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Lohr: Wird der Glasfaserausbau heuer fertig?
Seit mittlerweile rund zwei Jahren läuft in Lohr der Glasfaserausbau unter eigenwirtschaftlicher Regie der Firma GlasfaserPlus. Im Bild ein Bündel der sogenannten Speedpipes in der Rechtenbacher Straße. 
Foto: Johannes Ungemach | Seit mittlerweile rund zwei Jahren läuft in Lohr der Glasfaserausbau unter eigenwirtschaftlicher Regie der Firma GlasfaserPlus. Im Bild ein Bündel der sogenannten Speedpipes in der Rechtenbacher Straße. 
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 07.06.2024 02:42 Uhr

Ursprünglich sollten die Arbeiten Ende 2022 abgeschlossen sein. Dann war das Jahresende 2023 als Termin angepeilt. Nun eine neue Ankündigung: Im Laufe des Jahres 2024 will die Firma GlasfaserPlus den von ihr eigenwirtschaftlich betriebenen, von reichlich Pannen und Kapriolen begleiteten Glasfaserausbau in Lohr abschließen. Der genaue Zeitplan ist freilich noch offen. Im Lohrer Rathaus gibt es unterdessen Zweifel am Zieltermin.

Dort ist man derzeit sowieso eher mit der Frage beschäftigt, wie die Stadt erreichen kann, dass aus Pfusch beim Glasfaserbau resultierende Schäden an der städtischen Infrastruktur behoben werden. In den vergangenen zwei Jahren hat es reichlich Hinweise und Nachweise für solchen Pfusch gegeben. Die Palette der Mängel reicht von zu geringen Verlegetiefen der Glasfaserleitungen über einen nicht den Vorgaben entsprechenden Aufbau beim Verfüllen der Gräben bis zu Schlamperei bei Pflaster- und Asphaltarbeiten.

Noch, so betont der städtische Bauamtsleiter Ingo Schmitt, sind bis auf wenige Ausnahmen keine Glasfaserbaustellen final abgenommen. Bei den abgenommenen Strecken – insgesamt wenige Hundert Meter – habe teilweise Bedarf zur Nacharbeit bestanden. Weitere Abnahmen müssten erst anlaufen, so Schmitt. Konkret würden dabei bei einer ersten Begehung erkennbare Mängel dokumentiert. Nach gegebenenfalls erforderlichen Nacharbeiten folge eine zweite Begehung zur Überprüfung der Mängelfreiheit.

Genau dabei, bei der Überprüfung der Mängelfreiheit, gibt es jedoch ein Problem: Bei verfüllten Gräben lässt sich per Augenschein nur die Qualität der Pflaster- oder Asphaltarbeiten an der Oberfläche beurteilen. Das, was im Untergrund schlummert, bleibt verborgen. Etwa, ob die Leitungen – wie mehrfach beobachtet – in nur 20 Zentimeter Tiefe verlegt wurden. Oder ob Gräben einfach mit beim Ausbaggern vermischtem Material verfüllt wurden, statt mit einem ordnungsgemäßen und dauerhaft tragfähigen Aufbau aus Schichten unterschiedlichen Materials.

Kontrollbohrungen geplant

Die Stadt kündigt zwar an, an als verdächtig bekannten Stellen stichprobenartig Bohrkerne ziehen lassen zu wollen. Im aktuellen Haushalt seien dafür einige 10.000 Euro eingestellt, so Schmitt. Das reiche für rund zehn Bohrungen. Doch damit und selbst bei einem Aufstocken des Etats ist bei einer Ausbaustrecke von um die 120 Kilometer eine engmaschige Kontrolle unmöglich.

Es sei, so Schmitt dazu, deutschlandweit bekannt, dass beim Glasfaserausbau in Eigenregie von Firmen Kommunen damit überfordert seien, die Bauqualität lückenlos zu überwachen. Ein Problem sei etwa, dass die Stadt keinen Vertrag mit der Ausbaufirma habe. Das Druckmittel, Zahlungen zurückzuhalten, bis Mängel beseitigt sind, gebe es also nicht. Theoretisch hätte man neben jede Baugrube rund um die Uhr einen städtischen Mitarbeiter stellen müssen, um Mängel zu dokumentieren, sagt Schmitt. Doch das sei bei einem Projekt dieser Dimension nicht leistbar.

