Mit einem ungewöhnlichen Mordfall muss sich Anfang November das Landgericht Aschaffenburg befassen: Ein 30-Jähriger war im Februar bei Wörth (Lkr. Miltenberg) von einer Brücke in den eiskalten Main gesprungen und erst Wochen später tot geborgen worden. Offenbar erfolgte der Sprung nicht freiwillig. Die Leitende Oberstaatsanwältin Monika Schramm geht davon aus, dass das Opfer von einem 34-jährigen Bekannten dazu gezwungen worden war.
Leiche wurde drei Wochen später angetrieben
"Für meinen Mandanten gilt bis zum Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung", betont auf Anfrage Norman Jacob, der Würzburger Verteidiger des Angeklagten, der seit sieben Monaten in Untersuchungshaft sitzt. "Wir müssen die Hauptverhandlung abwarten."
Die Polizei ging zunächst von einem Vermisstenfall aus und suchte im Main nach dem Opfer, auch mithilfe eines Tauchers und eines Hubschraubers. Aber erst drei Wochen später wurde die Leiche des 30-Jährigen in etwa zwölf Kilometer Entfernung von der Brücke an der Schleuse des Kraftwerks Kleinwallstadt an der bayerisch-hessischen Landesgrenze angetrieben. Als Todesursache gilt ein Kreislaufstillstand, verursacht durch das Eintauchen in das kalte Wasser, als wahrscheinlich.
Spielte ein sexueller Übergriff eine Rolle?
Opfer und Angeklagter sollen sich von früher kennen. Die Polizei wollte zunächst nicht ausschließen, dass der Verdächtige sein Opfer vor dem Fall in die Fluten geschlagen hat. Möglicherweise spielt ein sexueller Übergriff auf eine gemeinsame Bekannte der beiden Männer eine Rolle in dem Verfahren, heißt es in Ermittlerkreisen.
Im August hatte die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg Anklage gegen den 34-jährigen Bekannten des Verstorbenen erhoben. Er habe sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert, teilte die Behörde mit. Die Ermittler werfen dem Angeklagten unter anderem gefährliche Körperverletzung und Mord in mittelbarer Täterschaft vor. Das bedeutet, ein Täter führt die mörderische Handlung nicht selbst aus.
Angeklagter kam erst in die Klinik, dann in U-Haft
Die Anklage ist inzwischen zur Verhandlung zugelassen. Dabei ist auch von räuberischer Erpressung die Rede: Der Angeklagte soll in der Tatnacht den Geschädigten durch Drohungen dazu gebracht haben, ihm sein Handy auszuhändigen.
Der Verdächtige war bereits eine Woche nach dem Vorfall in Rheinland-Pfalz festgenommen worden. Der 34-Jährige kam zunächst wegen psychischer Auffälligkeiten in ein Bezirkskrankenhaus, sitzt aber mittlerweile in einem Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft gehe "derzeit weder von einer verminderten Schuldfähigkeit noch von einer Schuldunfähigkeit des Angeschuldigten aus", heißt es.