Eigentlich fährt Lisa R. aus Burgsinn jeden Tag mit dem Auto auf die Arbeit – so wie viele Menschen, die auf dem Land wohnen. Doch mit der Einführung des günstigen 9-Euro-Tickets wagte die 31-Jährige, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, im Juni einen Selbstversuch: Statt mit dem Wagen, pendelte sie regelmäßig mit Bus und Bahn zu ihrer Arbeitsstelle bei der Firma Warema in Marktheidenfeld.
"Aus der Stadt kennt man, dass die öffentlichen Verkehrsverbindungen einigermaßen funktionieren. Dort ist das praktischer als ein eigenes Auto, weil damit der Verkehr ja auch nicht flüssiger läuft", sagt die Burgsinnerin. Außerdem falle so die Suche nach einem Parkplatz weg. Um sich den Verkehrsstress zu sparen und 200 Euro weniger im Monat für Sprit auszugeben, testete R. die Verbindungen auf dem Land. Das 9-Euro-Ticket läuft an diesem Mittwoch aus. Zeit also, um bei Lisa R. nachzufragen: Ist der Umstieg vom Auto auf ÖPNV im Landkreis Main-Spessart mit den bestehenden Verbindungen so einfach möglich?
Mit dem neuartigen Fahrschein war es in den vergangenen zwölf Wochen möglich, deutschlandweit die Verbindungen von Bus und Bahn sowie des innerstädtischen Verkehrsnetzes für neun Euro im Monat zu nutzen. Die Bundesregierung wollte damit die Deutschen motivieren, das Auto auch mal stehen zu lassen. Außerdem sollte die Maßnahme Konsumentinnen und Konsumenten angesichts der derzeit vergleichsweise hohen Inflation entlasten.
Die Odyssee mit den Öffentlichen auf dem Land
Lisa R. ging also guter Dinge an das Vorhaben heran und fuhr den ganzen Juni hindurch mit Bus und Bahn auf die Arbeit. "Meine Route sah wie folgt aus: um kurz nach fünf Uhr morgens fuhr ich mit dem Rexroth-Bus nach Lohr und von dort aus nach Marktheidenfeld. Innerhalb Marktheidenfelds stieg ich um und nahm einen anderen Bus, der mich nach einer Haltestelle auf die Arbeit brachte. Der Rückweg führte mich mit dem Bus nach Karlstadt zum Bahnhof und weiter mit dem Zug bis nach Burgsinn", erklärt die Warema-Mitarbeiterin im Gespräch mit dieser Redaktion.
Ausreichend Verbindungen gibt es also auch im öffentlichen Nahverkehr in Main-Spessart. Allerdings ticken die Uhren hier anders als in der Stadt: Wegen vieler Stopps dauert eine Überlandfahrt mit dem Bus deutlich länger als mit dem Auto.
Der Hauptkritikpunkt der 31-Jährigen an ihren Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln liegt genau hier: "Die Hinfahrt dauerte eine Stunde und fünfundzwanzig Minuten, die Rückfahrt kostete mich noch einmal zehn Minuten mehr. Ich war also unterm Strich drei Stunden pro Tag in Verkehrsmitteln unterwegs. Mit dem Auto brauche ich nur halb so lang." Hinzugekommen sei, dass sie auf der Fahrt keinerlei Arbeit habe erledigen können. Nicht einmal telefonieren sei möglich gewesen, weil es oft kein Netz gegeben habe. "Wenn es eine durchgängige Mobilfunk- und Internetverbindung auf der Strecke gäbe, könnte ich die Zeit in den Öffentlichen ja sogar sehr gut nutzen", sagt Lisa R..
Züge waren auch in Main-Spessart überfüllt
Die Burgsinnerin war teilweise auch auf der Schiene unterwegs. Doch während der Laufzeit des 9-Euro-Tickets kam das Schienennetz vielerorts an seine Grenzen – auch in Main-Spessart. Die Hauptverkehrsader von Würzburg nach Frankfurt am Main mit Stopps in Karlstadt, Gemünden und Lohr etwa platzte zu bestimmten Zeiten aus allen Nähten.
Insgesamt wurden laut Fahrplan allerdings nur wenige Züge mehr als sonst in Betrieb genommen und nur einzelne Strecken häufiger befahren – die oben genannte gehörte nicht dazu. Nicht selten fielen Züge auch einfach ersatzlos aus. Insbesondere die Belastungsspitzen am Wochenende und in der Ferienzeit stellten einen Stresstest für Bahnmitarbeitende dar.
Weil die Verbindung mühsam ist, wird sie kaum genutzt
In den Bussen im Landkreis sah das hingegen anders aus: offenbar hatten nicht allzu viele Menschen in Main-Spessart dieselbe Idee wie Lisa R.. Sie habe oft mit gerade einmal zwei bis drei weiteren Fahrgästen im Bus gesessen, sagt sie. Und so kommt es, dass viele der kleinen Haltestellen zwar angefahren werden, dort aber niemand ein- oder aussteigt.
Am Ende war Lisa R.'s Experiment nicht von allzu langer Dauer: im Juni pendelte sie täglich, im Juli noch sporadisch und im August schließlich gar nicht mehr. Der Zeitaufwand habe sie letztendlich zu der Entscheidung gebracht, wieder auf ihr Auto umzusteigen. Auch wenn die gestiegenen Spritkosten das Autofahren teurer machen – es schlauche noch mehr, wenn zum Vollzeitjob drei Stunden An- und Abreise hinzukämen.
Städte und Landkreise müssen sich zusammentun. Dass viele Jahre fieVerkehrsminister untätig oder gar unfähig waren ist keine Entschuldigung.
Kürzlich hatte ich mich über das Anruf-Sammeltaxi informiert. Das fährt in unserer Kreisstadt. Aber auch nur auf ausgewählten Routen, zu festen Zeiten, mit Verspätung und ohne Garantie, dass man überhaupt regelmäßig mitkommt...
Ansonsten finde ich, dass wir aus dem Sinngrund eine sehr gute Anbindung nach Würzburg und auch Richtung Fulda haben. Das Beispiel Marktheidenfeld wurde für den Artikel m.E. (bewusst?) ungünstig gewählt.
https://wohnglueck.de/artikel/stadt-oder-land-56131