Dieses Jahr hat Stefan Wagner ein "Riesenglück". "Es ist kalt für die jetzige Jahreszeit", sagt er. Das Jahr 2024 brachte bis Ende Juni nur wenige heiße Tage mit sich – gut für den Teichwirt und Betreiber der Fischzucht Schlereth in Zellingen und vor allem gut für seine Forellen.
Mit Blick auf die vergangenen Jahre ist das für Wagner längst kein Normalzustand mehr. Erzählte er 2019 bei TV Mainfranken noch von Fischen, die sich in seinen Teichen "wunderbar" fühlen, muss er inzwischen auf den Sommer verteilt bis zu zwei Tonnen Fisch wegschmeißen. Schuld daran ist auch der Biber.
Laut der Unteren Naturschutzbehörde Main-Spessart sollen sich derzeit bis zu sieben Exemplare der Nagetiere im Bereich der Fischzucht und des Bachlaufs aufhalten, der frisches Quellwasser durch ein Gefälle in Wagners Teiche transportiert. Das Wasser, das nicht für Würzburg abgepumpt wird, geht seinen Weg durch den Bach, der früher geradlinig verlaufen ist. "Er wurde vor vielen Jahren renaturiert und ein Biber hat sich angesiedelt und angefangen, Staudämme einzurichten", erinnert sich Wagner.
Zu wenig Sauerstoff im Teichwasser
Das angestaute Wasser erwärmt sich und kann erst über den Biberdamm laufen, wenn es den dafür nötigen Wasserstand erreicht hat. "Früher kam es mit einer Temperatur von 13 Grad in meinen Teichen an, letztes Jahr waren es bis zu 20 Grad", so Wagner. Was für den Menschen angenehm klingen mag, ist für die Forellen, die das Hauptgeschäft des Betriebs ausmachen, lebensgefährlich. Da Forellen den besonders empfindlichen Salmoniden (Lachsfische) angehören, fühlen sie sich zwischen sechs und zwölf Grad am wohlsten.
Liegt die Temperatur des Wassers höher, kann es nicht genügend Sauerstoff aufnehmen. Die Fische halten sich nah an der Oberfläche auf und haben Schnappatmung. "Dann kann ich sie nicht mehr füttern, habe somit keine Zunahme und auch keinen Gewinn", erklärt Wagner. Allein in den Jahren 2019 bis 2021 entstand ihm durch den Biber und seine Bauten ein Gesamtschaden von etwa 45.000 Euro. Einen Teil der Biberschäden bekommt Wagner von der Unteren Naturschutzbehörde ersetzt. In diesem Fall waren es 15.000 Euro.
Doch was kann gegen den Biber und seine Dämme getan werden? Findet Wagner einen neuen Biberbau, wird dieser von der Gemeinde zeitnah entfernt. Die Untere Naturschutzbehörde versucht, den Biber mithilfe von Röhren und an deren Enden platzierten Gitterzäunen im Bach zu vergrämen. "So soll garantiert werden, dass immer genügend Wasser den Weg bis in die Teiche findet", so der Fischzüchter. Wagner verrät, dass diese Lösung auch relativ gut funktioniere, das Wasser aber trotzdem zu warm sei.
"Je wärmer der Teich, desto mehr Probleme habe ich mit Bakterien. Die Fische bekommen Hautgeschwüre, die ich mit teuren Desinfektionsmitteln bekämpfen muss", sagt Wagner. Seinen Betrieb hat er von der Fischmenge her im Sommer nach unten gefahren, um weniger Ausfälle zu haben. Drei Tonnen Forellen könnte er in seinem Forellenteich erzeugen – heute macht er nur noch eine.
Den 50-Jährigen stört das Ungleichgewicht in Sachen Tierschutz. "Der Biber wird geschützt, aber der Fisch wird vergessen, dabei ist er doch auch ein Lebewesen", stellt er fest. Wagner erzählt, er sei selbst in der Natur groß geworden und habe grundsätzlich nichts gegen den Biber. Eine Aufnahme des Tiers ins Jagdgesetz wünscht er sich dennoch. "Ich bin müde, immer kämpfen zu müssen. Mit der heimischen Fischwirtschaft geht es über die nächsten Jahre bergab – vor allem, wenn der Fischotter jetzt auch noch kommt", so Wagners Prognose.
Täglich zweimal von Würzburg nach Zellingen gefahren
Hinzu kommt, dass Wagner, vor dem Hausbau in Zellingen, bis vor drei Jahren in Würzburg gewohnt hat. Die Fischzucht betreibt er aber schon seit zwölf Jahren, hat sein Hobby mit der Zeit zum Beruf gemacht. Neun Jahre lang musste er jeden Tag morgens und abends nach Zellingen fahren, um nach den Fischen zu sehen. Die Zeit war dann meist zu knapp, um tagtäglich den Bach abzulaufen und nach Biberdämmen Ausschau zu halten.
Im Rückblick habe Wagner seine Entscheidung, die Fischzucht im Haupterwerb zu machen, lange bereut und hinterfragt. "Die ersten sechs, sieben Jahre waren die Hölle. Du kommst Sonntagfrüh hergefahren, guckst, ob alles passt und schon wieder sind 100 Kilo Fisch tot", erinnert sich Wagner an den holprigen Start. Heute lebt er mit seiner Frau und den zwei kleinen Söhnen im Eigenbau, mit direktem Blick auf die Teiche. Der Umzug bedeutet für ihn deutlich mehr Lebensqualität – auch wenn ein Biber auf seiner Anlage erst kürzlich wieder Löcher gegraben und Höhlen gebaut hat.