Hat sich beim Glasfaserausbau in Wombach nach dem Bekanntwerden der schweren Baumängel etwas zum Besseren gewendet? Diese Frage hat Walter Siegler in der Bürgerversammlung am Montag klar verneint. Bürgermeister Mario Paul sprach vor rund 100 Anwesenden im Vereinsheim von einem "Desaster" und versicherte: "Wir versuchen wirklich nach Kräften, aus dem Chaos herauszukommen."
"Bis zum heutigen Tag wird unfachmännisch gearbeitet", erklärte Siegler und nannte eine zu geringe Verlegetiefe des Glasfaserkabels als einen Mangel. An der Wombacher Straße südlich der Gaststätte Spessarttor liege das Kabel nur 20 bis 25 Zentimeter unter dem Pflaster des Gehwegs. Von den von ihm genannten Mängeln in Wombach sei nur einer ausgebessert worden: am Herrenackerweg vom Industriegebiet kommend.
Viele Anlieger seien bereits an das neue Glasfaserkabel angeschlossen. Müsse es tiefergelegt werden oder werde in einigen Jahren die Straße saniert, müssten die Anschlüsse wieder abgekoppelt werden, die Anlieger bräuchten dann eine Notversorgung, so Siegler. Das sei der "absolute Wahnsinn", auf seine Kritik sei nicht reagiert worden.
Noch keine Abnahmen
Mario Paul verwies darauf, dass noch keine Abnahmen erfolgt seien. "Wie will man 100 Kilometer Leitungen abnehmen?", fragte Siegler. "Nach und nach", antwortete der Bürgermeister. "Da dürft ihr noch ein paar Leute einstellen, die vielleicht an Dreikönig fertig sind", riet der Baufachmann.
Der neue stellvertretende Bauamtsleiter Bernd Kempf verwies darauf, "dass die Firma nach dem Telekommunikationsgesetz hier buddeln darf". Im Tiefbau habe er gerade einmal zwei Leute. Diese investierten viel Zeit und gingen von Baustelle zu Baustelle. In der Spitzenzeit seien aber 24 Teams der Baufirma in Lohr unterwegs gewesen. Dennoch gehe man jedem gemeldeten Mangel nach. Kempf kündigte an, bei den Abnahmen werde ein Ingenieurbüro dabei sein, und es würden Protokolle erstellt. Siegler bestritt, dass der Ausbau nur Sache der Telekom ist: "Hier wird tagtäglich Eigentum der Stadt Lohr und seiner Bürger zerstört. Und das soll die Stadt nichts angehen?"
Unfaire Äußerung?
Diese mit Beifall bedachte Äußerung sei unfair, meinte Bürgermeister Paul: "Wir haben nie den Eindruck erweckt, es ginge uns nichts an." Die Stadt sei nach dem Telekommunikationsgesetz nicht die Auftraggeberin, "aber es ist klar, dass es uns etwas angeht, es ist unser Vermögen", so Paul. Laut Siegler sieht man bei Regen, dass unfachmännisch gearbeitet wurde, weil es inzwischen eine "durchgehende Regenrinne" durch Senkungen gebe. Die ersten Randsteine seien am Wandern.
"Es ist ein Desaster, das stimmt", räumte Bürgermeister Mario Paul ein und schilderte, wie schwierig es ist, bei den Verantwortlichen durchzudringen. Bei Besprechungen mit der Bauleitung drehe sich vieles im Kreis. Bis die Stadt endlich Protokolle bekomme, die für die Überprüfung der Qualität notwendig sind, müsse sie fünf oder sechs Mal nachfragen. Das sei eine "Katastrophe".
Deshalb habe die Stadt die Allgemeinverfügung widerrufen, die der Baufirma erlaubte, überall im Stadtgebiet tätig zu werden. Jede neue Baustelle müsse angemeldet und genehmigt werden.
Zum Vorschlag Sieglers, einen Baustopp zu verhängen, meinte der Bürgermeister: "Den hatten wir doch im Sommer 2022." Auf Nachfrage aus dem Publikum erklärte Bernd Kempf, die Protokolle würden von einem externen Gutachter überprüft. Das komme aber erst noch.
Eine Regresspflicht der Baufirma, nach der sich Christl Roth erkundigte, wird nach Pauls Worten schwer durchzusetzen sein, weil die Stadt nicht die Auftraggeberin sei. Diese Frage lasse die Stadt gerade überprüfen.
Leerrohre in der Altstadt
Walter Siegler wies darauf hin, dass es in der Altstadt ein Leerrohrsystem der Telekom gibt, das man für den Glasfaserausbau nutzen könnte. Die Stadt Lohr solle "Druck ausüben, sonst sieht die Altstadt alt aus".
Denn Siegler hat gehört, die Telekom wolle die Firma Glasfaserplus, den eigentlichen Auftraggeber der Bauarbeiten, nicht in ihr Leerrohrsystem lassen, denn Glasfaserplus gehört der Telekom nur zur Hälfte. Die andere Hälfte gehört einem australischen Rentenfonds.