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ZELLINGEN
Ein Bauer sollte doch auch auf seinem Hof wohnen
Was wie ein zu klein geratener Schaufelraddampfer aussieht, belüftet in der Fischzucht Schlereth einen Forellenteich. Inhaber Stefan Wagner griff im heißen Sommer 2015 zusätzlich auf Belüfter zurück, die das Wasser wie ein Springbrunnen hochspritzen (Becken im Hintergrund).
Foto: Jürgen Kamm | Was wie ein zu klein geratener Schaufelraddampfer aussieht, belüftet in der Fischzucht Schlereth einen Forellenteich.
Jürgen Kamm
 |  aktualisiert: 03.12.2019 08:58 Uhr

„Die Fischzucht gibt es hier seit 80 Jahren, aber es ist ein unglaublicher Kampf, sie zu betreiben“, ärgert sich Teichwirt Stefan Wagner. Die Hindernisse, mit denen er aktuell zu kämpfen hat, können auch Fischereiverband und Fachberatung nicht verstehen: Am 16. Februar stimmte der Zellinger Bauausschuss einstimmig gegen seine Bauvoranfrage für eine Lagerhalle mit Verkaufsladen und Betreiberwohnung.

Stefan Wagner ist gelernter Teichwirt und hat die Fischzucht seit fünf Jahren von Karl-Heinz Schlereth gepachtet. Anders als dieser in den Jahrzehnten davor betreibt er sie als kleinen Familienbetrieb im Vollerwerb, lebt also davon. Damit ist sein Bauvorhaben rechtlich gesehen privilegiert, so dass es im Außenbereich genehmigungsfähig ist.

Im Bauausschuss hatte der amtierende Bürgermeister Werner Küffner berichtet, eine Landratsamt-Sachbearbeiterin lehne den Bau im Außenbereich ab und auch der Fischereiverband halte ein Wohnhaus dort für unnötig. Das Zellinger Bauamt bezeichnete die Wohnbebauung im Außenbereich mit Hinweis auf das angrenzende Wohnbaugebiet als nicht erforderlich.

Diese Aussage überraschte nicht nur Stefan Wagner, sondern auch den Fischereiverband. Laut seinem Präsidenten Peter Wondrak gab es keinen Kontakt mit dem Bürgermeister in dieser Sache. Und es gibt eine Stellungnahme der Fischereifachberatung des Bezirks Unterfrankens. Darin wird die Privilegierung des Teichwirts als Betreiber der berufsmäßigen Binnenfischerei festgestellt. Und das Bauvorhaben als angemessen bewertet: „Es entspricht nach Art, Größe und Gestaltung den Grundsätzen einer vernünftigen Betriebsführung.“

Dabei gehe es einerseits um den Aufbau der Direktvermarktung und den Ausbau der Eigenvermarktung. Andererseits um die ordnungsgemäße Führung des Betriebs. Wohnen vor Ort sei auch eine Voraussetzung im Sinne der tierschutzgerechten Fischhaltung.

Was bedeutet das ganz praktisch? „Forellen sind empfindlich“, erklärt Präsident Wondrak auf Nachfrage, „sie brauchen viel Wasser von guter Qualität“. Wenn mit der Wasserzufuhr etwas nicht stimme, gingen Forellen ein wie sprichwörtlich die Fliegen. Wenn der Betreiber an der Anlage wohne, könne er mit einfach zu bauenden Alarmeinrichtungen schnell eingreifen, innerhalb von zwei Minuten, auch das sei Tierschutz.

Derzeit wohnt Stefan Wagner in Würzburg, da kann es bei Störungen zu spät sein. Sorgen macht ihm in diesem Zusammenhang auch der Biber, der sich im Gebiet oberhalb der Fischzucht ansiedelte und auch schon den Bach aufstaute.

„Wir haben in Unterfranken relativ wenig Teichwirte. Den Leuten, die da sind, muss man helfen“, sagt Peter Wondrak. Die Fischzucht Schlereth (Inhaber Stefan Wagner) beliefere Lokale bis an die Mainschleife und in den Steigerwald – schlachtfrisch, aber auch unterschiedlich verarbeitet.

„Wir haben in Unterfranken relativ wenig Teichwirte. Den Leuten, die da sind, muss man helfen.“
Peter Wondrak, Präsident des Fischereiverbandes

„Die Fachberatung kauft auch regelmäßig dort, zum Beispiel Forellen für die Räucherkurse“, bestätigt Wolfgang Silkenat, Leiter der Fischereifachberatung Unterfranken, den tadellosen Ruf der Fischzucht. Die Stellungnahme zur Bauvoranfrage und die Privilegierung seien eigentlich ein Routinefall. „Derzeit ist das wie ein Bauer, der nicht auf dem Bauernhof wohnt.

“ Auch die Selbstvermarktung werde unterstützt. „Die Leute wollen Fisch essen, aber niemand will eine Fischzucht haben.“ Auch gebe es nicht überall Wasser. Was da ist, solle im Sinne von Nachhaltigkeit und kurzen Wegen unterstützt werden, natürlich mit Rücksicht auf die Anwohner.

Diese ist auch Stefan Wagner wichtig. Im heißen Sommer 2015 musste er die beiden Teiche und die Becken stärker belüften als sonst. Dafür besorgte er kurzfristig zusätzliche Geräte, die ähnlich wie ein Springbrunnen funktionieren, was plätschernde Geräusche erzeugt. „Trotzdem haben alle direkten Nachbarn die Bauunterlagen unterschrieben“, sagt er. Inzwischen habe er für leisere Belüfter, die Luft unterhalb der Wasseroberfläche in die Becken einblasen, 3000 Euro investiert.

Dass er neben einer Einfamilienwohnung auch Lagerflächen und einen Verkaufsraum bauen will, begründet er damit, dass er für die im Januar 2014 genehmigte Umnutzung eines Raumes zum Schlacht- und Verarbeitungsraum auch einen Reinraum errichten musste. Dadurch habe er Lagerfläche für Netze und sein Boot verloren; er betreibt nämlich auch die Mainfischerei zwischen Thüngersheim und Harrbach sowie Teiche in Billingshausen.

Entgegen der Befürchtungen mancher Gemeinderäte wolle er den Betrieb nicht ausbauen sondern nur sichern. Direktvermarktung betreibt er schon jetzt. Nachdem immer wieder Interessenten fragten, machte Wagner den Freitag zum Verkaufstag. Die Kunden schätzen, sich ihren Fisch aussuchen zu können, der dann frisch geschlachtet wird.

 
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