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Karlstadt
Brennende Müllberge und Abfallchaos in Main-Spessart: Remondis-Pressesprecher erklärt die Folgen von Fehlbefüllungen
Mülltrennung will gelernt sein. In Gemünden brennt ein Haufen Metallschrott, in Karlstadt werden Container abgezogen. Die Bequemlichkeit einiger Leute ist Teil des Problems.
Im Mai kam es in einem Entsorgungsbetrieb in Nordrhein-Westfalen zu einem Großbrand (Foto). Der brennende Metallschrott in Gemünden zeigt, dass diese Gefahr durch versteckte Lithium-Ionen-Akkus immer und überall besteht.
Foto: Gianni Gattus, dpa (Symbolbild) | Im Mai kam es in einem Entsorgungsbetrieb in Nordrhein-Westfalen zu einem Großbrand (Foto). Der brennende Metallschrott in Gemünden zeigt, dass diese Gefahr durch versteckte Lithium-Ionen-Akkus immer und überall besteht.
Felix Hüsch
 |  aktualisiert: 21.06.2024 02:46 Uhr

Das deutsche Mülltrennungssystem wird im internationalen Vergleich oft als vorbildlich beschrieben. Voraussetzung für effizientes Recycling ist aber, dass die Abfälle verwertbar bleiben, um wieder in den Kreislauf zurückgeführt zu werden. Stattdessen scheint für viele eher das Motto "weg ist weg" zu gelten. Fehlbefüllungen – also die Entsorgung von Müll in nicht dafür vorgesehene Tonnen oder Container – schaden der Umwelt, erhöhen den Arbeitsaufwand der Abfallwirtschaft und können lebensgefährliche Situationen hervorrufen.

Zwei Ereignisse der letzten Woche zeigen, welche Konsequenzen diese Fehlbefüllungen im Landkreis Main-Spessart haben können. In der Gemündener Straße in Karlstadt wurden auf Wunsch des Landratsamts zwei Weißblechcontainer für zunächst vier Wochen abgezogen, nachdem diese mehrfach mit verschiedenstem Müll vollgestopft wurden. "Ich arbeite jetzt seit 17 Jahren hier, aber dass Weißblechcontainer komplett entfernt werden, habe ich noch nie erlebt", meint Michael Schneider, Pressesprecher von Remondis, dem größten deutschen Recyclingunternehmen.

Wertstoffe gehen verloren – Klimaschutz scheitert

Was die Quote der Fehlbefüllungen betrifft, spricht Schneider hierzulande von bis zu 40 Prozent. Die Entsorgungsunternehmen, wie Remondis-Tochter Kirsch+Sohn aus Gemünden, sind dann oft verpflichtet, die Tonnen zumindest stehen zu lassen. "Der Inhalt eines korrekt befüllten Weißblechcontainers kann in der Regel eingeschmolzen werden. Wenn darin aber alles Mögliche entsorgt wird, muss der Container erst zu einer Sortieranlage", erklärt Schneider. Zu große Mengen an fremdem Abfall bringen aber auch die Anlage an ihre Grenzen.   

Je nachdem, welche Fehlbefüllung vorliegt, können die darin enthaltenen Wertstoffe auch schnell unbrauchbar werden. "Wenn jemand eine benutzte Windel in die Papiertonne schmeißt, kann der Inhalt nicht mehr recycelt werden", sagt Schneider.

So entsteht nicht nur ein erheblicher Mehraufwand für die Angestellten des Entsorgers. Auch der Klimaschutz wird vernachlässigt. Schneider: "Jedes Kilogramm Rohstoff, das wir aus der Tonne rausholen und als reinen Rohstoff wieder in den Produktionskreislauf zurückführen können, spart massiv CO2 ein. Jede Tonne recycelter Kunststoff spart 1,6 Tonnen CO2 gegenüber der Neuproduktion von Kunststoff aus Erdöl ein".

