
Nur zwei Stockwerke. Thomas Weigand keucht die Treppe hinauf in den Besprechungsraum. Unter dem Arm hat er einen dicken Ordner an ärztlichen Befunden, Dokumenten und Fotos. Braungebrannt, muskulös – rein äußerlich ist dem 48-Jährigen sein Elend nicht anzusehen. Eine Fassade.
"Ich will nicht mehr dauernd gefragt werden, was mit mir los ist", sagt Weigand. Deshalb hat er sich gebräunt, und trainiert mit Gewichten. Maximal 30 Minuten am Tag, mehr ließen seine Schmerzen nicht mehr zu.
Den Rest des Tages, sagt der Mann aus Arnstein (Lkr. Main-Spessart), müsse er liegen und hochdosierte Betäubungsmittel schlucken. An manchen Tagen geht gar nichts. Auf Fotos – entstanden wenige Wochen vor seinem Redaktionsbesuch – ist er deutlich von seiner Erkrankung gezeichnet, schmaler, blasser. Im Gespräch kommt ein Mensch zum Vorschein, der zerbrechlich geworden ist, körperlich und seelisch schwer verletzt.
Betroffener macht heute die Corona-Impfung für seine Beschwerden verantwortlich
Thomas Weigand ist einer von mehreren Tausend Deutschen, die ihre gesundheitlichen Beschwerden auf die Corona-Impfung zurückführen und trotz ärztlicher Befunde verzweifelt um Anerkennung ringen.
Er ist einer der Menschen, die oft von einer Praxis oder Klinik zur nächsten weitergereicht werden und sich in ihrem Leiden nicht ernst genommen fühlen. Dabei sollen sie mehr Aufmerksamkeit und medizinische Unterstützung bekommen, finden mittlerweile auch die Gesundheitsminister in Bund und Ländern.
"Ich will einfach nur mein normales Leben zurück", sagt Thomas Weigand. Und dafür kämpft er, seit zweieinhalb Jahren. Trotz täglicher Schmerzen und Luftnot. Diese Redaktion hat ihn über die vergangenen Wochen begleitet.
Vom Sportler und Trainer nach der Impfung zum Krankheitsfall
Verloren hat Weigand sein altes Leben vor über zwei Jahren. Ausgerechnet er, der Kraftsportler und Bodybuilder, der körperlich nie Probleme hatte. Der als Personal Trainer und leitender Trainer in einem Fitnessstudios andere in die Spur brachte – und dafür viel Anerkennung erfuhr. Alles vorbei, im Moment zumindest. Aber Aufgeben ist für den gelernten Industrie- und Versicherungskaufmann keine Option.
Weigands Odyssee beginnt Anfang Juni 2021. Von Sinn und Notwendigkeit der Corona-Impfung ist er damals überzeugt, er will sie möglichst frühzeitig, besteht auf dem Biontech-Impfstoff. Drei Tage nach der Erstimpfung am 28. Mai plagen ihn "massive Schmerzen" im linken Bein. Sie gehen nicht mehr weg. Sechs Wochen später, am 13. Juli 2021, kommt es zum Arterienverschluss, im Schweinfurter Leopoldina-Krankenhaus wird er sofort operiert.
Ein Zusammenhang mit der Impfung? Thomas Weigand hält ihn schon wegen der zeitlichen Abfolge für möglich. Doch die Ärzte hätten abgewunken – und er habe ihnen vertraut, so wie er immer Vertrauen in die Medizin gehabt habe. Weigand lässt sich zwei Wochen nach der OP die übliche Zweitimpfung verabreichen. Einen Impfschaden wird ihm eine Klinik erst zwei Jahre später bescheinigen.

Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich. Weigand berichtet von blauen Flecken auf der Hand, Einblutungen, Wassereinlagerungen, Blut im Stuhlgang. "Ich habe kaum noch Luft bekommen." Eine Reihe von Untersuchungen bringt keine klare Diagnose. Er wird aus der Klinik entlassen, klappert in der Folge ein Dutzend Fachärzte ab. "Keiner konnte mir weiterhelfen."
Thomas Weigand ließ sich dreimal gegen Corona impfen
Die Symptome bleiben, sind ärztlich dokumentiert – und es kommen Schwindel, Hautveränderungen und Bauchschmerzen dazu. Trotzdem: Eine Verbindung zur Corona-Impfung hätten die Ärzte weiter nicht sehen wollen.
