
Punkt 9 Uhr öffnet der Mann im orangefarbenen Overall das große Einfahrtstor. Drei Fahrzeuge warten schon: ein Kombi, ein Auto mit Anhänger und ein Transporter. Sie wollen nichts kaufen oder reparieren lassen, sondern etwas loswerden – Müll. Seit 1977 ist die Kreismülldeponie Karlstadt am nördlichen Ende der Stadt zentrale Anlaufstelle. Der technische Leiter Matthias Gabriel erklärt, was sich in den letzten 20 Jahren geändert hat und wie das Entsorgungssystem im Landkreis funktioniert.
Schon an den ersten drei Kunden lässt sich erkennen: Hier in Karlstadt wird fast nichts mehr eingelagert. Vielmehr wird die Anlage in erster Linie als ausgedehnter Wertstoff- und Recyclinghof betrieben. Auf dem Hänger des Gespanns befinden sich morsche hölzerne Terrassenplatten, vermischt mit Erde und Steinchen. Ein typischer Fall von Restmüll aus dem Außenbereich. Doch bevor der Fahrer den dazugehörenden Container anfahren darf, muss er auf die Waage, denn die Ablieferung ist natürlich kostenpflichtig und damit abhängig vom Gewicht.
Diskussionen um die Bezahlung
Betriebsleiter Gabriel spricht damit eines der Probleme an: "Unsere Kunden müssen bezahlen. Sie zahlen aber nicht wie üblich für das, was sie erwerben, oder für eine Dienstleistung, sondern für das was sie hergeben, für das, was keiner mehr braucht!" Da gibt es durchaus Diskussionen, zumal die Tarife für die verschiedenen Müllarten unterschiedlich sind. Für den nicht mehr verwertbaren Restmüll – wie die verrotteten Holzplatten – gibt es andere Tarife als für Bauschutt oder Gefahrenstoffe wie Eternitplatten.

Bei der Eingangskontrolle wird nicht nur auf das Gewicht geschaut, sondern auch nach der Herkunft der Anlieferer. Die Anlage ist grundsätzlich Bürgerinnen und Bürger aus dem Landkreis Main-Spessart vorbehalten, denn der Betrieb wird vom Landkreis hauptsächlich über die Müllgebühren finanziert. "Wir dürfen hier keinen Gewinn machen, sondern nur die anfallenden Kosten weitergeben", sagt Gabriel und verweist darauf, dass die Anliefergebühren seit 1995 nicht angehoben wurden.
Elektrogeräte werden kaum noch repariert
Nachdem die alten Holzfliesen im zugewiesenen Container gelandet sind, geht es zurück auf die Waage. Die Gewichtsdifferenz entscheidet über die Rechnung. Mehr als 60 Euro musste der Anlieferer berappen. Diese doppelte Schleife auf die Waage mutet manchem als unnötig oder gar Schikane an, doch sie ist notwendig, um den Ablauf zu sichern und zu beschleunigen. Auch Wertstoffe, die kostenlos abgegeben werden können, müssen zuerst durch die Kontrollschleuse.

So wie der Kombi, der bis unters Dach mit Papier und Kartonagen vollgestopft ist – zu viel und zu großflächig für die blaue Tonne daheim. Dafür gibt es auf dem Wertstoffhof voluminöse Container. Doch auch diese Fracht wird begutachtet, schließlich dürfen beispielsweise Tapeten oder Papier mit Polsterfolie nicht hier landen – sie gehören zum Restmüll. Umweltfreunde sortieren hier auch noch nach Papier und Karton, ersteres bringt bei der Wiederverwertung mehr Geld.
Zunehmend Probleme macht in den letzten Jahren der Elektroschrott. Dass Batterien, Akkus und ähnliches nicht in den Hausmüll dürfen, ist mittlerweile bekannt. Doch immer mehr Elektro- und Elektronikteile überschwemmen den Markt und weil inzwischen die Geräte kaum noch repariert oder gar nicht mehr geöffnet werden können, wird eben alles weggeworfen.
Neue Fernseher für große Sportereignisse
Matthias Gabriel bleibt vor einem Container stehen – zur Hälfte gefüllt mit Fernsehern. "Bald beginnen die Fußball-EM und wenig später die Olympischen Spiele. Da werden im Vorfeld Unmengen von Apparaten ausgetauscht", sagt er. Nicht etwa, weil die "Alten" kaputt sind, sondern weil wohl ein neueres Gerät angeschafft wird. Natürlich könnte man den Großteil der Fernseher im Container und andere Geräte an Bedürftige abgeben, aber die Männer vom Wertstoffhof dürfen nichts herausgeben, was einmal hier landet. Schließlich müssten sie dann die Garantie für die Sicherheit der Gegenstände übernehmen – und das kann niemand.

Wie entwickeln sich Deponie und Wertstoffhof weiter? Aus der ursprünglichen Müllgrube von 1977 ist längst ein duales Trennsystem geworden, in dem der einzulagernde Restmüll inzwischen den mit Abstand geringsten Anteil ausmacht. "Wir überprüfen die Möglichkeiten ständig und finden immer wieder neue Rohstoffe, die man herausnehmen und dem Kreislauf hinzuführen kann", so der Müllchef. Mittlerweile können sogar scheinbar unbrauchbare Textilreste recycelt werden.
Zur möglichst umweltfreundlichen Müllbearbeitung gehört aber auch das Verhalten der Bürgerinnen und Bürger. Deshalb setzt man hier schon bei den ganz jungen Menschen an, den künftigen "Kunden". Gerne führen Gabriel und seine Mitarbeiter Klassen schon ab dem Grundschulalter durch das Gelände. Immer wieder betonen sie die drei goldenen Müllregeln: Vermeiden – Wiederverwerten – Richtig entsorgen. Schließlich fängt das Vermeiden schon beim Einkauf an, ganz besonders bei den Verpackungen sowie bei der Auswahl von langlebigen oder leicht zu reparierenden Geräten.
Wissenswertes zur Entsorgung in Main-Spessart