Brände durch Lithium-Ionen-Akkus

Die zusätzliche Arbeit der Abfallwirtschaft – etwa durch vermeidbare Fahrten zur Sortieranlage – fällt finanziell auch auf den Bürger zurück. Um Verpackungen in den Verkehr zu bringen, zahle deren Hersteller eine Lizenzgebühr, wir als Verbraucher folglich nichts. "Wenn wir in unsere Tonnen jetzt das Zeug reinschmeißen, für das niemand bezahlt hat, bleiben die Kosten an denjenigen hängen, die das Material einsammeln. In der Entsorgung steckt dann nämlich drei bis viermal so viel Arbeit. Deshalb wird auch in diesem Bereich alles teurer", schildert Schneider die Zusammenhänge.

Je mehr fremder Müll in den Containern entsorgt wird, desto größer werden Aufwand für die Entsorgungsunternehmen und der Einfluss auf den Klimaschutz. Im Weißblech in der Gemündener Straße fanden sich vor dem Abzug der Tonnen große Mengen an Plastik und Metallschrott.
Foto: Felix Hüsch | Je mehr fremder Müll in den Containern entsorgt wird, desto größer werden Aufwand für die Entsorgungsunternehmen und der Einfluss auf den Klimaschutz.

Eine in wirtschaftlicher und gesundheitlicher Hinsicht gefährliche Folge der Fehlbefüllung zeigte sich vor einigen Tagen in Gemünden. Dort geriet die Ladung eines mit Metallschrott befüllten Lkw in Brand. Auslöser dieser Brände sind meist falsch entsorgte Lithium-Ionen-Akkus, die eben nicht in Sammelboxen oder zum Wertstoffhof gebracht wurden. Wie Schneider erklärt, werden die Akkus, die auch in Vapes verbaut sind, im Fahrzeug komprimiert und es kommt zum Kurzschluss. 

"Dann brennt auch ein ganzes Fahrzeug schnell lichterloh", so Schneider. "Jeder einzelne dieser Brände gefährdet auch Menschenleben", ergänzt er. Fälle wie den in Gemünden gebe es in Deutschland bis zu 30 mal am Tag. Der Müll brennt oft mit so hoher Temperatur, dass man nachher nicht mehr feststellen kann, was den Brand genau ausgelöst hat. Alle zwei bis drei Monate brenne auch eine komplette Sortieranlage nieder, was Millionenverluste bedeuten könne.

Bequemlichkeit als große Gefahr

Vertreter gastronomischer Betriebe dürfen ihre Abfälle ohnehin nur bedingt an den öffentlich zugänglichen Plätzen entsorgen. "Das ist nur erlaubt, wenn es sich um haushaltsübliche Mengen handelt, die in der Gastronomie oft überschritten werden", klärt Schneider auf. Laut Gewerbeabfallverordnung müsste sich jeder Betrieb dieser Branche eine Gewerbetonne anschaffen und entsprechende Gebühren entrichten. 

Michael Schneider weiß, dass die hohen Quoten bei der Fehlbefüllung nicht nur durch Unwissen zustande kommen. Auch Bequemlichkeit und die Scheu vor möglichen Entsorgungskosten am Wertstoffhof spielen eine Rolle. Diese Bequemlichkeit gehe am Ende aber auf Kosten der gesamten Gesellschaft. "Keine Sortieranlage ist so intelligent wie der Mensch. Der muss sich aber auch die Mühe machen, mitzudenken", folgert er.

 
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  • Hartmut Haas-Hyronimus
    Das Problem wäre kein so großes, wenn die Einwurflöcher für Dosen genauso gestaltet würden wie die für Glas. Größere Dosen können ja bei den Recyclinghöfen abgegeben werden.
    Appelle an die Bevölkerung für mehr Gemeinsinn kommen bei denen, die für die Fehlwürfe verantwortlich sind, nie an. Sie haben keinen.
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