So lässt sich Weigand im Dezember 2021 zum dritten Mal impfen, also "boostern" – und erneut sei es ihm danach schlechter gegangen. "Ständig blaue Flecken und Schmerzen am ganzen Körper, der Schwindel wurde immer heftiger", sagt er. An manchen Tagen muss ihm seine Partnerin die Tasche tragen, das Essen schneiden oder ihm beim Trinken helfen.
Im Februar 2022 gibt Weigand seinen Job im Fitness-Studio auf, "ich habe mich nur noch hingeschleppt". Seitdem ist er krankgeschrieben, lebt aktuell von 620 Euro Arbeitslosengeld. Davon bezahle er etliche Labor-Untersuchungen, "um meinen Impfschaden zu beweisen".
Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich im Jahr 2022 weiter. Im Internet oder über das Fernsehen sucht er deutschlandweit nach Ärzten, Kliniken und Anlaufstellen. "Überall habe ich hingeschrieben." Der Hausarzt meldet Weigands Beschwerden nun dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) als Verdachtsfall einer Impfkomplikation.
Doch Weigand selbst hat davon nichts. Auf Anfrage verweist das PEI darauf, dass man Hinweise lediglich sammelt – für die Anerkennung als Impfschaden seien die Behörden der Bundesländer zuständig.
Thomas Weigand wünscht sich für Menschen mit Impfschäden mehr Anerkennung
Bis Ende März sind dem Paul-Ehrlich-Institut 340.282 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen bzw. Impfkomplikationen nach der Gabe von Covid-19-Impfstoffen gemeldet worden, darunter 56.432 Fälle mit dem Verdacht einer schwerwiegenden Impfstoff-Nebenwirkung. Das PEI setzt diese Zahl in Relation zu den gut 190 Millionen Corona-Impfungen, die bis dahin verabreicht wurden.
Thomas Weigand stellt die Corona-Impfung als solche nicht in Frage. Sie habe gewiss viele Menschenleben gerettet. Gleichzeitig wünscht er sich, dass die Gruppe von Impfgeschädigten – auch wenn sie im Verhältnis klein ist – endlich mehr Gehör bei Ärzten, Krankenkassen und Politik findet "und nicht in die Psycho-Ecke gedrängt wird".
Er sei auch kein Verschwörungstheoretiker, sagt Weigand. "Aber ich werde von Ärzten manchmal so behandelt, obwohl ich mich dreimal habe impfen lassen."

Eine Autoimmunerkrankung, sagt Weigand, sei bei ihm mittlerweile durch entsprechende Antikörper im Blut eindeutig nachgewiesen. Sie wirken auf Blutgefäße und die glatte Muskulatur, auch an Organen wie Herz und Lunge. Dagegen nehme er am Tag "unzählige Tabletten" und bekomme zweimal wöchentlich Injektionen – von den starken Schmerzmitteln nicht zu reden.
Ein Befund des Berliner Labors IMD bestätigt: Die überschießende Immunität, die sich gegen den eigenen Körper wendet, stammt nicht aus einer Corona-Infektion, sondern wurde "eher durch eine Impfung induziert". Der 48-Jährige fürchtet um sein Leben, "wenn die Blutungen, die bisher das Gewebe erreicht haben, in Herz oder Hirn stattfinden".
Klinik bestätigt Impfschaden und Post-Vac-Syndrom
Zehn Klinikaufenthalte hat Thomas Weigand hinter sich, ohne Ergebnis. In einer Spezialklinik im oberpfälzischen Neukirchen b. Hl. Blut trifft er im Juni 2023 auf Patienten mit ähnlicher Leidensgeschichte. Die Klinik diagnostiziert aufgrund der Arztbefunde, Laborergebnisse und Impfdaten einen "Impfschaden und ein damit verbundenes Post-Vac-Syndrom". Das Krankheitsbild ist noch wenig erforscht.
Mittlerweile hat Weigand die offizielle Anerkennung eines Impfschadens beim zuständigen Zentrum Bayern Familie und Soziales beantragt. Dort sind bis zum September 2365 Anträge wegen eines Impfschadens im Corona-Kontext eingegangen. Nach Auskunft eines Sprechers habe das Zentrum in 1326 Fällen entschieden, nur 110 seien anerkannt worden – in der überwiegenden Zahl bei Herzmuskelerkrankungen. Die Bearbeitung der Anträge zieht sich teils über viele Monate hin.
Nach seinem Impfschaden hofft Weigand auf Apheresen
"Es geht mir nicht ums Geld. Ich fühle mich wie in einem fremden Körper, ich möchte nur wieder gesund werden, normal leben und arbeiten", sagt Thomas Weigand. Seine große Hoffnung liegt auf so genannten Apheresen, im Prinzip Blutwäschen bei Autoimmunerkrankungen. Grob vereinfacht soll eine Autoimmunreaktion, verursacht durch die Impfung, rückgängig gemacht werden.
