Wenn Stadträte und Bürgermeister am Dienstagabend im Marktheidenfelder Rathaus zusammenkommen, könnte eine der spannendsten Stadtratssitzungen in diesem Jahr beginnen. Die Tagesordnung ist voller zukunftsweisender Themen, darunter das vielleicht kontroverseste in der Marktheidenfelder Lokalpolitik: der Mainkai-Komplex.
Der Geschäftsführende Beamte der Stadt, Matthias Hanakam, sagte einmal, es sei der verfahrenste Fall seiner bisherigen Karriere. Eine Initiative verklagte die Stadt, es gab Demonstrationen, heruntergerissene Plakate, Leute berichteten von Anfeindungen. Letzten Endes gab sich der alte Stadtrat im Oktober 2019 eine einjährige Bedenkpause, weil die Diskussion so ausartete. Auf Anfrage von Burkhard Wagner (FW) werden nun am Dienstag noch einmal alle geltenden Beschlüsse zum Mainkai-Parkplatz, der sogenannten Baustraße und dem zweiten Bauabschnitt des Mehrgenerationenspielplatzes im Stadtrat vorgestellt. Zeit also, die Debatte einmal einzuordnen.
Kurz zusammengefasst dreht sich alles um 200 Meter Parkplatz direkt am Main. Der ist nur über eine schmale Straße durch die Altstadt erreichbar. Viele Leute nutzen deshalb die nie zurück gebaute Baustraße ums Sängerheim, um wieder vom Parkplatz weg zu kommen. Nun gibt es links von dieser Straße einen Mehrgenerationenspielplatz, bei dessen Planung man eine Generation vergessen hat – die Jugendlichen. Deshalb soll er auf der anderen Seite der Straße erweitert und die Baustraße damit geschlossen werden.
Die geltenden Beschlüsse und das Mediationsverfahren
Im besten Fall steht ein Beschluss am Ende einer demokratischen Willensbildung. Es findet eine Diskussion statt, der Stadtrat wägt die Argumente ab und fasst einen Mehrheitsbeschluss. Dieser ist gleichzusetzen mit einem Auftrag an die Stadtverwaltung, diesen Beschluss umzusetzen. Ob die Verwaltung das tut, kontrolliert wiederum der Stadtrat. Die insgesamt sieben geltenden Beschlüsse zeigen, dass dieser Ablauf im Fall des Mainkai-Komplexes überhaupt nicht funktioniert hat.
Der erste Beschluss fiel am 22. März 2018. Der Stadtrat beschloss mit 14:7 Stimmen, den Mainkai-Parkplatz für alle außer Anwohnern und Hotelgäste zu sperren. Vier Monate später, am 19. Juli, lehnte der Stadtrat wiederum mit 13:9 Stimmen ein Bürgerbegehren ab, diesen Beschluss aufzuheben. In der selben Sitzung votierte der Stadtrat mit 21:1 Stimmen, den Mehrgenerationenspielplatz zu erweitern und die Baustraße mit der offiziellen Einweihung für den Durchgangsverkehr zu schließen.
Schon einen Monat später reichte die Parkplatz-Initiative Klage gegen die verkehrsrechtliche Anordnung der Stadt ein, die auf den Beschluss vom 22. März hin gefällt wurde. Das Mediationsverfahren liegt noch immer auf Eis.
Einstimmig beschloss der Stadtrat dann am 6. Juni 2019 eine Ergänzungssatzung aufzustellen, mit der die Flächen für die Erweiterung des Mehrgenerationenspielplatzes gesichert wären. Man bat die Verwaltung außerdem zu prüfen, wie sehr man die Fläche vergrößern könnte. Am 25. Juli beschloss der Stadtrat dann einstimmig, den Beschluss, den Mainkai-Parkplatz für die Öffentlichkeit zu sperren, auf Eis zu legen.
Drei Monate später, am 10. Oktober, setzte der Stadtrat dann sämtliche Beschlüsse zu dem Thema aus.