Das Problem sei gewesen, dass die von GlasfaserPlus beauftragte Baufirma Circet eine Vielzahl an Subunternehmen eingesetzt habe, deren Baukolonnen aus osteuropäischem Personal bestanden habe. Der dortige Ausbildungsstand und die Baustandards entsprächen nicht den mitteleuropäischen. Mittlerweile, so Schmitt, habe sich Circet von all diesen Subunternehmen getrennt. Seit einigen Tagen ist nun die Neuhüttener Firma MKS für Circet mit dem Lückenschluss im Ausbaunetz befasst (siehe Infokasten).

Es mangelt an "vernünftigen Pflasterern"

Was noch aussteht, ist die Lohrer Altstadt. Im Rathaus hat man laut Schmitt aktuell keinerlei Infos, wann in diesem Bereich der schon mehrfach angekündigte Glasfaserausbau starten soll. Die Firma GlasfaserPlus ließ auf Anfrage der Redaktion dazu wissen, dass man derzeit mit der Stadt Termine von Festen und sonstigen Veranstaltungen abkläre, auf die Rücksicht zu nehmen sei. Schmitt indes sagt, dass die Stadt der Firma alle Termine längst mitgeteilt habe.

Das Problem seien aber weniger die Veranstaltungen, sondern das in einer speziellen Technik verlegte Altstadtpflaster, vermutet Schmitt. Vor dem habe man bei Circet offenbar Angst. Kein Wunder. Denn es habe, so Schmitt, schon auf den bisherigen Glasfaserbaustellen an "vernünftigen Pflasterern" gemangelt.

Er und Hauptamtsleiter Dieter Daus rechnen nicht damit, dass es in der Altstadt vor der Ende Juli beginnenden Spessartfestwoche losgeht. Auch deshalb sei die Ankündigung von GlasfaserPlus, den Ausbau in Lohr noch heuer abschließen zu wollen, "sehr ambitioniert", so Schmitt. Er denkt, dass sich Rest- und Nacharbeiten sowie die Abnahme der Baustellen bis ins kommende Jahr ziehen.

Schäden in Millionenhöhe?

Zu diesen Nacharbeiten hat sich nach Monaten auch Walter Siegler wieder zu Wort gemeldet. Der Wombacher Baufachmann hat den Glasfaserausbau von Anfang an kritisch begleitet. Seine hartnäckigen Hinweise waren ausschlaggebend dafür, dass die mangelhafte Bauqualität überhaupt erst publik wurde.

Nun schildert Siegler in einer Rundmail an Stadtpolitik und Presse seinen Eindruck, wonach es beim Beheben von Mängeln des Glasfaserbaus nur schleppend oder gar nicht vorangehe. Als Beleg führt Siegler das Umfeld seines Wohnhauses in Wombach an. Seit eineinhalb Jahren seien dort Mängel trotz gegenteiliger Versprechen nicht behoben worden.

Er habe nun, so Siegler, auf eigene Kappe mit einer Art Mängelerfassung begonnen. Die erste Dokumentation zu Schäden im Bereich Wombacher Straße/Rodenbacher Weg hat Siegler bereits an die Stadt geschickt. Es handle sich nur "um die Spitze des Eisbergs", so Siegler. Er vermute, dass der Gesamtschaden an städtischer Infrastruktur im siebenstelligen Bereich liege – Folgekosten noch nicht berücksichtigt.

Diese Hochrechnung will Bauamtsleiter Schmitt nicht kommentieren. Er hat Siegler jedoch geantwortet, dass man dessen Mängelliste bei der wöchentlichen Besprechung der Baufirma Circet vorgelegt habe. Diese habe die Abarbeitung der Mängel "eingetaktet". Siegler kündigte gegenüber der Redaktion unterdessen an, seine Dokumentation von Schäden und Mängeln fortzusetzen – zumindest für einige weitere Teile Wombachs.

 
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