Wenn sich ein Lehrer einer Schülerin unangemessen nähert, nimmt das kein gutes Ende. Im vergangenen Dezember wurde ein Lehrer eines Gymnasiums im Landkreis Main-Spessart suspendiert; die offizielle Sprachregelung lautete damals, er habe „distanzloses Verhalten“ gegenüber einer Schülerin an den Tag gelegt. Am Mittwoch musste sich der mittlerweile pensionierte Mann deshalb am Amtsgericht Gemünden verantworten. Er wurde zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt.
Übergriffe bei Skifreizeit, Radtour und Abifahrt
Die Anklage lautete auf „sexuellen Missbrauch einer Schutzbefohlenen“ in neun Fällen zwischen Dezember 2015 und Oktober 2016. Die Übergriffe sollen in der Schule, bei einer Skifreizeit, bei einer Radtour sowie bei der Abifahrt stattgefunden haben. Es geht dabei um Anfassen, Zungenküsse und mehrfache sexuelle Handlungen. „Dem Lehrer wird vorgeworfen, bei den sexuellen Handlungen bewusst und gewollt die mit dem Lehrer-Schüler-Verhältnis verbundene Abhängigkeit ausgenutzt zu haben“, erklärte die Staatsanwaltschaft schon bei der Anklageerhebung im Juli.
Die Schülerin war im Tatzeitraum 16 beziehungsweise 17 Jahre alt. Beim ersten Übergriff soll sie den Lehrer von sich geschoben und ihm gesagt haben, dass sie derlei nicht wolle. Die weiteren Vorfälle habe sie aus Angst vor der Dominanz des Lehrers und aus Sorge um schlechte Noten über sich ergehen lassen.
Ausschluss der Öffentlichkeit
Um die Privatsphäre der jungen Frau, die als Nebenklägerin auftrat, zu schützen, fand die Verhandlung mitsamt Plädoyers von Staatsanwalt, Nebenklage-Anwältin und Verteidiger unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der Angeklagte zeigte sich geständig und hoffte auf eine Bewährungsstrafe. Richter Thomas Schepping und die zwei Schöffen aber verurteilten den Mann zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft – mindestens die Hälfte davon müsste der Pensionist tatsächlich absitzen, bevor eine Entlassung wegen guter Führung denkbar wäre.
Zur Urteilsverkündung weilte auch die zum Tatzeitpunkt noch mit ihm verheiratete, mittlerweile geschiedene Ehefrau im Gerichtssaal. Sie habe dem Opfer dem Rücken stärken und ihrem Ex-Mann zeigen wollen, dass sie nicht die Augen vor seinen Taten verschließe, sagte sie gegenüber dieser Redaktion.
Geht Angeklagter in Berufung?
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Eine Woche lang besteht nun die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Dass der Angeklagte in Berufung geht und vor dem Landgericht auf ein milderes Urteil hofft, ist durchaus denkbar. Das beamtenrechtliche Disziplinarverfahren ruht derzeit und wird nach Beendigung des Strafverfahrens wieder aufgegriffen. Dabei droht dem früheren Lehrer eine drastische Kürzung oder gar Streichung seiner Pension.