Die eigentliche Diskussion
Der Mainkai-Komplex ist zu einer Grundsatzdebatte geworden. Es geht um die Frage: Ist es wichtiger für eine Innenstadt, optisch attraktiv oder direkt mit dem Auto erreichbar zu sein? Denn das eine lockt eher Touristen, das andere eher Kunden aus der Umgebung. Das glauben auch die Befragten der Online-Umfrage, die die Stadt vor einigen Monaten zur Mainuferentwicklung durchführte. In der Auswertung heißt es: "Die Befürworter (des Parkplatzes, Anm. d. Red.) sehen in ihm einen wichtigen Bestandteil zum Vitalerhalt der Geschäfte, Gastronomie und Dienstleister im Zentrum der Stadt. Ebenfalls ist er für die Anwohner unerlässlich. Die Gegner sehen die Entwicklung der Mainpromenade durch die Parkplätze gefährdet."
Etwas abseits in der Diskussion steht die Erweiterung des Mehrgenerationenspielplatzes. Die einen wollen ihn, um ein Angebot für Jugendliche zu schaffen. Die Gegner lehnen ihn (an dem beschlossenen Standort) ab, weil dann die Baustraße gesperrt werden müsste und man nicht mehr so komfortabel vom Mainkai-Parkplatz weg käme. Anwohner befürchten Lärmbelästigung.
Warum die Situation so verfahren ist
Die einjährige Bedenkzeit ist seit sieben Monaten vorbei. Die Diskussion dürfte trotzdem kontrovers bleiben. Ein Grund ist, dass keine Alternative für die Baustraße in Sicht ist. Die vom Bürgermeister im Wahlkampf favorisierte Variante hat er selbst bereits wieder verworfen. Die Parkplätze in ein unterirdisches Parkhaus zu verfrachten, wird wohl bei einem selbst verordneten Sparkurs zu teuer sein. Zudem herrscht noch Überschwemmungsgefahr durch den Main.
Ähnliches gilt für den Mehrgenerationenspielplatz. Hier muss man sagen, dass die ausgewählten Geräte auf Vorschlägen von Schülern aus dem Jahr 2016 basieren. Die befragten Schüler werden erwachsen sein, sollte der Spielplatz irgendwann kommen. Verschieben kann man den Spielplatz auch schwer, weil man zum einen die sechsstellige Förderung für die Planung zurückzahlen müsste. Schluckt man diese Kröte, konkurriert der Spielplatz dann mit zwei beantragten Außengastronomien um einen Standort am Mainkai. Was zieht man dann vor?
Am Ende haben sich auch die Meinungen der Bürger nicht verschoben, wie die Auswertung der Mainufer-Umfrage zeigt. Ein deutliches Ergebnis pro und contra Parkplätze hätte den Stadträten, also wie eine Light-Version des abgelehnten Bürgerentscheids, zumindest eine Orientierung im Meinungsspektrum gegeben. Aber während knapp 40 Prozent der etwa 200 Teilnehmer den Erhalt der Parkplätze als nicht wichtig empfanden, sah dies ein Drittel der Befragten anders. Die "Wichtigkeit", die Parkplätze zu erhalten, bewerteten die Teilnehmer wiederum mit (aufgerundeten) drei von fünf Punkten.
Wie kommt man also aus dieser Verstrickung, aus diesem Wust aus geltenden und ausgesetzten Beschlüssen, aus dem seit Jahren andauernden Stillstand heraus? Das wird am Dienstag Stoff für ein weiteres Kapitel in der Diskussion um den Mainkai-Komplex sein.
Hinweis: Aufgrund der Corona-Maßnahmen werden die Sitzplätze in der Stadtratssitzung begrenzt sein.
Das Herumgepfusche, hat sowieso keinen Wert. Der Stadtrat und der Bürgermeister sollten sich mehr um die Schulen kümmern, das wäre wichtiger als der Mainkai.