Post-Covid-Patienten oder Patienten mit einem chronischen Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) seien damit schon erfolgreich behandelt worden, heißt es vom Dialysezentrum Hannover. Weigands behandelnder Arzt in der Neukirchener Klinik rät zu Plasmapheresen: "Sie können helfen, das haben wir mehrfach gesehen", sagt er im Gespräch mit der Redaktion.
Und auch sein Hausarzt Michael Sonntag befürwortet eine solche Behandlung. Bisherige Anwendungen hätten die Erfolgsaussichten bestätigt. Die so genannte Immunadsorption wird bereits zur Behandlung bei akuten Krankheitsbildern eingesetzt. Gezielt werden Autoantikörper entfernt, der Patient erhält sein eigenes, gereinigtes Blut zurück.
Nur, das wissen beide Ärzte: Es fehlt bis dato eine offizielle Studienlage mit einer hinreichend großen Zahl an Teilnehmern, medizinischer Begleitung und Auswertung. Als neue Behandlungsmethode sind die Plasmapheresen deshalb noch nicht anerkannt, die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen standardmäßig die Kosten nicht. Es geht um etliche tausend Euro – für Thomas Weigand finanziell nicht machbar.
Das Thema Post-Vac ist für Ärzte und Krankenkassen noch neu und schwierig
Deshalb hofft er auf eine Bewilligung der Techniker Krankenkasse für seinen Einzelfall. Ausnahmen sind möglich, wenn Patienten in lebensbedrohlicher Lage sind, es keine andere Therapie gibt und die gewählte Methode Aussicht auf Heilung oder Linderung verspricht. All dies scheint im Fall von Thomas Weigand zuzutreffen.
Die Krankenkasse will ihm helfen, sagt Sprecher Stephan Mayer: "Wir versuchen alles, was möglich ist." Gleichwohl dürfe man keine unkalkulierbaren Risiken eingehen. Apheresen seien nicht unumstritten, man stehe in Kontakt mit den Ärzten.
Die Unsicherheit ist groß, darin liegt das Problem. "Wir haben es mit einer ganz neuen Kombination von Krankheitsbildern zu tun", sagt Allgemeinmediziner Michael Sonntag. Man wisse noch zu wenig, "es gibt keine Standardtherapie". Und weil das Thema Post-Vac so schwierig ist, seien auch viele Ärzte überfordert.
Mittlerweile hat Weigand zwei Spezialisten an seiner Seite: Marion Bimmler, Leiterin eines Berliner Labors für die Diagnostik von agonistischen Autoantikörpern, sowie Internist Dr. Jens Ringel, Leiter eines Dialysezentrums in Potsdam. Beide plädieren im konkreten Fall ebenfalls für die Apheresen und versuchen eine Kostenübernahme für den Arnsteiner zu erreichen. Auch die Teilnahme an einer Studie steht im Raum.
Und so kämpft Thomas Weigand weiter. Er ist überzeugt, dass es deutschlandweit zahlreiche Fälle gibt wie ihn. Er will anderen Mut machen und Hoffnung geben, deshalb geht er an die Öffentlichkeit. Seine Geschichte erzählt er stellvertretend für all jene, die unter dem Corona-Radar geblieben sind – oder bislang durch das medizinische Raster fallen.
"hat der Corona?" Corona ist halt eine Krankheit, die uns auch in den kommenden Jahren begleiten wird, wie bei einer Grippe, die im Winter stärker auftritt und im Sommer wieder vergeht, da diese Vieren keine Hitze mögen.
Das muss sich ändern!
https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD015477/full/de
https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/news/coronavirus-covid-19/covid-19-vaccines-safety-update-19.html
https://www.telepolis.de/features/Gute-Wirksamkeit-der-Covid-19-Impfstoffe-gegen-schwere-Krankheitsverlaeufe-9195954.html?seite=all
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Materialien/Impfmythen/Impfmythen_inhalt.html
Impfen egal gegen welche Krankheiten ist jedoch für die Menschen eher Segen als Fluch. Man muss weiterhin Vertrauen in Ärzte und auch neue Technologien haben. Vieles in der Medizin ist jedoch immer noch nicht erforscht. Zusammenhänge/ Wechselwirkungen... Die Schicksale die Menschen dadurch erfahren sind real, dramatisch und traurig. Das Wichtigste hierbei ist,dass diese Menschen Hilfe bekommen und ernst genommen werden.