Ende Februar stellt die Sozialstation Aura ihren ambulanten Pflegedienst ein. Rund 65 Patientinnen und Patienten haben Ende Januar die Kündigung bekommen und verzweifelt versucht, bei einem anderen Pflegedienst unterzukommen. Nach Anfragen bei in Frage kommenden Sozialstationen sieht es so aus, dass wohl gut die Hälfte tatsächlich von einem anderen Anbieter versorgt werden kann. Was mit den restlichen Betroffenen geschieht, ist indes unklar.
Der "Pflegedienst im Jossgrund" mit Sitz im hessischen Lettgenbrunn wird wohl etwa ein Drittel der Patientinnen und Patienten übernehmen. "Die Klienten, die uns eine Zusage gegeben haben, die versorgen wir", sagt Sven Imgram, der den 19 Kilometer von Aura ansässigen Pflegedienst gemeinsam mit seiner Frau leitet. Die 20 betreffenden Patienten kämen überwiegend aus Aura und Burgsinn. Für deren Versorgung möchte Imgram eine eigene Tour aufmachen. Die Erlaubnis, auch in Bayern tätig zu werden, habe der hessische Landesverband der Ersatzkassen gegeben.
Diese neue Tour könne er mit dem vorhandenen Personal stemmen. Er sei in der außergewöhnlich glücklichen Lage, dass er zuletzt zusätzliches Pflegepersonal habe einstellen können und momentan sogar mehr Pflegekräfte habe als benötigt. Imgram hatte unserer Redaktion mitgeteilt, dass er gerne auch Personal aus Aura übernehmen würde. Mit den neun Pflegekräften der Sozialstation Aura habe er bereits Gespräche geführt. Es sei nicht so, dass die alle gern zu ihm wechseln würden. Eine habe schon einen neuen Job in einem Pflegeheim, eine andere in der Fabrik.
Wolfgang Hirschmann aus Burgsinn gehört zu denen, die hoffen, dass der hessische Pflegedienst bald in sein Haus kommt. Seine Frau ist seit drei Jahren bettlägerig. "Ich gehe viermal am Tag zum Briefkasten und gucke, ob was gekommen ist", sagt er. Sollte das nicht klappen, wüsste er nicht, wohin er sich wenden sollte.
Auch vom "Ambulanten Pflegedienst Vivo" aus Zeitlofs (Lkr. Bad Kissingen) heißt es auf Anfrage, dass sie Patienten übernehmen könnten, allerdings nur eine Handvoll in Obersinn und Mittelsinn, alles andere wäre zu weit. Rainer Seifert vom "Pflegeteam Seifert" in Neuengronau (Main-Kinzig-Kreis) sagt, dass er fünf Patienten in Obersinn und Mittelsinn übernehmen werde. "Uns war es wichtig, dass die Leute versorgt werden." Sie hätten auch schon immer mal wieder jemanden im zehn Kilometer entfernten Obersinn betreut. Anfragen aus Burgsinn habe er leider ablehnen müssen. "Von den Anfahrtszeiten her ist das nicht machbar." Für die "paar Euro", die es für die Anfahrt von den Krankenkassen gebe, lohne es sich gerade bei den derzeitigen Spritpreisen gar nicht.
Pflegedienste in Main-Spessart können nur wenige Patienten übernehmen
Die ambulanten Pflegedienste in Main-Spessart können nur wenige Patientinnen und Patienten übernehmen. Christof Bergmann vom Pflegedienst Bergmann/Ritschel in Langenprozelten sagt, dass sie zwei in Aura versorgen können. Die Kapazitäten für viel mehr hätten sie nicht.
Alexander Martin, Geschäftsleiter der Sozialstation in Gemünden, sagt, dass es "zig Anfragen" von Klientinnen und Klienten gegeben habe. Er habe sich daraufhin mit seinem Team zusammengesetzt, um zu überlegen, wie man in die bestehenden Touren noch Patienten unterbringen könnte. Von einigen, die angefragt hätten, habe er aber nichts mehr gehört und dann erfahren, dass sie woanders untergekommen seien. "Ich bin froh, dass wir keine Touren umgestellt haben." Im Moment rechne er mit einem halben Dutzend Patienten, die er wird übernehmen können.
Das Problem, das seine Sozialstation habe, sei aber, dass es in Burgsinn Bedarf gebe, aber Kapazitäten in Gemünden frei seien. Ein ständiges Hin- und Herfahren lohne sich nicht. "Ich krieg's nicht bezahlt." Und das werde noch schlimmer. Martin habe den Noch-Angestellten der Sozialstation Aura ebenfalls angeboten, dass er "vier, fünf" übernehmen könnte, wenn es passt, damit die weiterhin ihre Patienten vor Ort betreuen könnten. Er habe aber keine Rückmeldung erhalten.
Momentan stehe den Sozialstationen das Wasser nicht nur bis zum Hals, "sie ersaufen gerade", sagt Martin. "Das Geschrei ist groß, wenn noch mehr größere Sozialstationen dicht machen." Die Station in Aura, deren Geschäftsführer finanzielle Gründe genannt hatte, werde nicht die Letzte sein. Die vom Aus der Sozialstation Aura Betroffenen könnten wohl durch ein Aufteilen unter anderen irgendwie versorgt werden, aber dadurch werde das Problem, das ambulante Pflegedienste haben, nicht behoben. "Auch ich kämpfe mit finanziellen Problemen", sagt Martin. Hinzu komme, dass die Bürokratie immer nur noch schlimmer statt weniger werde. Er könne daher verstehen, wenn Pflegekräfte sagen, dass sie keine Lust mehr haben.