zurück
Wiesenfeld/Würzburg
Mord an Sabine B. aus Wiesenfeld: Verteidiger bittet Bundesgerichtshof jetzt um Prüfung des Würzburger Urteils
In letzter Minute legte er Revision ein: Vier Monate nach dem Prozess am Landgericht Würzburg hält Anwalt Hanjo Schrepfer die Entscheidung für "fehlerhaft". Was das heißt.
Vier Monate nach dem Prozess zum Mordfall Sabine B. aus Wiesenfeld: Der Verteidiger akzeptiert das Urteil des Landgerichts Würzburg nicht, der Bundesgerichtshof in Karlsruhe muss den Fall prüfen.
Foto: Henry Urmann, MP Archiv, Collage | Vier Monate nach dem Prozess zum Mordfall Sabine B. aus Wiesenfeld: Der Verteidiger akzeptiert das Urteil des Landgerichts Würzburg nicht, der Bundesgerichtshof in Karlsruhe muss den Fall prüfen.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 24.04.2025 04:01 Uhr

Der Angeklagte wurde schuldig gesprochen. Doch auch nach 32 Jahren ist das Drama um den lange ungeklärten Mord an der 13-jährigen Sabine B. aus Wiesenfeld im Landkreis Main-Spessart nicht zu Ende: Kurz vor Ablauf der Einspruchsfrist hat Verteidiger Hanjo Schrepfer an diesem Montag nach langer Prüfung Revision eingelegt – vier Monate nach dem Urteil des Landgerichts Würzburg.

Sabine B. war am 15. Dezember 1993 auf einem Reiterhof in Karlstadt-Wiesenfeld getötet worden. Rechtsmedizinern zufolge war sie zuvor auf dem Zwischenboden des Pferdestalls minutenlang gewürgt und sexuell missbraucht worden. Ihre Leiche wurde zwei Tage später in einer Güllegrube gefunden.

Mit der Klärung des Falles tat sich die Justiz schwer. Ein 15-jähriger Bekannter des Mädchens war schon 1994 am Landgericht Würzburg des Totschlages angeklagt, aber mangels Beweisen freigesprochen worden.

Im September 2024 begann am Landgericht Würzburg der Mordprozess

Ein Vierteljahrhundert später führten Fortschritte in der DNA-Analyse zu dem jetzt verurteilten 48-Jährigen aus dem Landkreis Main-Spessart. Er war zur Tatzeit 17 Jahre alt. Im Dezember 2021 klagte die Staatsanwaltschaft den Verdächtigten an. Mittlerweile waren alle Delikte außer Mord verjährt.

Nach langem Hin und Her der Justiz begann im September 2024 am Landgericht Würzburg der Prozess. Der Angeklagte schwieg vor Gericht. Nach der Beweisaufnahme gingen die Bewertungen weit auseinander: Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach forderte eine Verurteilung wegen Mordes und stützte dies auf DNA-Spuren des Beschuldigten am Tatort, darunter an Jeans und Slip des getöteten Mädchens.

Müssen sie im Wiesenfeld-Fall noch einmal gegeneinander antreten? Strafverteidiger Hanjo Schrepfer (li.) und Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach beurteilten das Ergebnis der Beweisaufnahme unterschiedlich.
Foto: Thomas Obermeier | Müssen sie im Wiesenfeld-Fall noch einmal gegeneinander antreten? Strafverteidiger Hanjo Schrepfer (li.) und Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach beurteilten das Ergebnis der Beweisaufnahme unterschiedlich.

Verteidiger Hanjo Schrepfer plädierte auf Freispruch. Seiner Auffassung nach konnte im Prozess nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass sein Mandant für Sabines Tod verantwortlich sei.

Das Gericht verurteilte den 48-Jährigen am 20. Dezember 2024 zu sechseinhalb Jahren Jugendstrafe wegen Mordes. Wegen der vielen Verhandlungstage hatte das Gericht zunächst wochenlang Zeit, das Urteil schriftlich zu formulieren. Der Verteidiger prüfte die Argumente bis zuletzt. Jetzt begründete er die Revision zum Bundesgerichtshof - am letzten Tag vor Ablauf der Frist.

Verteidiger akzeptiert Urteil nicht: Revision in letzter Minute

Aus Sicht von Schrepfer war der Fall bei der falschen Strafkammer gelandet, nachdem das Oberlandesgericht Bamberg die Würzburger Jugendkammer wegen ihrer ablehnenden Haltung gegenüber einem Prozess für befangen erklärt hatte. Auf Anfrage erklärt der Strafverteidiger: Das Urteil sei "fehlerhaft, weil sich das Gericht mit weiteren möglichen Tatversionen, die keine Verurteilung wegen Mordes rechtfertigen, zu wenig auseinandergesetzt hat". Zudem sei die Bewertung der Richter, dass weitere Mittäter ausscheiden, "mit der Beweislage nicht kompatibel".

Entscheidung liegt bei Richtern in Karlsruhe: Gibt es einen neuen Prozess?

Nun liegt der Fall beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe – vermutlich viele Monate. "Mit einer Entscheidung rechne ich aufgrund der komplizierten Rechtslage erst etwa in einem Jahr," sagt Schrepfer.

Die Karlsruher Richter haben nun das letzte Wort. Weisen sie die Revision ab, wird das Urteil des Landgerichts Würzburg rechtskräftig und vollstreckt. Sie können es aber auch aufheben, eine eigene Entscheidung treffen – oder den Fall zu einer weiteren Verhandlung nach Würzburg zurückgeben.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Wiesenfeld
Würzburg
Manfred Schweidler
Bundesgerichtshof
Cold Case Wiesenfeld
Landgericht Würzburg
Mordprozesse
Oberlandesgericht Bamberg
Oberstaatsanwälte
Richter (Beruf)
Strafkammern
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Johannes Metzger
    das Urteil des Würzburger Landgerichtes ist fragwürdig. Dennoch ist die Chance, in Karlsruhe eine Aufhebung des Urteil zu erwirken gering. Schließlich hakt eine Krähe der anderen nicht das Auge aus.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Franz Barthel
    Mord an Sabine B.
    Warum "bittet" der Anwalt den BGH um Überprüfung des Urteils. Die Revision ist ein Rechtsmittel, das er einlegen kann, bitten klingt so nach Buckeln und um eine Gefälligkeit " schleimen"
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Manfred Schweidler
    Wenn jemand seine Rechte wahrnimmt und dabei Stil und Form wahrt, ist dagegen doch nichts einzuwenden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten