die Fahrzeiten der Rettungsdienste deutlich erhöhen, wenn sie Patienten in umliegenden Krankenhäusern abliefern müssten, sagt Siebe. Eine schnelle medizinische Behandlung in Notfällen sei damit nicht möglich. Auch Patienten, die nicht mit dem Rettungswagen in die Notaufnahme kommen, müssten mit deutlich längeren Wartezeiten rechnen.
Zum anderen sei es bereits jetzt schwierig, Patienten in einer Klinik unterzubringen. "Das bedeutet konkret, dass ein Notarzt eventuell bis nach Aschaffenburg fahren muss, um einen Patienten unterzubringen. Dieser Notarzt fehlt dann in Wertheim und muss aus anderen Regionen im Notfall dorthin geschickt werden – eine Katastrophe."
Ganz aktuell wandte sich die Wertheimer Ärzteschaft am Mittwoch mit einem Schreiben an die Verantwortlichen der Stadt Wertheim. Darin führen sie ein Zukunftskonzept aus, das Kooperationsmöglichkeiten der Klinik sowohl mit einem ambulanten Pflegedienst als auch mit verschiedenen Praxen beinhaltet. So möchten sich die Wertheimer Ärzteschaft und der ambulante Pflegebereich intensiv in das Konzept der kommunalen Trägerschaft einbinden, heißt es. Durch dieses Konzept könne die Wirtschaftlichkeit des Krankenhausbetriebs nachhaltig gesteigert werden und die Stadt Wertheim als neuer Träger unterstützt werden, die prognostizierten Defizite nachhaltig zu reduzieren.