
Seit 1992 ist der Wertstoffhof auf der Kreismülldeponie in Karlstadt in Betrieb. Betriebsgebäude und Waage sind vier Jahre älter. Da wundert es nicht, dass die Einrichtung in die Jahre gekommen ist. Nach einem schweren Unfall einer Kundin im April 2021 wurden Arbeitsabläufe umstrukturiert, das Personal aufgestockt und die Öffnungszeiten reduziert. Mittelfristig soll der Wertstoffhof neu gemacht werden.
Im Bauausschuss des Kreises erläuterte Markus Krämer vom Sachgebiet Bauen, dass der Bau eines Wertstoffhofes technisch und organisatorisch komplex ist. Übersichtlich und sicher soll er sein. Anlieferer sollen ihre Wertstoffe möglichst selbstständig in die passenden Container geben. Alles soll schnell gehen und sicher sein.
Seit 1992 hat sich im Abfall- und Recyclingbereich viel getan. Seit 2012 gilt das Kreislaufwirtschaftsgesetz. Umweltbewusstsein, Konsumverhalten, Anforderungen, Nachfrage und Kundenzahlen sind deutlich gestiegen.
Viele sicherheitsrelevante Mängel
Die kommunale Unfallversicherung machte vier Handlungsfelder für den Wertstoffhof aus: Die Verkehrsführung ist "speziell": In Deutschland ist Rechtsverkehr üblich, ankommende Kunden müssen aber linksseitig auf die Waage am Betriebsgebäude fahren. Querverkehr kreuzt den Ein- und Ausfahrtbereich. Große Fahrzeuge und die aufwändige Beschilderung stören die Übersicht. Nach der Begehung geforderte Bodenmarkierungen für Fußgängerbereiche sind kaum machbar.
Innerbetriebliche Transporte (Verkehr) mit schwerem Gerät erfolgen gleichzeitig mit dem Kundenverkehren. Über die einzige Waage wird für die Deponie und den Wertstoffhof angeliefert, von Privatkunden und gewerblichen Anlieferern.
Kritisch sind sicherheitsrelevante Defizite: Der Einwurf ist unübersichtlich und nicht auf dem Laufenden, die Absturzhöhen sind zu hoch, Absperrungen erfolgen provisorisch, generell gibt es zu wenig Platz für die Container.
Viele Richtlinien und Vorgaben können aktuell nicht eingehalten werden. Beim Arbeitsschutz ist etwa keine Schwarz-Weißanlage vorhanden, die Umkleide zu klein, es gibt keine Notfalldusche. Container können nur außerhalb der Öffnungszeiten getauscht werden. Abfallrechtlich gibt es keine konforme Annahme für Elektroschrott, eine Lagerstelle ist nicht überdacht, eine Sonderabfallannahmestelle und ein Batterielagerraum fehlen. Maschinenhalle und Werkstatt im Kundenbereich widersprechen gesetzlichen Vorgaben.
Selbst zu planen wäre zu komplex
Ziele eines Neubaus sind Gefahrenabwehr für Kunden und Mitarbeiter, Einhaltung der Vorgaben und Beachtung der Schutzgüter Wasser und Natur. Zudem muss der Wertstoffhof künftig flexibler sein, falls neue Abfallströme angenommen werden müssen. Das könnten Hochenergiebatterien und Photovoltaikmodule sein.
Zusammen mit der Wirtschaftlichkeitsstudie für die Erweiterung der Deponie, die wegen Grundstückverhandlungen stockt, erarbeitete das beauftragte Büro IBU aus Tauberbischofsheim schon ab September 2022 ein Erneuerungskonzept für den Wertstoffhof. Für die konkrete Ausführungsplanung sind 150.000 Euro im aktuellen Kreishaushalt eingestellt. Die Planungsleistungen wurden nun erfolglos ausgeschrieben, trotz zwölf angefragter Büros. Diese haben laut Markus Krämer Kapazitätsprobleme. Selbst planen, wonach Walter Heußlein fragte, kann der Landkreis nicht. Das sei zu komplex. Nun wird es eine erneute Ausschreibung als Verhandlungsvergabe mit Teilnahmewettbewerb geben.
Während Kreisrat Horst Wittstatt Deponie und Wertstoffhof lobte, als Kunde fühle man sich immer gut bedient, äußerte Stefan Rümmer Kritik: Die nochmals reduzierten Öffnungszeiten seien für Berufstätige problematisch. Er bat, zusätzliche Zeitfenster zu prüfen.